CIO-Diskussion

Cloud Computing im Reality Check

22.02.2010 von Rolf Röwekamp
CIO und Vorstand Philippe de Geyter von der Deutschen Leasing und CIO Johann Kandelsdorfer vom Erdölkonzern OMV diskutierten über die Einsatzmöglichkeiten und Grenzen von Cloud Computing.
Podiumsdiskussion zum Thema Cloud Computing auf den Hamburger IT-Strategietagen 2010 mit (v.l.n.r.) Moderator Horst Ellermann, Johann Kandelsdorfer, CIO OMV Group, Philippe De Geyter, Mitglied des Vorstands der Deutschen Leasing AG und Moderator Helmut Krcmar, Professor für Wirtschaftsinformatik an der TU München.

Eine Befürchtung poppt immer wieder auf: Der CIO könnte überflüssig werden, wenn Unternehmen IT-Services aus der Cloud beziehen. Ein Blick in den Katalog von Cloud-Anbietern reicht, der Fachbereich sucht sich den passenden Dienst aus und bestellt ihn. IT-Chefs bräuchten Unternehmen dafür nicht mehr.

Dieser Vision widersprach CIO Johann Kandelsdorfer vom österreichischen Erdöl- und Erdgaskonzern OMV entschieden auf den Hamburger IT-Strategietagen. Der CIO dürfe die Rolle des Einkäufers nicht aus der Hand geben, sagte er. Es sei die zentrale Aufgabe des CIOs, den jeweils besten Deal mit dem Cloud-Anbieter zu machen.

CIO und Vorstand Philippe de Geyter von der Deutschen Leasing AG ergänzte bei der Podiumsdiskussion, dass es künftig die Aufgabe des CIOs sei, die Vendoren zu managen. Denn idealerweise analysiert der CIO dann den Cloud-Katalog und selektiert die passenden Dienste.

So stellte de Geyter keinen Bedeutungsverlust fest. Iim Gegenteil, er drehte die These sogar um: Cloud Computing werde zu einer Aufwertung des CIO führen, die Rolle sei nicht gefährdet – wenn CIOs es richtig machen.

Pilotprojekte bei der Deutschen Leasing

Wie das? Durch Cloud Computing könne sich der IT-Chef stärker auf Prozesse statt auf einzelne IT-Services konzentrieren. Dadurch werden CIOs mehr Kompetenz ins Management einbringen.

Bislang bewegen sich die Bemühungen um Cloud Computing bei OMV wie bei der Deutschen Leasing auf bescheidenem Niveau. Damit unterscheiden sie sich wenig von anderen Unternehmen. "Wir haben Cloud Computing analysiert und beobachten die Entwicklungen. Aber wir haben noch keine Projekte angestoßen. Wir warten noch ab", sagte Kandelsdorfer.

De Geyter hat immerhin schon zwei Initiativen zusammen mit seinem Outsourcing-Partner auf den Weg gebracht. Dabei handelt es sich um Versuchsprojekte, um zu sehen, wo was möglich ist. Damit benannte er zugleich ein Kernproblem, was viele noch von Cloud Computing abschreckt. "Schwierig ist es vor allem, die ersten Cloud-Projekte zu identifizieren und dann den ersten Schritt zu gehen", sagte de Geyter.

Zwar betreibt de Geyter schon Mietmodelle bei Hardware, aber das fällt für ihn nicht in die Kategorie Cloud. Spannend fand er es, wie man SaaS in Cloud-Modellen realisieren kann. "Da schauen wir, inwieweit sich das finanzieren lässt", sagte er.

So hält er Software auch für die wichtigste Einflugschneise von Cloud Computing in Unternehmen. Infrastruktur in der Wolke gebe es dagegen noch nicht, weil dahinter immer noch dedizierte Ressourcen stehen.

Überzogene Sicherheitsbedenken

CIO Kandelsdorfer stimmte zwar zu, dass es schon Software aus der Cloud geben. Aber die sei noch nicht besonders ausgereift, bemerkte er. Und vor allem: "Es bestehen noch zu viele Restriktionen im Sicherheitsbereich."

Vor übertriebenen Sicherheitssorgen warnte de Geyter. Schließlich liegen die Daten ja schon heute vielfach beim Outsourcer. Und mit vielen der etablierten Anbieter arbeite man schon seit vielen Jahren zusammen. Der Datenschutz ist dabei immer gewahrt worden. Nach dreißig Jahren Zusammenarbeit sollten Unternehmen ihren Dienstleistern schon so stark vertrauen, dass sie auch in Zukunft mit den Daten sicher umgehen.

Kandelsdorfer stellte fest: In Verträgen muss festgelegt werden, wo die Daten gespeichert werden. Denn Datenschutz sei für die OMV wichtig, weil die Kunden wissen wollen, wo die Daten liegen. Das verlangen meist schon allein rechtliche Vorgaben.

Marktgeschehen der Anbieter

Während CIOs sich also noch zurückhalten, positionieren sich allmählich die ersten Cloud-Anbieter. Die bekanntesten darunter sind beispielsweise Amazon, Google und Salesforce.com. Sie fokussieren sich vor allem auf kleine Unternehmen und Privatanwender. Doch sobald es mehr SaaS-Lösungen gibt, wird es auch mehr kleine Anbieter geben, waren sich die Diskutanten auf dem Podium einig. Große Anbieter wie IBM, Oracle oder HP müssen dagegen noch nachziehen. Sie fokussieren sich vordringlich auf große Unternehmen.

Für Software-Anbieter bringt Cloud Computing jedoch Restriktionen mit sich. Sie verdienen ihr Geld mit dem Verkauf von Lizenzen. Dieser Umsatz würde dann entfallen. Deshalb wird der Markteintritt SAPs Business by Design interessant werden. Business by Design zielt auf den Mittelstand, weil dort noch Umsatz zu machen ist. Nur wie Geschäftsmodelle aus der Cloud aussehen könnten, ist noch nicht klar. Aber es wird was passieren, da war sich Kandelsdorfer sicher: "SAP wird sich nicht verschließen können."

Gute Gründe für Cloud Computing

Bislang können Anbieter die Erwartungshaltung der Anwender an Verfügbarkeit und Wahlmöglichkeit nicht erfüllen, stellte Kandelsdorfer fest. De Geyter wies auch drauf hin, dass auch noch nicht gelöst wäre, wie kann man Cloud-Lösungen mit Anwendungen im Haus verbindet.

Hohe Erwartungen knüpfen die beiden CIOs auch an Ersparnisse durch Cloud Computing. So würden im Idealfall CIOs nicht mehr die jährlichen Kosten sehen, weil sie der Anbieter erbringt. Außerdem vermeiden Cloud-Lösungen Investitionskosten. Damit könnte und müsste man sparen, so de Geyter.

Und ein weiterer dauernervender Punkt könnte sich erledigen: Die IT könnte kräftig beim Lizenz-Management sparen. Dort durchblickt kaum noch jemand die Komplexität, weswegen dafür extra Leute abgestellt werden müssen.

Doch gemach. Noch entwickelt die schöne neue Cloud-Welt nur langsam. So wartet Kandelsdorfer auch noch weiter ab und beobachtet nur das Geschehen. Denn für ihn kommt erst Schwung in den Cloud-Markt, wenn es mehr Anbieter und damit mehr Konkurrenz gibt.