Lauter Arbeitsplatz, starker Verkehr

Auf der Flucht vor dem Lärm



Holger Reisinger schreibt als ICT-Experte über New Ways of Working, Mobile und Knowledge Worker, Collaboration, Concentration, Conversation und Communication. Als Senior Vice President Jabra Business Solutions, Product Management, Strategic Alliances and Global Accounts setzt er sich für mobile Arbeitsplatzgestaltung als wichtiges Instrument moderner weltweit agierender Unternehmen bei gleichzeitiger Optimierung der Mitarbeiterleistung durch Echtzeit-Konferenzen und Zusammenarbeit ein.
Warum wir Lärm nicht entkommen können - und warum das eine gute Sache ist.
Ein lautes Meeting im Hintergrund des Arbeitsplatzes: Studien zeigen, dass Lärm uns daran hindert, komplexe Aufgaben zu erledigen.
Ein lautes Meeting im Hintergrund des Arbeitsplatzes: Studien zeigen, dass Lärm uns daran hindert, komplexe Aufgaben zu erledigen.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Bellende Hunde, tosender Verkehr und der Lärm des Arbeitsplatzes können störend sein und entspannende Momente oder konzentriertes und produktives Arbeiten verhindern. Doch warum ist es so schwierig, sich von der Kakophonie zu befreien, die uns scheinbar überall hin folgt? Die Antwort ist so einfach wie beunruhigend: Wir sollen uns nicht davon befreien - zumindest nicht im evolutionären Sinne.

Das Gehör gehört zu den stärksten unserer fünf Sinne. Jahrtausende lang hing unser Überleben davon ab, dass wir ein ausgeprägtes Gespür dafür hatten. Fein abgestimmte Ohren alarmierten unsere primitiven Vorfahren vor Gefahren und ermöglichten es ihnen, Feinde abzuwehren oder vor Kreaturen zu fliehen, die sie auf der Suche nach einem leckeren Essen verfolgten.

Noch heute nimmt aufmerksames Zuhören einen großen Teil der kognitiven Fähigkeiten eines Menschen in Anspruch. Mehrere Studien zeigen, dass der Mensch nur 1,6 sinnliche Eindrücke zeitgleich verarbeiten kann. Wenn unsere volle Aufmerksamkeit dem Zuhören gewidmet ist, bleibt für unsere übrigen Sinne nicht mehr viel übrig. Das erklärt, warum Menschen einem Gespräch nicht zuhören können, während sie gleichzeitig ein Buch lesen. Zumindest nicht, wenn beides korrekt behalten werden soll.

Augenlider, aber keine Ohrenlider

Ein weiteres Zeichen dafür, dass unser Überleben davon abhängt, dass wir Lärm nicht ausschalten, ist die Anatomie unserer Ohren. Anders als bei den Augen verfügt der Mensch nicht über Ohrenlider, die er schließen kann. Unser erster und ursprünglichster Instinkt ist es daher, Lärm zu entfliehen. Und obwohl diese Strategie manchmal sehr effektiv sein kann, ist sie nicht immer praktisch. Denn nicht jeder Lärm ist schlecht. So wirkt der Gesang von Singvögeln entspannend auf uns.

Alternativ lässt sich Lärm mit Hilfe von Noise-Cancelling-Technologien oder guten, altmodischen Ohrstöpseln ausgleichen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, Zuflucht in einer schönen "Klanglandschaft" zu suchen. Im Wesentlichen durch das Übertönen des Geräuschpegels mit etwas Angenehmerem, meist Musik.

Einige Studien zeigen, dass Lärm uns zwar daran hindert, komplexe Aufgaben zu erledigen, aber der richtige Soundtrack kann unsere Leistung oft sogar verbessern. Dabei ist es egal, ob Mozart, Stones, RunDMC oder andere Playlists laufen, Hauptsache sie gefällt. In jüngster Zeit sind Podcasts und Hörbücher zu wichtigen Bestandteilen der persönlichen Klangwelten geworden. Sie unterhalten, informieren und ermöglichen es, Umgebungslärm zu entkommen.

Und wenn alles andere beim Streben nach Ruhe scheitert, dann ist vielleicht die einzige Lösung, sich zu entspannen und an eines zu erinnern: Evolutionär betrachtet, sollten wir gar nicht erst versuchen Lärm zu vermeiden.

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