IT-Anbieter rangeln um Marktanteile

Prozess-Industrie treibt ERP-Markt

12.04.2007 von Werner Kurzlechner
Die Nachfrage der deutschen Prozess-Industrie nach IT-Lösungen steigt: Bis 2010 wächst dieser komplexe Markt vermutlich mit einer jährlichen Rate von 5,5 Prozent. Die Bedürfnisse großer und mittlerer Unternehmen sowie einzelner Branchen unterscheiden sich stark. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse der Berater Pierre Audoin Consultants (PAC).

Die Branchen-Riesen sind in Sachen IT sehr viel weiter als kleinere Unternehmen: Sie befinden sich strategisch bereits in einer anderen Phase. Ihre alten Lizenzen für Enterprise Ressource Planning (ERP) sind allmählich abgelöst - aus Provider-Sicht ist hier bald kein Geld mehr zu verdienen. Investitionen erfolgen laut PAC künftig vor allem, um die ERP-Kernsysteme mit fachspezifischen Funktionen auszurüsten, insbesondere in den Bereichen Customer Relationship Management (CRM), Supply Chain Management (SCM) und Product Lifecycle Management (PLM).

Dem Mittelstand attestiert PAC weiterhin starken Nachholbedarf. Die Unternehmen beginnen häufig erst, auf moderne ERP-Lösungen umzusatteln. Sie tun dies allerdings mit Bedacht. Die Analysten erwarten deshalb zwar ein Wachstum dieses Marktes, allerdings in kleinen Schritten: "Einen raschen Umschwung wird es trotz des beträchtlichen Nachholbedarfes nicht geben."

Auf Anbieterseite dominiert mit 22 Prozent SAP und verdankt dies laut PAC vor allem seiner Präsenz bei den Großkunden. Weil dieser Markt für mySAP ERP allerdings aus obigen Gründen weitgehend abgegrast ist, setzt der badische Software-Entwickler künftig stärker auf CRM, SCM und PLM - und aufs Geschäft mit dem Mittelstand.

Dort trifft SAP aber auf deutlich stärkere Konkurrenz: Microsoft geht dieses Segment mit Microsoft Dynamics verstärkt an, darüber hinaus positionieren sich verschiedene mittelständische Anbieter aussichtsreich: allen voran CSB-System, das nach PAC-Ansicht mit exzellentem Industrie-Knowhow vor allem in der Lebensmittelindustrie glänzt. Microsoft, CSB-System, Adobe und Aspen Tech rangieren mit zusammen 13 Prozent Marktanteil auf den Plätzen Zwei bis Fünf.

Wenngleich der Grad der Standardisierung in der Prozess-Industrie verglichen mit der Fertigung gering ist, beobachtet PAC einen klaren Trend weg von kunden-spezifischen Lösungen hin zu Standard-Produkten. Diese hätten jedoch immer höhere Anforderungen zu erfüllen - etwa Flexibilität, Plattform-Neutralität, Internet- und Prozess-Fähigkeit sowie Offenheit für Service-Orientierte Architekturen (SOA).

Compliance-Bedarf ölt das Wachstum

Mit einem Marktvolumen von rund 1,2 Milliarden Euro investiert von den Branchen die chemische Industrie am meisten in Software-Lösungen. Das Wachstum dort treibt laut Studie der Bedarf nach vertikaler Integration voran: Daten aus Produktions- und Geschäftsebene gilt es zu vernetzen, um Prozesse mit Echtzeitdaten zu versorgen.

Für die Pharma-Unternehmen gewinnt neben Forschung und Entwicklung PLM an Bedeutung - auch um den gesetzlichen Dokumentations-Vorschriften effizienter gerecht zu werden. Die Hersteller von Konsumgütern benötigen intelligente und integrierbare Software-Tools, um die Verfügbarkeit ihrer Produkte an den Verkaufsorten zu optimieren. CRM und Business Intelligence (BI) spielen hier eine besondere Rolle.

In der Prozess-Industrie insgesamt kristallisieren sich zwei zentrale Wachstumstreiber für den IT-Markt heraus: erstens Compliance, weil eine Vielzahl von Regelungen und Auflagen nur mit moderner Software einzuhalten sind; zweitens SOA, was nach Einschätzung von PAC allerdings erst in ein bis zwei Jahren auf dem Markt sichtbar sein wird.

PAC verwendete für die Marktübersicht "Process Manufacturing Germany" verschiedene qualitative und quantitative Informationen.