Neues Programm "Instant On" für Handel

HP versucht es noch einmal

20.04.2011 von Hartmut  Wiehr
Andere wie IBM mit "Smarter Commerce" und Dell sind im Handel schon unterwegs. Nun soll es bei HP ein neuer Anlauf bei Business Intelligence und bei mobilen Geräten richten.

Auf einer vor kurzem in San Francisco veranstalteten Analystenkonferenz hat Hewlett-Packard seine Absicht bekräftigt, ähnlich wie die schon früher gestartete Konkurrenz von Dell oder IBM die Wachstumsbranche Retail zu erobern. Neben den üblichen Angeboten von Server, Storage oder Geschäfts-Software will man extra geschnürte Handels-Pakete auf den Markt bringen, wie IDC in der April-Ausgabe des monatlichen Reports "Retail Insight" berichtet.

Der neue HP-Chef Leo Apotheker setzt ebenso wie sein Vorgänger Mark Hurd auf Software. Für Retail sollen eigene Komplettpakete geschnürt werden.
Foto: HP

Mit „Instant On" peilt HP ein gemeinsames, aufeinander abgestimmtes Portfolio von Hardware, Software und Services für verschiedene Branchen an. Laut "Retail Insight" bedeutet Instant On weniger einen sofortigen Start der Infrastruktur "auf Knopfdruck", sondern die Vorbereitung und Installation von neuen Geschäftsmodellen, die auf IT beruhen und im Unterschied zu konkurrierenden Angeboten kurzfristig zum Einsatz kommen können.

Die IDC-Analysten von "Retail Insight" sind der Ansicht, dass es HP bisher nicht gelungen ist, sich so wie andere große Komplettanbieter im Handel zu etablieren. Zwar hatte man viel versprechende Programme wie zum Beispiel "Store-to-go" im Köcher, die jedoch mehr für Emerging Markets und weniger für Europa und die USA geeignet waren. Auch die inzwischen eingestellte NeoView-Produktlinie, die vor allem auf Betreiben des ehemaligen HP-Chefs Mark Hurd für Business Intelligence positioniert worden war, fand bei den Retailern keinen Anklang.

Hurd, der von Teradata, einem erfolgreichen Spezialisten für Data Warehousing, kam, wollte Software bei HP zu einem weiteren Standbein ausbauen. Der jetzige HP-Chef Leo Apotheker, zuvor an der Spitze von SAP, hat an diesem (Fern-)Ziel festgehalten, aber sehr schnell das einstige Vorzeigeprogramm NeoView auf Eis gelegt. Von NeoView soll HP nicht einmal zwei Dutzend Installationen weltweit verkauft haben. Noch ist offen, wie "Instant On" in seiner Retail-Version aussehen soll.

Nicht zu unterschätzen ist allerdings die Service-Kompetenz, die sich HP mit der Übernahme von EDS vor ein paar Jahren besorgt hat. In verschiedenen Branchen hat man bereits gegenüber IBM mit seiner bewährten Service-Erfahrung aufschließen können. Dell ist mit dem Kauf von Perot Services ebenfalls diesen Weg gegangen und versucht, deren Kompetenz bei Healthcare- und Retail-IT für den Absatz der gesamten eigenen Produktpalette von Servern bis zu Storage zu nutzen.

Datenanalyse für Retail in Real Time

Ein Baustein der HP-Strategie ist die jüngst erfolgte Übernahme von Vertica, einem Spezialisten für Datenanalyse in Echtzeit. In Retail-Umgebungen kommt es auf schnelles Durchforsten der Verkäufe – segmentiert nach Kundendaten – und der verbliebenen Lagerbestände an. Vertica könnte hier zu einem Alleinstellungsmerkmal werden.

Objekt der Begierde: das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin. HP will jetzt auch den Handel erobern, liegt aber gegenüber Konkurrenten wie IBM zurück.
Foto: Karstadt

"Retail Insights" hebt hervor, dass HP inzwischen auch die nötigen Erfahrungen für Governance der Infrastruktur sowie für Risiko- und Compliance-Tools besitzt. Digitalisierung von Kunden- und Produktdaten sowie die Anpassung von Smart Phones und anderen mobilen Geräten für Marketing, Produktvergleiche und Kundenbindung sind ebenfalls erforderlich. HP hat sich hierfür durch den Kauf von Palm vorbereitet.

Auf die Nutzung für den Retail-Bereich muss man aber noch warten. Laut IDC besteht zudem die Gefahr, dass sich HP mit dem Palm-Betriebssystem webOS in eine proprietäre Ecke gegenüber den marktbeherrschenden Plattformen von Apple (iPhone, iPad) und Google (Android) verrennen könnte. Anders sehe es bei der Nutzung von Cloud-Services aus, bei denen HP über ausreichende Erfahrungen verfüge. Dies gelte branchenübergreifend und könne auch für Retailer attraktiv sein.