Enterprise Applications treiben Austrias IT-Markt

Österreichs IT-Branche wird erwachsen

20.12.2007 von Nina Gut
Der österreichische Markt für Software und IT-Services ist wieder in Bewegung. Sowohl das Software-Geschäft als auch die Märkte für Projekte und Outsourcing befinden sich im Aufschwung. Das Wachstum - noch vor zwei Jahren ein zartes Pflänzchen - legt in diesem Jahr deutlich zu. Vor allem die Enterprise Applications treiben den Markt.
Eine bunte Landschaft: Der Markt der IT-Service-Anbieter ist in Österreich stark fragmentiert.

Die Analysten von Pierre Audoin Consultants (PAC) erwarten in diesem Jahr für den österreichischen Markt für Software und IT-Services mit nahezu sieben Prozent ein deutlich stärkeres Wachstum als im Vorjahr (fünf Prozent). Für das Jahr 2008 sind sie sogar noch optimistischer. Durch die allgemein gute Konjunktur werden bei den Unternehmen finanzielle Spielräume frei, um stärker in die IT zu investieren. Und neben den guten Geschäftverbindungen Österreichs nach Osteuropa zieht nun auch Deutschland die österreichische Wirtschaft, und damit auch die IT-Branche, weiter nach oben.

Vor allem der Markt für Enterprise Applications ist so stark in Bewegung wie lange nicht mehr. Im Vordergrund steht dabei vor allem die Ablöse von Altsystemen und Insellösungen, um Prozesse verstärkt zu automatisieren und sich so durch Effizienz, Flexibilität und Schnelligkeit Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Deutlich zu beobachten ist außerdem der Trend hin zur Standardisierung. Gleichzeitig herrscht eine stärkere Technologieorientierung. Letztendlich getrieben durch SOA, legen die Kunden großen Wert auf Integrationsfähigkeit, Offenheit, Plattformneutralität und Prozessorientierung.

Für IT-Anbieter sind hier vor allem die KMUs (kleine und mittlere Unternehmen) in den Fokus gerückt. Aus Sicht von PAC ist der Nachholbedarf in diesem Segment am stärksten. Die KMUs stoßen speziell im Bereich ERP mit ihren vorhandenen Lösungen an ihre Grenzen und benötigen oft zum ersten Mal ein komplettes ERP-System. Entsprechend hart ist daher der Wettbewerb. Neben den unzähligen KMU-Spezialisten drängt vor allem Microsoft mit seinen Partnern immer mehr in dieses Marktsegment und macht dabei SAP Konkurrenz. Laut der Analysten erweist sich deshalb ein effizientes und "vertikalisiertes" Partnernetzwerk beim Kampf um Marktanteile zunehmend als Schlüsselfaktor.

Das Projektgeschäft, das bei weitem größte Segment des österreichischen Software- und IT-Dienstleistungsmarktes, profitiert zum einen von der Investitionswelle im Software-Bereich. Getrieben durch die Standardisierung harmonisieren und integrieren die Kunden ihre IT-Landschaften. Zum anderen beflügeln besonders im Großkundensegment Technologiethemen das Marktwachstum. Die Kunden investieren wieder in längerfristige Themen, wie Application Server, EAI, Web Services, IT Service Management oder Service-orientierte Architekturen (SOA), und suchen nach innovativen Lösungen, um ihre Konkurrenz abzuhängen.

Viele Unternehmen unterziehen ihre Prozesse derzeit einer Generalüberholung, was branchenübergreifend für IT-Beratungsbedarf sorgt. Branchenspezifisch steht außerdem die Einhaltung internationaler Richtlinien (beispielsweise Basel II für Banken) oder die Anpassung an neue Technologien (etwa RFID für den Handelssektor und die Industrie) auf dem Plan.

"Kampf" um gute Mitarbeiter

Der Aufschwung zeigt sich mittlerweile auch an der Tatsache, dass ein "Kampf" um gute Mitarbeiter unter den österreichischen IT-Unternehmen ausgebrochen ist. "Es wird viel gewandert", sagt ein Vertreter eines IT-Dienstleisters in Wien. Gerade im SAP-Umfeld fehlen Berater, um die große Nachfrage befriedigen zu können. Viele IT-Dienstleister, aber auch SAP selbst, bilden daher wieder vermehrt SAP-Berater aus. Marktforscher PAC geht davon aus, dass besonders das IT-Beratungsgeschäft über die nächsten Jahre konstant um gut 7,5 Prozent wachsen wird.

Der Markt für Outsourcing wächst in Österreich mit großen Schritten. Gerade KMUs, die sich für neue Technologien entscheiden, zum Beispiel für ein neues ERP-System, arbeiten in der Regel lieber mit einem externen Anbieter zusammen als die nötigen Kompetenzen intern aufzubauen. Häufig werden dann SAP-Funktionalitäten oder IT-Infrastrukturen ausgelagert. PAC erwartet daher, dass der Anteil des Outsourcing-Marktes an den IT-Ausgaben bis 2011 um gut sechs Prozentpunkte auf knapp 25 Prozent steigt.

Ein Blick auf die Anbieterlandschaft zeigt, dass der Markt aufgrund der vielen Nischensegmente stark fragmentiert und die Konzentration entsprechend niedrig ist. Siemens IT Solutions and Services führt dicht gefolgt von IBM den Markt an und hält immerhin einen Anteil von gut zehn Prozent. Mit deutlichem Abstand, jedoch als einziger Software-Hersteller unter den Top Five, folgt SAP auf Platz drei. Am stärksten organisch gewachsen ist Oracle - getrieben durch einen Deal mit der Ersten Bank. Einzig der Umsatz von CSC unter den Top 20 ist etwas zurückgegangen.

PAC glaubt, dass es weiterhin spannend bleibt, zu beobachten, wie sich die Nischenanbieter und "Local Heroes" behaupten werden. Durch ihre regionale Präsenz, ihre detaillierte Marktkenntnis und ihr tiefes vertikales Know-How hätten sie besonders im schnell wachsenden KMU-Markt gute Chancen. Alles in allem seien die Aussichten für IT-Anbieter in Österreich viel versprechend. Der Markt bleibe jedoch sicher hart umkämpft.

Die aktuelle Version von PACs Studienprogramm "SITSI Austria" analysiert die Positionierung und die Strategie der größten IT-Anbieter sowie die IT-Marktentwicklung in Österreich. Die Autorin führte dafür Experten-Gespräche mit rund 20 Anbietern und 20 Anwendern.