Strategien


Industriestandard als Innovationsbremse?

SAP - Sinn und Unsinn

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.

Friedrich: Nehmen Sie zum Beispiel die Materialwirtschaft. Vor Jahren waren wir sicher, dass man Beschaffung gar nicht anders organisieren kann als über die SAP-Standardprozesse. Beim E-Commerce muss man aber heute nicht mehr alle Artikel oder Lieferanten im SAP haben. Es reicht, wenn sie im Internet sind. Das sind Erkenntnisse, die durch Querdenken gewonnen wurden. Das kann man nicht vom roten Faden ableiten.

Holle: Im Bereich der operativen Prozesse sehe ich das ähnlich. SAP kann hier mit den Branchenlösungen zwar durchaus Erfolge aufweisen, tut sich aber in einigen Branchen schwer, die Materie zu verstehen und demzufolge die Prozesse optimal zu unterstützen. Im dispositiven Bereich, also bei allem, was im Backoffice eine Rolle spielt, sehe ich jedoch keine Alternative zu SAP. Bei den wissensorientierten Systemen - Rechnungswesen, Personalwesen oder Immobilienverwaltung - kann man auf SAP setzen, weil es einfach gut ist. Es reicht eben nicht aus, dass man im Internet ist. Die Kunst ist es, E-Commerce in die bestehenden Prozesse des Unternehmens zu intergrieren. Dies ist ein weiterer Grund für SAP.

Friedrich: Wir sind uns einig über den Wert einer geordneten Struktur. SAP ist im Backend-Bereich wichtig, wobei ich bei Human Resources differenzieren möchte - nicht bei der Gehaltsabrechnung, sehr wohl aber beim Umgang mit den Menschen. Nehmen Sie zum Beispiel die Mitarbeitergespräche. Die können Sie auch auf Notes abbilden, sodass nicht nur die Personalabteilung darauf zugreifen kann, sondern auch der Mitarbeiter. Das kann sehr motivierend sein, ist es aber nicht, wenn der Mitarbeiter dafür SAP-vorgebildet sein muss.

Holle: Niemand kommt auf die Idee, Personalwirtschaft mit Notes zu machen.

Friedrich: Nehmen Sie zum Beispiel BASF: Dort wurden schon Mitte der 90er-Jahre HR-Komponenten mittels Notes realisiert. (BASF nutzt Notes beim Bewerbermanagement und bei der Entscheidungsfindung zur Altersteilzeit. Notes-Anwendungen, die als Ersatz für die ehemalige SAP-Benutzeroberfläche dienten oder mangelnde Funktionalität des SAP HR wie Employee Self Service ersetzten, werden inzwischen sukzessive durch SAP-Lösungen ersetzt. Anm. d. Red.)

Holle: Da stimme ich Ihnen zu, nur würde ich sagen, dass diese Aufgabe ins CRMCRM gehört und nicht ins HR. Alles zu CRM auf CIO.de

Friedrich: Es ist doch interessant, dass wir immer noch versuchen, Aufgaben funktional - das heißt nach Zuständigkeiten - zu ordnen. Ist es HR, ist es CRM, oder was ist es? Dabei wird es immer Prozesslücken geben, die niemand vorher betrachtet hat.

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