Digitalisierung

Wie Healthcare-CIOs die Blockchain und KI nutzen

12.02.2019 von Christiane Pütter
Blockchain-Technologien und künstliche Intelligenz unterstützen auch den Gesundheitssektor. Klassische Pharmafirmen kooperieren mit Tech-Giganten – oder konkurrieren mit ihnen.
  • Deloitte schreibt dem Markt für sogenannte Digital Therapeutics – ein Mix aus Technologie, Medikamenten und Verhaltensänderungen des Patienten – bis 2025 jährliche Wachstumsraten von rund 20 Prozent zu
  • IBMs Crypto-Anchor soll unter Zugriff auf Daten aus der Blockchain die Echtheit von Medikamenten überprüfen

Insbesondere Krebs, Diabetes und Rheuma sieht das Beratunsgunternehmen Deloitte als Wachstumsmärkte für die Gesundheitsbranche. Wie CIOs und andere Entscheider ihre Unternehmen transformieren, um Nutzen aus Daten zu ziehen, schildert Deloitte in seinem "2019 Global life sciences outlook". Der Report dokumentiert Angaben von Pharmaherstellern, Healthcare-Unternehmen und ihren Partnern aus der (Medizin-)Technologie.

Die Gesundheitsbranche setzt KI vor allem in der IT Automation, zur Qualitätskontrolle und für Cybersecurity ein.
Foto: Deloitte

Laut Deloitte entsteht in der Gesundheitsbranche rund ein Drittel der weltweiten Datenmenge. Das ruft Tech-Giganten wie Amazon, Google und IBM auf den Plan. Deloitte erwartet, dass klassische Pharma-Hersteller künftig mit solchen Playern kooperieren - oder konkurrieren. Wie andere Branchen auch spürt der Gesundheits-Sektor den Fachkräftemangel an Data Scientists und anderen Spezialisten. Die Zusammenarbeit mit spezialisierten Start-Ups soll diese Lücke füllen.

Wichtige Partner von IT-Entscheidern sind außerdem die Patienten. Von ihnen erwarten die Unternehmen eine gewisse digitale Fitness. Laut Deloittes Health Care Consumer Survey (2018) zeigt sich rund jeder dritte Patient interessiert an virtuellen Assistenten, die Symptome identifizieren und medizinisches Personal informieren (35 Prozent) sowie an Health Coaches, die ihnen 24/7 Tipps rund um Schlafen, Ernährung oder Stressbewältigung aufs Smartphone schicken (31 Prozent). Weitere 29 Prozent können sich vorstellen, eine App zu nutzen, die per Spracherkennung Depressionen und Ängste erkennt.

Hintergrund dessen ist laut Deloitte ein Wandel der Pharma-Firmen vom Produkt-Hersteller zum Anbieter von Services. Hier entstehen neue Geschäftsmodelle. Deloitte schreibt dem Markt für sogenannte Digital Therapeutics - ein Mix aus Technologie, Medikamenten und Verhaltensänderungen des Patienten - bis 2025 jährliche Wachstumsraten von rund 20 Prozent zu. Im Zuge dessen etabliert sich ein neues Kürzel: SaMD für Software as a Medical Device. Diese Devices liefern umso mehr Nutzen, je besser sie in das IoMT integriert sind, das Internet of Medical Things. Deloitte beziffert den IoMT-Markt auf knapp 160 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022. Zum Vergleich: 2017 betrug er rund 41 Milliarden.

Hinter dem Kürzel SaMD steckt Software-as-a-Medical Device.
Foto: Deloitte/US Food and Drug Administration

Ein weiteres Thema ist die Blockchain. Der Pharma-Konzern Pfizer lud zu einem Workshop in sein Research Center in Cambridge, und mehr als 50 Teilnehmer aus 20 Firmen sowie Patienten und Behördenvertreter kamen. Fazit: Gewinnt die Blockchain das Vertrauen der Betroffenen, können sich Erkrankte gut vorstellen, sie als Selbsthilfe-Netzwerk und Informationsquelle zu nutzen und eigene Daten einzustellen.

IBM bietet beispielsweise mit dem Crypto-Anchor einen Computer von der Größe eines Salzkorns an. Er soll Medikamente auf ihre Echtheit prüfen, in dem er zur Authentifizierung von Daten auf eine Blockchain zugreift. In manchen Ländern sind bis zu 70 Prozent der lebenswichtigen Medikamente gegen Krankheiten wie HIV, Malaria und Ebola Fälschungen, schreibt Deloitte.

Die Top CIOs der Chemie- und Pharma-Branche
Markus Schümmelfeder
Seit April 2018 ist Markus Schümmelfeder neuer CIO des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim in Ingelheim am Rhein. Er war zuvor Corporate Vice President IT im Unternehmen. Schümmelfeder berichtet an seinen Vorgänger im CIO-Amt, den CFO Michael Schmelmer.
Martin Richtberg
Seit 1. Januar 2022 bekleidet Martin Richtberg die Position des Senior Vice President Information Technology, CIO und CDO von Wacker Chemie. Zuletzt war er dort Leiter des globalen Project-Engineering.
Annette Hamann
Annette Hamann ist seit 2020 CIO bei der Hamburger Beiersdorf AG. Ihre Vorgängerin Barbara Saunier ist im Ruhestand.
Dirk Ramhorst
Seit dem 1. Mai 2022 ist Dirk Ramhorst, ehemaliger IT-Chef von Wacker Chemie, CIO beim Spezialchemiekonzern Evonik. Seine Vorgängerin Bettina Uhlich ging in den Vorruhestand.
Michael Nilles
Henkel hat Michael Nilles am 1. Oktober 2019 zum Chief Digital & Information Officer (CDIO) ernannt. Er berichtet direkt an Carsten Knobel, CEO von Henkel. In seiner Position ist Nilles für die Bereiche Digital, IT, Geschäftsprozessmanagement und Corporate Venture Capital verantwortlich.
Abel Archundia-Pineda
Abel Archundia-Pineda ist seit Mai 2017 Head of IT Business Partnering Pharmaceuticals bei Bayer im Geschäftsbereich Pharma bei Bayer. Zuvor war er Head of IT for Novartis Technical Operations and Global CIO der Sandoz Division, Novartis AG.
Michael Jud
Michael Jud ist seit April 2017 Leiter IT beim Pharmahersteller InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH in Heppenheim im südlichen Hessen. Jud kommt vom Anlagenbauer Schenck Process in Darmstadt. Er berichtet bei seinem Arbeitgeber an den kaufmännischen Geschäftsführer. Neben dem Fokus-Thema IT-Sicherheit baut der gelernte Diplom Ingenieur SAP weiter aus und unterstützt das internationale Wachstum von InfectoPharm.
Alessandro de Luca
Alessandro de Luca war bisher Interims-Group CIO beim Pharmakonzern Merck. Der Konzern hat sich entschieden, de Luca dauerhaft in dieser Position zu beschäftigen.
Hermann Schuster
Seit 1. September 2021 ist Hermann Schuster Head of Information Technology bei der Lanxess AG. Er folgt auf Kai Finke. In seiner neuen Position will Schuster im Chemiekonzern ein Konzept für den Modern Workplace umsetzen und sich auf Cybersicherheit konzentrieren. Daneben steht der Rollout eines SAP S/4 Hana-Templates auf seiner Agenda. Schuster berichtet an den Lanxess-Finanzvorstand Michael Pontzen.
Bijoy Sagar
Bijoy Sagar ist ab Juni 2020 neuer Leiter IT und Digitale Transformation der Bayer AG. Er löst den bisherigen CIO und CEO der IT-Tochter Bayer Business Services (BBS) ab, der seine Konzernkarriere beendet. Die BBS wird aufgelöst. Sagar soll die Digitalisierung des Pharmakonzerns vorantreiben und die begonnene Neuaufstellung der IT ans Ziel führen. Er berichtet an den Finanzvorstand Wolfgang Nickl.
Martin Wiedenmann
Martin Wiedenmann ist seit Februar 2019 Head of Global IT/CIO der Atotech Group, einem weltweit agierenden Marktführer für Spezialchemie. Zuvor war er war seit Juli 2016 CIO bei Ledvance in München.
Andreas Becker
Andreas Becker ist seit April 2017 Vice President Information Technology/CIO beim Pharmakonzern Daiichi-Sankyo Europe in München. Im Oktober 2014 kam der Diplom-Kaufmann mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik & EDV als Head of IT Strategy & Service Delivery ins Unternehmen.
Sandeep Sen
Sandeep Sen ist CIO der Linde Group. In dieser Funktion hat er Büros in Singapur und München. Weltweit führt Sen rund 1.100 Mitarbeiter. Er kam 1993 zu Linde Indien (vormals BOC India). Zuvor war er in der IT auf dem Finance-Sektor tätig. Dabei arbeitete er sowohl in Indien als auch in Großbritannien.
Peter Buchmüller
Seit Mitte Juni 2017 ist Peter Buchmüller IT-Leiter der Aenova Group, einem pharmazeutischen Auftragshersteller mit Sitz in Starnberg bei München. Der genaue Titel lautet: Senior Vice President Corporate IT Aenova Group. Buchmüller wechselte von der Molkerei Meggle in Wasserburg, wo er zuvor als Leiter IT tätig war.
Berthold Kröger
Berthold Kröger hat im Juli 2015 die IT-Verantwortung bei der K+S AG in Kassel übernommen. Der neue Leiter Corporate IT berichtet an den Vorstand Thomas Nöcker. Der promovierte Informatiker hat sein Studium an der Universität-Gesamthochschule Paderborn absolviert. Er arbeitete danach mehr als drei Jahre im Forschungs- und Technologiezentrum der Deutschen Telekom und war später in verschiedenen Positionen bei der Hochtief AG und der Hochtief Solutions AG in Essen beschäftigt.
Alexander Bode
Im Juli 2014 hat Alexander Bode den CIO-Posten beim Farbenhersteller DAW SE angetreten. DAW (Deutsche Amphibolin-Werke) ist vor allem bekannt durch Farbenmarken wie Caparol und Alpina. Bode kommt vom Pharmahändler Celesio, wo er seit 2013 als Global Head of IT Governance tätig war. Davor arbeitete der Wirtschaftsinformatiker viele Jahre bei der Freudenberg-Gruppe, wo er auch seine berufliche Laufbahn 2002 begann. Zuletzt verantwortete er dort von 2008 bis 2013 als Director ERP Europe das SAP Competence Center von Freudenberg Sealing Technologies.
Torsten Müller
Seit November 2018 ist Torsten Müller Head of Information Technology (CIO) beim Pharma- und Laborzulieferer Sartorius AG mit Sitz in Göttingen. Zuvor war er Chief Digital Officer und Chief Information Officer sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Versicherung Helvetia Deutschland in Frankfurt.
Stephan Heinelt
Stephan Heinelt ist seit September 2018 Group CIO beim Spezialchemiekonzern Altana AG mit Sitz in Wesel. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker Heinelt war zuletzt Leiter Service Management Global IT Services bei der Evonik Industries AG in Essen.
Martin Kinnegim
Martijn Kinnegim ist seit März 2019 CIO der STADA Arzneimittel AG mit Sitz im hessischen Bad Vilbel. Kinnegim arbeitete zuvor bei Jacobs Douwe Egberts (JDE). Dort war er als Global CIO tätig und leitete die Integration der Gesellschaften DE Masterblender 1753 und Mondelez International in den weltweit führenden Kaffeekonzern.
Walter Grüner
Walter Grüner ist seit Mai 2019 Head of Information Technology beim Chemie-Unternehmen Covestro in Leverkusen. Zuvor war Grüner seit 2013 als Group CIO bei der KION Group AG tätig, einem Anbieter von Gabelstapler und Lagertechnik.
Tobias Günthör
Der Pharmakonzern Stada hat mit Tobias Günthör seit Anfang April einen neuen IT-Chef. Der Titel des 53-Jährigen lautet CIO/Senior Vice President IT at Stada Group.
Carsten Priebs
Zum 01.01.2024 wurde Carsten Priebs zum Digitalchef der Biesterfeld AG berufen.

Für die IT in Pharma- und Healthcare-Firmen sowie ihren Partnern heißt das: immer mehr Daten sind zu managen. Als Beispiele für Plattformen, die sich in diesem Bereich etablieren, nennt Deloitte Doc.ai und NORA (Networked oriented research assistant). Noch setzen die Unternehmen Artificial Intelligence (AI) vor allem in der IT Automation ein (47 Prozent), zur Qualitätskontrolle (46 Prozent) und für Cybersecurity-Zwecke (41 Prozent).

Digitalisierung und Transformation der Gesundheitsbranche finden im Zeichen des Wachstums statt: weltweit gesehen steigt die durchschnittliche Lebenserwartung von 73,3 Jahren im Jahr 2017 auf geschätzte 74,4 Jahre im Jahr 2022. In den USA allerdings ist die Lebenserwartung zuletzt gesunken und liegt jetzt bei durchschnittlich 78,6 Jahren.