Firmen verkennen das Potenzial hinter dem "Modewort"

Mit ECM den Papierkrieg befrieden

12.09.2007 von Werner Kurzlechner
Die Mehrheit der Anwender hält Enterprise Content Management (ECM) entweder für ein modisches Schlagwort oder für eine nachrangige Herausforderung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Pentadoc. Dabei birgt ECM nach Ansicht der Autoren ein erhebliches Potenzial in sich, das weit über den Backoffice-Bereich hinausgeht.
Im Sandwich zwischen strukturierten und unstrukturierten Daten: ECM.

Die Studie lässt von Anfang an keinen Zweifel daran, dass ECM viele Entscheider noch nicht interessiert. Das liegt auch daran, dass unter diesem Kürzel jeder etwas anderes versteht. Der Report zitiert als Gewährsmann Matthias Smolne von der DB Energie GmbH: "Die Begrifflichkeiten und Nischenkürzel sind sehr verwirrend und oftmals unklar und führen daher dazu, dass ECM nicht die Priorität erfährt, die es verdient."

Die Autoren arbeiten mit einer Definition von ECM als "organisatorische und technische Bemühungen der Unternehmen, die Unterstützung ihrer dokumenten-, service- und wissensgetriebenen Geschäftsprozesse strategisch voranzubringen".

Diese Anstrengungen liegen in der Mitte eines Sandwiches. Die eine Hälfte der strukturieren Informationen sei über Jahrzehnte durch Enterprise Resource Planning (ERP), Customer Relationsip Management (CRM) oder Data-Warehouse immer besser organisiert worden. In die andere Hälfte der unstruktierten Informationen fallen Textdokumente, aber auch technische Zeichnungen, Fotos oder Videos, die häufig wild auf den Firmenrechnern wuchern.

Meist vertrauen die Anwender im ersten Bereich den Lösungen von SAP und behelfen sich im zweiten mit Microsoft-Software: Office und Share Point Server 2007. Der dazwischen liegende Bereich der Dokumenten-Verwaltung und Archivierung bleibt eine Brache. Zumindest verzichtet das Gros der Unternehmen auf langfristige Strategien, wie die beiden Ebenen verknüpft werden können.

Weil der Begriff ECM abschreckt, bleiben auch die damit erfassten Themen isoliert. Die Autoren der Studie bemerkten zunächst einmal eine Abwehrhaltung auf Seiten der befragten Manager - und erstaunlicherweise großes Interesse, wenn konkrete Teilinhalte zur Sprache kamen. Das Akronym aus drei Buchstaben ordnen sie automatisch ins techniknahe Feld ein, obwohl es mindestens in gleichem Maße Fragen der Organisation berührt.

Passiv auf neue Optionen der Anbieter hoffen, ist ein Fehler

Pentadoc empfiehlt, sich die für eine Optimierung nötige Zeit zu nehmen und schlägt als ersten Schritt einen Workshop vor, in dem sich Geschäftsführung, Controlling, Fachbereiche und die IT-Verantwortlichen über notwendige und sinnvolle Schritte verständigen.

Ein Fehler ist aus Sicht der Autoren, wenn Firmen auf bestimmte Optionen von Seiten der Anwender hoffen. Es sei nicht gesichert, dass neue ERP-Anwendungen die als wichtig erachteten Abläufe besser oder vollständig abdecken. Überhaupt schreibt die Studie den Anwendern ins Stammbuch, mit den Anbietern in Kontakt zu treten und Abhilfe einzufordern.

Fortschritte erwartet Pentadoc ohnehin nicht in Form neuer Funktionen. Im Gegenteil: "Das Angebot an Funktionen ist verwirrend groß!" Die Anwender vermissen vielmehr Business Cases. Sie wollen wissen, welche Szenarien sich in der Praxis bewährt haben und zum Vorbild taugen könnten.

Gefragt sind vor allem Beispiele aus der eigenen Branche, denn die ECM-Anforderungen unterscheiden sich erheblich. Die Palette ist bunt: parallele elektronische Verfügbarkeit der Kundenakte, Vertrags-Management, Posteingangskontrolle, automatische Rechnungsbearbeitung, Zugriff auf gesammeltes Wissen für in alle Welt verstreute Entwickler- und Forscher-Teams.

Die Unternehmensgröße spielt nach Ansicht von Pentadoc keine Rolle für den ECM-Bedarf. Der hänge in erster Linie von der Innovations- und Umweltdynamik ab. Weil andere, mit höherer Priorität versehene Projekte wie etwa eine SAP-Einführung Personal und Budget oft genug völlig aufzehren, kippt ECM jedoch häufig von der Agenda oder wird halbherzig betrieben.

Die Anwender agieren oft sprunghaft, die Anbieter sprechen Fachchinesisch

Dabei würde sich kontinuierlicher Aufwand durchaus lohnen, meint die Studie. Schließlich betrifft ECM Kernthemen wie Produkt-Entwicklung, Produkt-Vermarktung, Kundenbetreuung, Lieferanten-Kooperation oder Compliance.

Compliance ist ein Musterbeispiel dafür, wie sprunghaft Anwender in der Praxis agieren. Der Gesetzgeber macht neue Vorgaben. Die Unternehmen finden eine Lösung, die diese erfüllt - mehr geschieht nicht. Häufig genug wählen die Firmen Standalone-Lösungen, ohne sie an ERP, CRM oder ECM zu koppeln. Weil die Schnittstellen fehlen, scheitern die Projekte.

Eine Mitschuld am Schattendasein von ECM tragen der Studie zufolge aber auch die Anbieter. Sie sollten die Lösungsvielfalt hinter dem Kürzel ECM auch außerhalb der IT-Gemeinde stärker zum Thema machen und vor allem auf Fachchinesisch verzichten.

Pentadoc arbeitete für die Studie "Pentadoc Radar ECM Studie 2007. Enterprise Content Management - so handeln die Entscheider!“ mit der IOT Dr. Sorg Unternehmensberatung und der Hochschule Karlsruhe zusammen. In ausführlichen Interviews befragten sie 50 Entscheider.