SAP, Microsoft, Infor, Datev

Kampf um den Mittelstand

09.03.2010 von Thomas Pelkmann
Die schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen bergen für die Anbieter von IT-Dienstleistungen Gefahren und Herausforderungen, aber auch Chancen und Potenziale. Im März stellen die Analysten des SAP-Beobachters RAAD Research neue Studien rund um die SAP-Angebote vor. CIO.de hat vorab einen exklusiven Blick in die Ergebnisse geworfen.

Der SAP-Markt ist auf der Anbieterseite geprägt von tausenden kleiner, mittlerer und großer Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen im Umfeld der SAP-Lösungen anbieten. Alle Anbieter kämpfen wie ihre Kunden mit der unsicheren ökonomischen Lage. Das findet RAAD Research nicht richtig: „Die SAP-Partner sollten nicht gegen die unsichere Lage arbeiten, sondern mit ihr“, geben die Analysten aus Münster die Richtung vor.

Für diesen Zweck bietet die nun vorgelegte Studie zum SAP-Mittelstandsmarkt „eine Fülle an Informationen zu Themen, Trends und Initiativen im SAP-Markt“, wie es bei RAAD heißt. Die Autoren geben zudem Anregungen „für Ziel führende Wege zu einem optimierten Marktangang“.

In der Studie macht RAAD-Analyst Nils Niehörster „Potenziale im Neukundengeschäft“ aus. „Der Mittelstand reagiert in der Krise zügig aber nicht hektisch“, so Niehörster. „Erweiterungen und Modernisierungen sorgen weiterhin für Nachfrage.“

Um die neuen Potenziale zu entdecken, analysiert RAAD vor allem den Non-SAP-Markt. Dort werden die IT-Ausgaben bei mehr als 20 Prozent der von RAAD befragten Unternehmen „teils stark erhöht“. Fast 60 Prozent geben aber an, dass das Budget allenfalls konstant bleibe, während 15 Prozent sogar von einer „starken Senkung“ ausgehen.

Wenn die Geschäftsleitung eines Unternehmens bei der IT mitredet, geht es laut RAAD vor allem um die Erweiterung von Software-Funktionalitäten (sagen 26 Prozent). Auf den Plätzen folgen die Einführung oder Ablösung eines ERP-Systems, die Modernisierung der Hardware-Infrastruktur und die Optimierung bestehender Systeme.

Allerdings hat RAAD in der Umfrage festgestellt, dass gerade einmal in jedem fünften Unternehmen derzeit ein IT-Projekt läuft. Und wenn es Projekte gibt, so RAAD, dann meistens nur ein oder zwei Erweiterungs- und Modernisierungsvorhaben gleichzeitig.

"Business as usual bringt keine Projekte"

Dennoch verbreiten die Analysten vorsichtigen Optimismus: „Es kann“, heißt es in vornehmer Zurückhaltung, „teils aber wieder investiert werden“. Allerdings, so der RAAD-Rat, sollten die Anbieter noch stärker auf den „Puls der Branche“ achten, um nicht „kurzfristig auf das falsche Pferd zu setzen“. Was das bedeutet, verrät die Branchenübersicht der Umfrage: Während etwa Logistikanbieter, High-Tech-Industrie sowie Ver- und Entsorger mit deutlich steigenden Budgets rechnen, fürchten Maschinenbau, IuK-Anbieter und Medien kräftig sinkende Haushalte. Aber auch, wer sein Budget hält, setzt damit nicht automatisch auf Innovation. „Business as Usual in der Mittelstands-IT bringt keine Projekte“, so Niehörster lakonisch.

In den Kernbereichen Finanzen, Personal und Produktion/Logistik herrscht RAAD zufolge ein reiner Verdrängungswettbewerb. „Hier gibt es praktisch nur Ablösepotenzial“, stellt Nils Niehörster fest.

Stärkster Mitbewerber in den Bereichen Finance und ERP im Non-SAP-Markt ist Microsoft, gefolgt von Infor Global Solutions und der Datev. Den absolut größten Anteil machen in der RAAD-Umfrage aber die „sonstigen“ Anbieter aus – ein Zeichen für die starke Zersplitterung des Marktes. „Eine Konzentration auf Wettbewerber“ sei aufgrund der Marktvielfalt schwierig, schließt Niehörster daraus zu Recht.

Größeres Potenzial gibt es in den Bereichen CRM und BI: Die, analysiert RAAD, „werden von einem Großteil noch nicht abgedeckt“. Besonders in Randbereichen gebe es hier ein echtes „Neueinführungspotenzial“. So geben etwa 40 Prozent der befragten Unternehmen an, keine CRM-Anwendung in Betrieb zu haben. Gar 56 Prozent verneinen die Frage nach einer BI-Lösung. Und ganze 14 Prozent der Mittelständler verfügen über eine Integrationslösung aus beiden Bereichen.

Auch hier dominieren Microsoft und Infor. Allerdings ist der Anteil „sonstiger Anbieter“ mit 53 Prozent noch größer als bei Finance und Personal. Insofern gilt hier noch mehr die schwierige Konzentration auf die Wettbewerber in einem Markt, der rein von der Verdrängung vorhandener Marktteilnehmer geprägt ist.

SAP gilt als teuer - im Unterschied zu Microsoft

Für Anbieter aus dem SAP-Umfeld kommt erschwerend hinzu, dass auch das Ansehen von Microsoft und anderer Wettbewerber durchaus positiv ist. Zudem empfinden die Kunden die Marktführer auch nicht als zu teuer. Im Unterschied dazu gilt SAP bei den Nicht-Kunden durchaus nicht als preiswert. Oder, um es mit RAAD zu sagen: „Die meisten Unternehmen des Mittelstandes, die SAP auf der Longlist haben, sind sich dennoch einig: SAP ist teuer“. Der Preis ist demnach die größte Barriere für Non-SAP-Kunden, zum Anbieter aus Walldorf zu wechseln. Auch die „Komplexität und fehlende Modularitätsvermutung“ führen bei den Nichtkunden zur Ablehnung.

Auf der Haben-Seite steht die 100-prozentige Bekanntheit der Marke – das kann sonst nur noch Microsoft bieten. Auch die Evaluations-Quote von SAP ist so groß wie die des Redmonder Unternehmens – und deutlich größer als die anderer Anbieter. SAP kommt also grundsätzlich beim Mittelstand infrage. Sogar beim Anteil von Neuprojekten im Mittelstand liegt SAP vorn: Der Anteil von Evaluation (47 Prozent) zu Engagement beträgt immerhin 2,2 Prozent und ist damit größer, als bei Microsoft (1,4 Prozent) und anderen.

Fazit: Auch wenn die Marke SAP im Mittelstand allen bekannt ist; der Glaube, dass SAP zu teuer und zu unflexibel ist, scheint dennoch weit verbreitet. Zudem müssen sich SAP-Anbieter auf Microsoft und andere Platzhirsche als Mitbewerber einstellen, die bereits da sind und bei den Anwendern ein positives Image genießen. Trotzdem gibt es auch für SAP-Dienstleister ein Feld für neue Geschäfte, etwa in den Bereichen CRM und BI. Zum einen gibt es hier in größerem Maße Neuprojekte, zum anderen, so RAAD, decken die Non-SAP-Anbieter diese Themen nur unzureichend ab.