Wissenschaftler mahnen: Mit Informatikern pfleglich umgehen

Die IT-Branche: Immer älter, kränker und gestresster

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Die Oldies kommen - in der IT-Wirtschaft ist der Anteil der Beschäftigten über 50 Jahre zwischen 1999 und 2004 um 78 Prozent gestiegen. Das Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen will diesen Alterungsprozess nun wissenschaftlich unter die Lupe nehmen. Eines steht aber jetzt schon fest: IT-Fachleute haben nicht nur mit dem Alter zu kämpfen, sondern auch mit Stress und Magenschmerzen.
Dr. Anja Gerlmaier, Universität Duisburg-Essen, wundert sich darüber, dass Unternehmen ihre Informatiker nicht pfleglicher behandeln.
Dr. Anja Gerlmaier, Universität Duisburg-Essen, wundert sich darüber, dass Unternehmen ihre Informatiker nicht pfleglicher behandeln.

67 Prozent der IT-Fachleute machen zu selten Pause. 55 Prozent haben zu wenig Zeit für Muße und Hobbys. Überdurchschnittlich oft beklagen sie Müdigkeit, Nervosität, Schlafmangel und Magenweh. Es ist nicht gerade ein Empfehlungsschreiben, was Anja Gerlmaier, Abteilung Arbeitszeit und Arbeitsorganisation an der Universität Duisburg-Essen, der IT-Branche ausstellt.

Und das vor dem Hintergrund des dramatischen Fachkräftemangels - der Branchenverband Bitkom sprach im August 2007 von fast 40.000 fehlenden Fachleuten - und immer weniger Informatikstudenten. Gerlmaier hielte es denn auch für sinnvoll, "pfleglich mit den Beschäftigten umzugehen". Leider sei das aber die Ausnahme.

Die Wissenschaftlerin nennt insbesondere folgende Faktoren: Häufige Unterbrechungen und Behinderungen während der Arbeit, Projektarbeit mit langen Abwesenheiten von zu Hause, immer mehr Aufgaben gleichzeitig und Phasen starker Belastung ohne zeitnahen Ausgleich. "Das alles sind Punkte, die schon jungen Leuten nicht leicht fallen", sagt Anja Gerlmaier. "Ältere Arbeitnehmer haben damit aber noch stärker zu kämpfen". Gleichzeitig wüssten Unternehmen Wissen und Erfahrung der Älteren nicht zu schätzen.

Gerlmaier vergleicht die Entwicklung mit zwei Zügen, die aufeinander zurasen - die "alten Hasen" werden kaputtgestresst, die Jüngeren bleiben gleich weg aus der Branche. Massive Personalprobleme sind die Folge.

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