Gut gedacht, schlecht gemacht

So senken Sie die Produktivität der IT

01.09.2023
Bob Lewis ist Management- und IT-Berater bei einem großen globalen IT-Dienstleistungsunternehmen. Die in dieser Kolumne geäußerten Ideen und Meinungen sind ausschließlich seine eigenen.
Viele IT-Führungskräfte halten die Mitarbeitenden davon ab, ihre Aufgaben effizient zu erledigen. Meist sind „Lösungen“ für andere Probleme schuld daran.
Nicht wenige beliebte Management-Techniken zur Performance-Steigerung erweisen sich in der Praxis als Produktivitätskiller.
Nicht wenige beliebte Management-Techniken zur Performance-Steigerung erweisen sich in der Praxis als Produktivitätskiller.
Foto: Ground Picture - shutterstock.com

Erfolgreiche CIOs müssen in der Lage sein, eine Organisation so zu leiten, dass sie ihre Aufgaben gut erledigen kann. Manchmal ist das leider nicht gegeben: Viele beliebte Management-Techniken zur Verbesserung einer schlechten Performance funktionieren nicht. Oder sie verschärfen die Lage noch.

Der Management-Papst Peter Drucker sagt dazu: "Das meiste, was wir Management nennen, besteht darin, es den Leuten schwer zu machen, ihre Arbeit zu erledigen." Das sollte Sie ermutigen, den nächsten logischen Schritt zu tun: Um die Leistung der IT-Abteilung zu verbessern, müssen Sie herausfinden, welche Management-Praktiken in Ihrem Unternehmen die Arbeit am meisten erschweren - und diese dann konsequent abschaffen. Hier sind einige mögliche Ansatzpunkte.

Fehler Nummer 1: Umstrukturieren

Worum es geht: Eine allseits beliebte Strategie zur Vermeidung der Kollision mit dem Eisberg. Die Stühle an Deck der Titanic werden einfach neu angeordnet.

Warum das ein Problem ist: Umstrukturierungen ändern erst einmal nichts daran, wie die Arbeit erledigt wird.

Die übliche Argumentation lautet, dass eine Neuordnung von Reporting-Strukturen Hindernisse beseitigt. Das ist zwar auch der Fall, jedoch werden in der Praxis häufig alte Hindernissen durch neue ersetzt.

Warum der Ansatz eine Versuchung ist: Umstrukturierungen sind verlockend, weil sie einfach sind. Man gibt die neuen Strukturen bekannt und überlässt es anderen, sie umzusetzen.

Die Strategie ist besonders verlockend, wenn Sie einen ineffektiven Manager haben. Sie können das unangenehme Gespräch vermeiden und ihn stattdessen elegant an einem sicheren Ort in der neuen Organisation unterbringen, um den Schaden zu minimieren, den er anrichtet.

Was Sie stattdessen tun sollten: So ziemlich alles andere.

Schlechte Lösung 2: Multitasking ausweiten

Worum es geht: Man verlangt von den Mitarbeitenden, dass sie mit mehreren Aufgaben jonglieren.

Warum das ein Problem ist: Die Angestellten teilen ihre Zeit in zwei Phasen auf - einmal die Einstellung auf die anstehende Aufgabe, zum anderen die Ausführung der Aufgabe. Je mehr Mitarbeiter im Multitasking-Modus unterwegs sind, desto mehr Zeit verlieren sie für die Neuorientierung und desto weniger Zeit können sie für produktive Arbeit aufwenden.

Warum der Ansatz eine Versuchung ist: Multitasking bedeutet, dass man nie "nein" zu einer Anfrage sagen muss. Sie können immer versprechen, etwas dazwischen zu schieben. Außerdem verbessert es die Statistik der IT-Abteilung hinsichtlich der Auslastung der Mitarbeiter - keine gute, aber eine beliebte Kennzahl.

Was Sie stattdessen tun sollten: Die Abschaffung des Multitasking wäre zu hoch gegriffen, denn es gibt zwangsläufig mehr Aufgaben als Mitarbeitende, die sie erledigen können. Außerdem ist der politische Druck, etwas hineinzupressen, in der Regel stärker als die Erkenntnis, dass weniger Multitasking meist besser wäre. Anstatt also zu versuchen, das Problem direkt anzugehen, sollten Sie es auf der Nachfrageseite und nicht auf der Angebotsseite versuchen. Indem Sie beispielsweise die Regel einführen: "Hier gibt es nichts umsonst".

Schlechte Lösung 3: Schwache Prozesse

Worum es geht: Die Art und Weise, wie die Arbeit erledigt wird, ist unorganisiert, ineffektiv, unkoordiniert, undokumentiert, uneinheitlich und eigentümlich.

Warum das ein Problem ist: Wenn jeder Mitarbeitende für sich selbst herausfindet, wie etwas zu erledigen ist, befinden sich die IT-Verfahren praktisch in einem ständigen Alphatest. Die Prozesse werden nie besser, weil keine zwei Personen sie auf die gleiche Weise durchführen oder auf früheren Erfolgen und Erkenntnissen aufbauen.

Warum der Ansatz eine Versuchung ist: Es ist verdammt viel Arbeit, alle Prozesse der IT zu definieren, zu dokumentieren, zu trainieren und darauf zu bestehen, dass die Vorgaben genau befolgt werden. Ganz zu schweigen davon, dass sich ein Manager dadurch unbeliebt machen kann. Schließlich macht es den meisten Mitarbeitenden mehr Spaß, die Dinge so zu tun, wie sie es wollen. Schlimmer noch: Wenn Manager konsequent darauf bestehen, dass Aufgaben wie vorgeschrieben gelöst werden, wird ihnen oft vorgeworfen, dass sie die IT-Abteilung in eine erdrückende Bürokratie verwandeln wollen.

Was Sie stattdessen tun sollten: Fördern Sie eine "Prozesskultur" in Ihrer gesamten Organisation.

Das ist in der Tat nur eine plakative Überschrift, und es kostet eine Menge Überlegungen und Arbeit, um die Forderung nach einer Prozesskultur in die Tat umzusetzen.

Schlechte Lösung 4: Die Verantwortung Einzelner herausstellen

Worum es geht: Den Befürwortern dieses Vorgehens zufolge geht es darum, sicherzustellen, dass jeder sein Bestes tut, um Fehler zu vermeiden und die Arbeit zu erledigen.

Warum es ein Problem ist: Menschen zur Verantwortung zu ziehen, bedeutet eine Ursachenanalyse zu machen, die auf der Annahme beruht, dass jemand schuld sein muss, wenn etwas schiefgeht. Diese Annahme ist fehlerhaft, denn wenn etwas schief geht, ist das meistens das Ergebnis schlechter Systeme und Prozesse und nicht die Schuld eines Einzelnen.

Wenn ein Manager jemanden zur Verantwortung zieht, schiebt er in Wirklichkeit nur die Schuld auf andere. Schließlich sind Manager für die Systeme und Prozesse ihres Unternehmens verantwortlich, oder?

Zweites Problem: Wenn Sie jemanden zur Verantwortung ziehen, weil etwas schief läuft, werden die "Verantwortlichen" ihr Bestes tun, um eventuelle Probleme vor Ihnen zu verbergen. Und je länger sich niemand mit einem Problem befasst, desto schlimmer wird es. Wenn Sie Menschen zur Rechenschaft ziehen, falls etwas nicht funktioniert, werden sie wahrscheinlich keine Risiken mehr eingehen - denn warum sollten sie?

Warum der Ansatz eine Versuchung ist: Jemanden zu finden, dem man die Schuld geben kann, ist im Vergleich zu einer ernsthaften Ursachenanalyse einfach, und die Behebung des "Problems" ist im Vergleich zur Verbesserung von Systemen und Verfahren ein Kinderspiel. Wie jemand einmal sagte, zahlt sich harte Arbeit irgendwann in der unbestimmten Zukunft aus - aber Faulheit zahlt sich jetzt aus.

Was Sie stattdessen tun sollten: Wann immer etwas schief läuft, beheben Sie zunächst das unmittelbare Problem - auch bekannt als "das Ausbluten stoppen". Finden Sie dann heraus, welche Systeme und Prozesse versagt haben, um das Problem zu verhindern, und beheben Sie sie, damit das Unternehmen beim nächsten Mal besser vorbereitet ist.

Wenn sich allerdings herausstellt, dass jemand Mist gebaut hat, sollten Sie analysieren,

  • ob die betreffende Person besser geschult und gecoacht werden muss,

  • ob sie einfach nur Pech hatte,

  • ob sie ein kalkuliertes Risiko eingegangen ist oder

  • ob es sich wirklich um einen problematischen Mitarbeiter handelt, den Sie zur Verantwortung ziehen müssen.

Schlechte Lösung 5: Immer auf dem Laufenden sein wollen

Worum es geht: Eine Folge der Regel "keine Überraschungen" - wenn in Ihrer Abteilung etwas passiert, möchten Sie davon wissen, bevor es Ihren Kollegen aus den anderen Bereichen und der Geschäftsleitung bekannt wird.

Warum es ein Problem ist: Es ist kein Problem. Es sei denn, Sie machen es zu einer höheren Priorität, Sie stets auf dem Laufenden zu halten, anstatt den Fehler zu beheben. Denn es bedeutet, dass derjenige, der das Problem beheben will, erst die Genehmigung des Managers einholen muss, bevor er die notwendigen Schritte unternimmt.

Warum der Ansatz eine Versuchung ist: Wenn man immer auf dem Laufenden gehalten wird, verringert sich die Sorge, dass man als Manager überrumpelt wird und vor seinen Vorgesetzten schlecht dasteht. Außerdem fühlt sich ein Manager dadurch wichtig: "Ich muss diesen Anruf entgegennehmen", ist fast so verlockend wie früher, als der Pager anfing zu summen.

Was Sie stattdessen tun sollten: Stellen Sie einfach sicher, dass jeder weiß, dass im Falle eines Problems die Behebung desselben die höchste Priorität hat. Sie zu informieren ist Prio 2 oder 3 oder 9.

Ein Vorschlag zur Güte

Führen Sie eine anonyme Umfrage mit nur einer Frage ein. Laden Sie alle IT-Mitarbeitenden zur Teilnahme ein. Die eine Frage baut auf der bereits erwähnten Beobachtung von Peter Drucker auf: "Was tun wir im IT-Management, das Sie bei Ihrer Arbeit behindert?"

Veröffentlichen Sie die häufigsten Antworten, nehmen Sie sie ernst, und wiederholen Sie die Umfrage vierteljährlich. Und wenn eine der häufigen Antworten Sie überrascht, sollten Sie Ihre "Listening-Strategie" überdenken. Denn sie funktioniert offensichtlich nicht.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com.

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