Transformation gestalten

Wie der CIO zum Treiber der Wertschöpfung wird

17.10.2019 von Gregor  Stöckler
Mit der Digitalisierung wandeln sich die Erwartungen an CIOs und ihre IT-Abteilungen. Mehr und mehr wird ihnen die Rolle eines Innovators zugesprochen, der Teil der Wertschöpfung ist.
CIOs müssen sich Kapazitäten freischaufeln, um transformative Projekte stemmen zu können.
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Lange Zeit waren CIOs und ihre IT-Teams für die Abbildung betrieblicher Prozesse und für die Betriebsoptimierung zuständig und dementsprechend aufgestellt. Eine Mammutaufgabe, berücksichtigt man die steigende Komplexität der IT-Landschaften und das Datenwachstum. Nun verändert die Digitalisierung die Rolle und die Aufgaben des CIOs. IT-Services zur Verfügung zu stellen, bleibt zwar wichtig, aber die digitale Transformation stellt Innovationen und einen unmittelbaren Beitrag zur Wertschöpfung in den Vordergrund. Dazu müssen eingefahrene Strukturen, Denkmuster und Erfolgsrezepte der Vergangenheit überwunden werden. Eine Aufgabe, die viele Herausforderungen mit sich bringt und Weitsicht erfordert.

Zeit gewinnen und Schlüsselprojekte aufsetzen

Was bedeutet es, wenn der CIO ein Bestandteil der Wertschöpfung sein soll, insbesondere dann, wenn die Erwartungshaltung in den meisten Fällen nebulös bleibt? Es heißt im Grunde, dass Informationstechnologie in die Produkte oder Dienstleistungen wandert. Das lässt sich aktuell im Maschinen- und Automobilbau oder in der Medizintechnik beobachten.

Dort werden Produkte ausgeliefert, die mit komplexer und spezialisierter Software ausgerüstet sind. Meist ist diese anspruchsvoller als das ursprüngliche Produkt selbst. Doch wie versetzen die IT-Verantwortlichen sich selbst und ihre Teams in die Lage, solche innovativen Lösungen zu erdenken und zu entwickeln? Schließlich waren diese jahrelang mit dem Feintuning, der Anpassung von IT-Systemen oder Themen wie Legal Compliance beschäftigt. Erfolgreich kann dabei nur sein, wer sich an einigen Handlungsempfehlungen orientiert:

  1. Schreiten Sie gemeinsam mit allen Beteiligten das Spielfeld ab. Entwickeln Sie ein gemeinsames Zielbild der digitalen Transformation und verhandeln Sie die interne Erwartungshaltung sehr sorgfältig. Sorgen Sie für maximale Klarheit was, in welcher Geschwindigkeit und mit welchen Ressourcen transformiert wird.

  2. Investieren Sie in Ihre Ausbildung (insbesondere von Führungskräften). Nur was verstanden wird, kann sinnvoll diskutiert, evaluiert und genutzt werden. Die Wissenslücke zwischen Kunden und Anbietern innovativer Technologien wie KI, Big Data oder Internet der Dinge ist oft so groß, dass kein sinnvoller und partnerschaftlicher Dialog entstehen kann.

  3. Schaffen Sie konsequent Raum für Neues - entrümpeln Sie Ihre IT-Landschaft signifikant und investieren Sie in Automatisierung. Hinterfragen Sie gemeinsam mit allen Entscheidern den aktuellen und zukünftigen Wertbeitrag von allem, was Ihren Betriebsaufwand hoch hält. Viele Entscheidungen wurden in einer anderen Zeit und unter anderen Umständen getroffen. Topentscheidern ist der personelle und finanzielle Aufwand des Systembetriebs gar nicht klar. Verhandeln Sie Business Cases dieser Systeme neu.

  4. Nutzen Sie die dadurch gewonnene Zeit, um erste Projekte aufzusetzen. Gehen Sie realistisch und Schritt für Schritt vor. Planen Sie überschaubare, experimentelle Pilotprojekte, anstatt einen Big Bang zu inszenieren.

Verfügbare Ressourcen intelligent einsetzen

Damit ein Transformationsprojekt überschaubar bleibt und mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen abgeschlossen werden kann, ist es ratsam, mit "Brückenprojekten" in die neue Welt zu starten. Diese sind häufig im CRM- und Analytics-Umfeld verortet. Beide Bereiche vereinen existierendes Know-how und neue Technologien in einem nahezu idealen Mix miteinander. Insbesondere im Bereich Analytics bieten sich viele praktikable Ansätze in puncto Data Science und Machine Learning. Mit diesen können Unternehmen kleine, aber feine experimentelle Transformationsprojekte umsetzen und die IT-Mannschaft wird im gleichen Atemzug Schritt für Schritt mit den neuen Technologien vertrauter.

Vielversprechende Anwendungsfälle bietet beispielsweise die Spracherkennung. Anbieter wie Google, Microsoft und SAP stellen hierfür bereits trainierte und vorkonfigurierte Chatbots zur Verfügung. Anwender interagieren dann mit einem BI-Tool, in dem sie diesem Bot Fragen zu Umsätzen, Bestellmargen etc. stellen. Diese Vorgehensweise erweitert die Mobilität des Nutzers und die Einsatzbereiche signifikant. So kann auch der Kundensupport automatisiert und beschleunigt werden, was zu einer höheren Kundenzufriedenheit führt. Auch für Predictive Analytics liefern solche Ansätze Wertschöpfung, erlauben sie doch schlanke, intelligente Abfragen zu Absatz, Lieferbereitschaft oder gar Fertigungstiefen. Solche intelligenten Sprachassistenten reduzieren die Arbeitslast von Supportpersonal und Sachbearbeitern erheblich. Ressourcen werden freigesetzt, die sich dann für anspruchsvollere, wertschöpfende Aufgaben einsetzen lassen.

Open Source und klassische Software - der Mix macht die Musik

Vielen CIOs ist bis dato nicht klar, dass für Innovationen Open-Source-Technologien neben den etablierten Enterprise-Lösungen eine wichtige Rolle spielen. Apache Hadoop, Kafka und Co. sind mittlerweile wie SAP ernstzunehmende Industriestandards. Das ist kaum verwunderlich, denn alleine am Messaging-Agenten Apache Kafka, der mittlerweile an Flughäfen oder im Internet der Dinge Messenger-Strukturen auf ein neues Qualitätsniveau hebt, arbeiten rund 14.000 Entwickler.

CIOs sollten sich deshalb einen guten Überblick darüber verschaffen, welche kommerziellen und nicht kommerziellen Komponenten der Markt bereithält. Nur so können sie entscheiden, welche Bausteine sie wie miteinander wertschöpfend verknüpfen und innovative Ideen sowie experimentelle Ansätze verwirklichen.

Altsysteme ablösen

In diesem Kontext ist klar: Auf der Grundlage sperriger, hochkomplexer IT-Landschaften, die einen hohen Wartungsaufwand und infolgedessen auch hohe Betriebskosten verursachen, sind digitale Transformationsprojekte schwierig zu realisieren. Viele CIOs beschäftigen sich deshalb konsequenterweise mit der Frage, wie sie ihre Systemlandschaft verschlanken können und gleichzeitig die Investitionen in die IT überschaubar halten.

In vielen Fällen erweist sich hier der Business Case, vom klassischen SAP ERP auf S/4HANA zu migrieren, als zu kompliziert und kostenintensiv. Überlegungen, die Vielzahl von Altsystemen in einem ersten Schritt abzulösen, Services in die Cloud auszulagern und abschließend SAP S/4HANA neu aufzusetzen, stehen im Vordergrund. CIOs tun deshalb gut daran, den Status Quo ihrer existierenden IT-Landschaften kritisch zu hinterfragen.

Nur wer seine Systemwelt en detail durchdringt, kann im Anschluss eine belastbare Innovations-Roadmap erstellen, die realistische Business Cases festhält und somit den Weg in die neue digitale Welt ebnet. Ein tiefgreifendes Verständnis darüber, was neue Technologien leisten können und welche Use-Cases für die eigenen Fachabteilungen gewinnbringend sind, ist dabei unabdingbar.