Mehr Investitionen in neue Systeme

Lichtblick für IT-Anbieter im Handel

09.10.2007 von Alexander Galdy
Gute Nachrichten für Software-Hersteller und IT-Dienstleister, die auf den Handel setzen: In den nächsten Jahren, so rechnet Pierre Audoin Consultants (PAC) in der aktuellen Studie "Retail & Wholesale Germany", steigen die Investitionen in Software und IT-Dienstleistungen im Handel. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für Neuanschaffungen sind im konjuktur-fühligen Handel so gut wie lange nicht mehr.

Im Vordergrund der Investitionen stehen PAC zufolge die Modernisierung der Filial-IT und die Integration der verschiedenen Systeme zur Erhöhung der Prozessautomatisierung. Bei der Erprobung neuer Selbstbedienungskassen nimmt der Lebensmittelhandel eine Vorreiterrolle ein. Der nächste konsequente Schritt ist dann die Anbindung der Filiale an die zentralen IT-Systeme, um mittelfristig Echtzeitinformationen zur Verfügung zu haben. Folglich nehmen auch Investitionen in Lösungen zur Planungsoptimierung, Business Intelligence sowie Portale zu.

Das Lieferantenportal der Metro "Metro Link" ist ein gutes Beispiel dafür. Speziell in Nischensegmenten wie Preisoptimierung, Prognose und Simulation, so PAC, drängen neben den großen Anbietern wie SAP, Oracle, Teradata oder SAS Institute auch mittelständische Handelsspezialisten wie Dacos oder SAF mit innovativen Lösungen in den Markt.

Besonderer Nachholbedarf besteht aus Sicht von PAC beim Thema Warenwirtschaft, dem Herzstück der Handels-IT. Sowohl im Groß- als auch im Einzelhandel sei der Bedarf für neue, flexible und offene Systeme immens, dennoch tun sich viele Händler schwer mit der Entscheidung ein neues System einzuführen. Insbesondere der gehobene Mittelstand und die Großunternehmen haben jahrelang ihre Lösungen selbst entwickelt und an ihre Bedürfnisse angepasst. Die Frage "make or buy" wird hier auch in nächster Zeit
die Unternehmen weiter beschäftigen und sich als stärkste Konkurrenz für Standard-Software-Anbieter zeigen.

Das Projektgeschäft ist derzeit vor allem geprägt von Evaluationsprojekten und Prozessberatung. Zunehmend wichtiger wird auch eine ganzheitliche Standardisierung und Harmonisierung der komplex gewachsen IT-Landschaften. Das noch hohe Kostensenkungspotenzial und die fortschreitende Internationalisierung treiben die Projekte. Auch auf Infrastrukturebene ist durch fortwährend steigende Datenvolumina einiges zu tun.

SOA nimmt Einfluss

"Durch die steigende Standardisierung der IT-Systeme", so Marktanalystin Lynn Thorenz, "wird auf lange Sicht SOA die IT im Handel spürbar beeinflussen." Im Software-Bereich hat SOA bereits durch stärkere Prozess-, Objekt- und Technologieorientierung Einzug gehalten. SOA bietet dem Handel unter anderem Erleichterung beim Vertrieb über unterschiedliche Kanäle.

Daher sind laut Thorenz vor allem Unternehmen wie Otto oder Tchibo mit starker Online-Präsenz und vielen verschiedenen Absatzkanälen Vorreiter. Beim klassischen stationären Handel hingegen stehen zurzeit noch andere IT-Themen im Vordergrund, langfristig werden aber auch hier die Möglichkeiten durch SOA umgesetzt werden.

Aus Anbietersicht ergibt sich laut PAC über die drei IT-Kernmärkte Software, Projektgeschäft und Outsourcing ein eher gemischtes Bild. Grundsätzlich ist der Gesamtmarkt im Handel stark fragmentiert, die Konzentration entsprechend gering und der Wettbewerb hoch. Betrachtet man den Markt für Software- und Projektgeschäft zusammen, hat SAP in beiden Segmenten - und vor allem im Software-Bereich - die Marktführerschaft inne, gefolgt von IBM als Allrounder.

Speziell im Warenwirtschaftsbereich sieht PAC eine Vielzahl von Nischenanbietern wie zum Beispiel Maxess, Salt Solutions oder Compex, die sich mit ihren Lösungen voll und ganz auf den Handel spezialisiert haben und um jeden Deal kämpfen. Weitere Anbieter wie beispielsweise Lawson drängen zusätzlich auf den Markt. Im Bereich des produktionsnahen Großhandels profitieren auch Industriespezialisten Sage Bäurer, proAlpha oder SoftM.

Der Markt für Point-of-Sale-(POS-)Systeme ist hingegen wesentlich konzentrierter. Allerdings erwartet PAC durch den Markteintritt der SAP einiges an Wettbewerb für die gesetzten POS-Spezialisten Wincor Nixdorf, Torex Retail, Fujitsu Services oder GK Software. Den relativ kleinen und noch jungen Outsourcing-Markt im Handel dominiert Atos Origin bedingt durch den großen Infrastruktur Outsourcing-Deal mit Karstadt Quelle aus dem Jahr 2004. EDS, in 2006 noch auf Rang 8 im Outsourcing, wird 2007 und 2008 einige Plätze gut machen. Durch die Übernahme des IT-Dienstleisters von Karstadt Quelle Itellium gewinnt EDS wertvolle Kompetenzen im Handelsumfeld und bringt sich aus Sicht von PAC dadurch in eine gute Ausgangsposition im Handel - sowohl für weitere Outsourcing-Deals als auch für umfangreiche IT-Projekte.