Hyperion-Übernahme

Oracle kauft Trojanisches Pferd

05.04.2007 von Rolf Roewekamp
Oracle will den BI-Anbieter Hyperion als Plattform nutzen, um eigene Produkte stärker in Unternehmen zu verkaufen. Die Strategie kann an der Macht der Controller scheitern.

Mit dem angekündigten Kauf des BI-Spezialisten Hyperion scheint Oracle ein Trojanisches Pferd in Unternehmen einzuschleusen. "Mit der Übernahme von Hyperion will Oracle einen Brückenkopf in Unternehmen installieren, um von dieser Plattform aus weitere Oracle-Produkte zu verkaufen", sagt IDC-Analyst Rüdiger Spies. Denn mit der großen Kundenbasis von Hyperion zieht nun Oracle in viele Unternehmen ein.

Laut Eigenangaben setzen rund 12.000 Firmen Hyperion-Produkte ein, darunter 91 der Fortune 100. "Damit manövriert sich Oracle geschickt um SAP herum in Unternehmen hinein", stellt Spies fest. "Das ist ein wichtiges Instrument, um gegen SAP vorzugehen." Auch im bisher für Oracle schwierigen deutschen Markt. "Hyperion ist in Deutschland bisher gut aufgestellt gewesen und genießt ein respektables Ansehen. Daraus ergibt sich für Oracle eine Chance, in Deutschland im Applikationsfeld präsenter zu werden", begründet Spies.

Anfang März hatte Oracle angekündigt, den Business Intelligence (BI) Spezialisten Hyperion für 3,3 Milliarden Dollar zu übernehmen. Den Preis hält Spies für angemessen. Schon im April könnte die Fusion abgeschlossen werden, wenn die Kartellbehörden keine Einwände erheben.

Ob die Strategie von Oracle aufgeht, bezweifelt der IDC-Analyst allerdings. Controller in den Unternehmen hätten sich mit ihrer starken Macht immer einer Abhängigkeit von großen Anbietern erfolgreich widersetzt. Stattdessen setzten sie lieber auf Lösungen von unabhängigen Anbietern wie Hyperion, Cartesis oder Business Objects. Deswegen gelang es bisher weder Oracle noch SAP mit ihren BI-Produkten nennenswert in Unternehmen Fuß zu fassen. Bei den nächsten Release-Wechseln werde sich laut Spies zeigen, welche Politik Anwender verfolgen: Den Anbieter wechseln und unabhängig bleiben oder sich auf Oracle einlassen.

Unklare BI-Strategie

Brückenkopf-Taktiken bilden auch für andere Anbieter wie HP wichtige Eckpfeiler. Zwar verfügt HP über keine eigene BI-Software und hat sich in diesem Bereich auch keinen Anbieter gekauft. Doch HP hat eine eigene Mannschaft für BI-Services aufgebaut. Der Grund dafür liegt hier unter anderem darin, dass HP für sein Performance-Tool von Mercury auf BI-Daten angewiesen ist. HP hatte Mitte 2006 das Software-Unternehmen Mercury Interactive gekauft.

Nicht nur die Strategie der Anwender und wie sie auf die Strategien der großen Anbieter reagieren ist noch unklar, sondern auch die BI-Strategie von Oracle. Erst kürzlich hatte Oracle seine BI-Suiten neu geordnet. "Mit Hyperion gibt es nun Produktüberschneidungen. Oracle muss deswegen konsolidieren", sagt Spies.

Es gibt noch weitere offene Fragen. Zum einen muss es Oracle gelingen, die Hyperion-Mitarbeiter mit ihrer stark ausgeprägten Kultur für sich zu gewinnen und zu motivieren. Zum anderen bleibt abzuwarten, wie Oracle-Konkurrent IBM auf die Fusion reagiert. Dieser hat bisher mit Hyperion sehr gute Geschäfte gemacht.

Insgesamt hält IDC die Übernahme für einen wichtigen Meilenstein in der Konsolidierung des BI-Marktes. "Es gruppiert sich alles um die großen ERP-Anbieter herum", so Spies. Noch geht die Konzentration allerdings nicht so schnell voran, wie sie könnte. Angesichts der hohen Wachstumsraten von durchschnittlich zehn Prozent pro Jahr ist der Druck auf die Anbieter noch nicht groß genug.