VW, Daimler, BMW

Digitalisierung braucht mehr Speed

28.03.2019 von Wolfgang Herrmann
Die deutschen Automobilbauer schalten in Sachen Digitalisierung einen Gang hoch. Mehr Geschwindigkeit und Agilität in der IT sollen im Rennen um die Mobilitätskunden von morgen den Erfolg bringen.

Daimler-CIO Jan Brecht hat ein ehrgeiziges Ziel. Um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern, soll die IT des schwäbischen Automobilkonzerns künftig doppelt so schnell arbeiten wie bisher. "#TwiceAsFast" nennt der IT-Chef seine Initiative und betont: "Geschwindigkeit und Qualität müssen keine Gegensätze sein."

"Geschwindigkeit und Qualität müssen keine Gegensätze sein", sagt Daimler-CIO Jan Brecht.
Foto: Daimler AG

Auf dem automotiveIT Kongress in Berlin erläuterte Brecht, welche Prioritäten sich daraus für die Daimler-IT ergeben. Freie und Open-Source-Software gehören für ihn ebenso dazu wie DevOps-Strukturen und Cloud Computing. Mehr Flexibilität soll auch eine API-Architektur bringen. Daimler investiere zudem verstärkt in qualifiziertes Personal und lege besonderen Wert auf die Themen Security sowie Identity and Access Management.

Die strategische Vorgabe des Managements lautet: "Speeding up our CASE Business". Das Kürzel steht für Connectivity, Autonomous Driving, Sharing und Electric. Ganz ähnlich wie der Münchner Erzrivale BMW beschreibt Daimler damit die Zukunftsfelder, die die Mobilität prägen werden.

Digital Experience bei Porsche

Um Geschwindigkeit geht es auch bei der Volkswagen-Tochter Porsche. "Zum Thema Digitalisierung haben wir uns gefragt: Was können wir vom Motorsport lernen?", berichtete CIO Mattias Ulbrich in Berlin. Für die Ausrichtung der IT hat Porsche ein "Strategy Execution Framework" entworfen, das den geschäftlichen Nutzen von IT-Initiativen in den Mittelpunkt stellt. Die Themen Agilität und Speed spielten dabei eine wichtige Rolle, so Ulbrich.

"Digital Experience ist mittlerweile genauso wichtig wie das Design unserer Produkte", sagt Porsche CIO Mattias Ulbrich.
Foto: Porsche

Porsche setze agile Methoden nicht nur in der IT, sondern beispielsweise auch in der Produktion ein. Erfolgsentscheidend seien am Ende aber die Faktoren "People and Culture". Ulbrich: "Wir müssen die Menschen mitnehmen". Sonst könne die digitale Transformation nicht gelingen.

Die strategische Marschrichtung beschreibt der Sportwagenbauer in seiner "Mission D" mit dem Slogan: "Wir bringen das Porsche-Erlebnis in die digitale Zukunft." Dahinter stehen die zentralen Handlungsfelder Digital Experience, Artificial Intelligence (AI) und Digital Security. Geht es um digitale Kundenerfahrungen, richte sich Porsche konsequent an User Journeys aus, so der CIO: "Digital Experience ist mittlerweile genauso wichtig wie das Design unserer Produkte."

Zugleich habe man eine übergreifende AI-Strategie entwickelt, die es beispielsweise ermögliche, aus dem Verhalten von Kunden beim Nutzen von Fahrzeugfunktionen zu lernen. Porsche setze künstliche Intelligenz und speziell Machine Learning aber auch in vielen anderen Bereichen ein, beispielsweise in der Entwicklung und der Produktion sowie in Finanz- und Personalabteilungen.

Digitale Leitplanken bei VW

Einen anderen Blickwinkel auf das Thema präsentierte Falk Bothe, Director Digital Transformation Office bei der Volkswagen AG. Seine Aufgabe sei es, "die Leitplanken für die digitale Transformation des Volkswagen-Konzerns" zu setzen. Die Anforderungen der Kunden hätten sich grundlegend verändert, so der Manager. Daraus ergäben sich für Volkswagen ganz neue Herausforderungen: "Wir müssen ein Ökosystem aufbauen, das Mobilität auf Nachfrage bereitstellt, ergänzt durch ein breites Spektrum unterschiedlichster Services."

Vor einigen Jahren habe man die zentrale Position eines Chief Digital Officers (CDO) etabliert, spielte Bothe auf Johann Jungwirth an, der Mitte 2018 seinen Posten abgeben musste und inzwischen für Volkswagen in den USA arbeitet. Nun aber gehe es darum, die Verantwortung für die digitale Transformation in die Fachbereiche zu bringen. Inzwischen gebe es in jedem funktionalen Bereich und in jeder Volkswagen-Marke Digital-Verantwortliche.

Erfolgsentscheidend ist aus Bothes Sicht, ein gemeinsames Verständnis über die Bedeutung der digitalen Transformation zu entwickeln. Dazu müsse man die richtigen Menschen an Bord haben, eine gemeinsame Sprache sprechen und Technologiepotenziale ausschöpfen.

Letzteres will Volkswagen auch mit Unterstützung von Amazon angehen. Erst kürzlich haben die Unternehmen angekündigt, die Vernetzung der VW-Fabriken und die Digitalisierung der Lieferketten gemeinsam anzugehen. Mit dem Partner Microsoft arbeitet der Konzern zudem an der Volkswagen Automotive Cloud.

BMW bald komplett agil

Elektrisch, vernetzt und autonom - so sieht auch BMW das Automobil der Zukunft. Die Erfolgsformel für den notwendigen Wandel in der IT folgt dem Motto "100% agile". CIO Klaus Straub hat seine IT-Organisation dafür komplett neu aufgestellt: durchgehend agil und tief integriert mit dem Business.

BMW-CIO Klaus Straub: "Wir haben es mit ganz neuen Mitbewerbern zu tun, die in unser Geschäft eindringen. Und die arbeiten zu 100 Prozent agil."
Foto: IDG / Foto Vogt

Den Kritikern eines derart radikalen Umbaus - und damit auch all jenen, die das Konzept einer Bimodal IT verteidigen - hielt Straub auf dem automotiveIT Kongress entgegen: "Wir haben es mit ganz neuen Mitbewerbern zu tun, die in unser Geschäft eindringen. Und die arbeiten zu 100 Prozent agil." Er meine damit nicht Daimler, Audi oder Porsche sondern beispielsweise Microsoft und Google. Ohne agile Methoden könne man das Potenzial neuer Technologien wie Blockchain oder Analytics zudem gar nicht ausschöpfen.

BMW befinde sich mitten in der Implementierungsphase der Agile-Strategie und sehe erste Erfolge, berichtete der CIO. So sei etwa ein gemeinsames Framework und ein Agile Working Model für alle Teams in der BMW Group IT entstanden. Straub ist sich sicher: "In drei Jahren wird das kein Thema mehr sein. Dann haben wir die Strategie umgesetzt."

Die Top-CIOs der Automobil-Branche
Falko Morlock
Seit 1. September 2023 ist Falko Morlock CIO des schwäbischen Maschinen- und Anlagenbauers Dürr AG.
Alexander Buresch
Alexander Buresch ist seit Januar 2020 CIO des bayerischen Automobilkonzerns. Ein Foto des Managers hat BMW bislang noch nicht veröffentlicht. Der Wirtschaftswissenschaftler ist seit mehr als 20 Jahren für BMW tätig und war zuletzt Vice President Corporate Strategy and Planning.
Mattias Ulbrich
Mattias Ulbrich ist seit 1. September 2018 CIO beim Automobilbauer Porsche. Ulbrich übernahm die Verantwortung für die IT in der Produktion des VW-Konzerns. Zum 1. Februar 2012 hatte Ulbrich die IT-Verantwortung (CIO) bei der Audi AG übernommen.
Hauke Stars
Seit Februar 2022 ist Hauke Stars IT-Vorständin und Chief Information Officer bei Volkswagen.
Katrin Lehmann
Als CIO der Mercedes-Benz Group AG und der Mercedes-Benz AG verantwortet Katrin Lehmann die globale IT für alle Geschäftsbereiche, Marken und Märkte und berichtet direkt an den CEO.
Jürgen Sturm
Jürgen Sturm ist seit Januar 2015 Informatikleiter beim Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen. Sturm ist promovierter Ingenieur und kommt von der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH. Sturm war vor seiner BSH-Zeit zwischen 1999 und 2003 Bereichsleiter Organisation, Prozesse und Informationssysteme bei der Grundig AG.
Volker Schwarz
Der langjährige Rheinmetall-CIO Volker Schwarz ist seit Januar 2024 CIO beim Automobilzulieferer GKN Automotive.
Frank Loydl
CIO der Audi AG und damit Nachfolger des bisherigen CIO Mattias Ulbrich ist seit Februar 2018 Frank Loydl. Seit 2016 verantwortete er im Konzern die Software-Entwicklung. Ab 2009 war er bei T-Systems das Delivery Management für den Kunden Volkswagen AG zuständig. Diese Aufgabe übernahm Loydl 2013 schließlich direkt für den Automobilkonzern.
Sven Lorenz
Der langjährige Porsche-CIO Sven Lorenz ist Konzern-CPO bei Volkswagen. Bei der Kür zum CIO des Jahres 2006 schaffte es Sven Lorenz auf den zweiten Platz.
Martin Hofmann
Martin Hofmann tritt zum 1. Mai 2023 seinen neuen Posten als CTO und CIO bei Volta Trucks an. Zuvor war er drei Jahre als Senior Vice President bei Salesforce und über 19 Jahre bei Volkswagen, dort zuletzt als Group CIO.
Alexander Eisl
Der ehemalige MAN-Manager Alexander Eisl hat am 1. Oktober 2022 die Nachfolge von Skoda-CIO Klaus Blüm angetreten, der zu VW gewechselt ist.
Christian Eigler
Seit Januar 2016 ist Christian Eigler Continental Corporate CIO und trägt die Verantwortung für die IT bei Continental. Von Januar 2012 bis Dezember 2015 war Eigler Continental Automotive CIO. Elisabeth Hoeflich ging nach fast 30 Jahren im Unternehmen in den Ruhestand.
Michael Hilzinger
Michael Hilzinger ist seit Juli 2019 CIO beim Bremsen-Spezialisten Knorr-Bremse in München. Er war zuvor Group CIO beim Stahlhändler Klöckner in Duisburg.
Markus Bentele
Markus Bentele ist seit Januar 2017 Vice President Information Technology (VP)/Group CIO beim Automobilzulieferer Mahle International GmbH in Stuttgart. Zuvor war Bentele Corporate CIO der Rheinmetall AG.
Christian Ley
Christian Ley leitet seit 2006 den Bereich Informationssysteme Brose Gruppe. In dieser Funktion verantwortet er den Ausbau der IT-Lösungen im Kontext der Unternehmensstrategie. Ley begann 1995 als Diplom Betriebswirt (FH) als Trainee in der Brose Gruppe und wechselte anschließend als DV-Koordinator in die zentrale Anwendungsentwicklung. Dort übernahm er 1999 die Teamleitung für PPS- und QM-Systeme und anschließend die Leitung der Zentralabteilung „logistische Anwendungssysteme“. In dieser Funktion war er bis 2006 weltweit für zahlreiche SAP-Implementierungsprojekte verantwortlich.
André Wehner
Am 1. Juni 2021 hat André Wehner den CIO-Posten bei MAN Truck & Bus übernommen. Als IT-Chef verantwortet Wehner die weltweite IT des Nutzfahrzeugherstellers. Dazu zählen auch Produktionswerke, Logistikzentren und die eigenen Landesvertriebsgesellschaften. Sein Vorgänger Stephan Fingerling geht als Geschäftsführer zur Group IT Services GmbH, der IT-Tochter der Volkswagen Gruppe. Vor seinem Wechsel zum Münchner Nutzfahrzeughersteller war Wehner CDO bei Skoda Auto. In der neu geschaffenen Stelle kümmerte er sich dort seit 2016 um Unternehmensentwicklung und Digitalisierung.
Maik Krüger
Am 1. April trat Maik Krüger die Position des CIO bei Dräxlmaier an. Der studierte Wirtschaftsinformatiker war jahrelang in führenden IT-Positionen bei BMW tätig.
Sebastian Stoll
Seit 1. Juni 2021 ist Sebastian Stoll CIO und Group Vice President IT der FEV Gruppe. Er hat den Posten von Andreas Engels übernommen, der beim Kölner Compliance-Startup Kerberos eingestiegen ist. Stoll berichtet an CFO Jürgen Koopsingraven. Neben der Einführung von SAP S/4 Hana will Stoll die IT in die Cloud verlagern und die Security verbessern.
Saskia Kohlhaas
Saskia Kohlhaas ist seit November 2021 Senior Vice President Information Technology beim Engineering-Dienstleister der Automobilindustrie IAV.
Thomas Külpp
Seit August 2017 ist Thomas Külpp neuer CIO beim Autobauer Opel Automobile GmbH in Rüsselsheim. Zuvor war er bei Opel Director Sales & Marketing. Külpp hat Maschinenbau an der University of Applied Sciences in Wiesbaden studiert und als Diplom-Ingenieur abgeschlossen. Er arbeitet bereits seit 27 Jahren in verschiedenen Positionen bei Opel.
Marcus Claesson
Marcus Claesson ist CIO bei Daimler Truck. Er berichtet an den Vorstand für Finanzen und Controlling, Jochen Goetz. Darüber hinaus verantwortet Marcus Claesson die Connectivity Services innerhalb der Daimler Truck AG. Er ist seit 2017 im Unternehmen. Zuvor war Claesson CIO bei Electrolux AB.
Uwe Kühne
Uwe Kühne ist seit 2017 CIO bei GF Casting Solutions, einer Division des Georg Fischer Konzerns. Er fing 2004 bei der Georg Fischer Automobilguss GmbH als Systemanalytiker an und war zuletzt bis Ende 2016 als Head IT Operational Services bei GF Automotive für die Erbringung zentraler IT Infrastrukturleistungen verantwortlich. Auf seiner Agenda stehen die strategische Neuausrichtung der zentralen IT-Organisation, die Vorbereitung auf SAP S4/HANA, die Verlagerung zentraler IT Dienste in die Cloud sowie die Verbindung zwischen klassischer IT und Automations-Bereichen („i4.0“). GF Casting Solutions ist eine von drei Divisionen der Georg Fischer AG, ein börsennotiertes Unternehmen mit Hauptsitz in Schaffhausen, Schweiz. Das 1802 gegründete Industrieunternehmen betreibt in 33 Ländern 131 Gesellschaften, davon 51 Produktionsstätten.
Felix Willing
Felix Willing ist seit Januar 2018 Leiter des Bereichs Information Management beim Automobilzulieferer Hella GmbH & Co. KGaA im nordrhein-westfälischen Lippstadt. In dieser Position fungiert er zugleich als CIO für den globalen Hella Konzern. Zuletzt war er CIO beim Windturbinenbauer Nordex Acciona Windpower AG in Hamburg.
Bernd Süßmann
Bernd Süßmann ist seit September 2018 Head of Corporate IT bei der SAS Automotive in Karlsruhe, einem Joint Venture zwischen Continental and Faurecia. Er trägt dort die Gesamtverantwortung für die IT, führt dabei 80 Mitarbeiter und berichtet an den CFO des Unternehmens, Ekkehard Klautke.
Bernhard Pluhatsch
Bernhard Pluhatsch ist seit Oktober 2018 neuer Head of IT, Transmission Systems bei Magna Powertrain Transmission Systems (MPT TS) in Untergruppenbach bei Heilbronn. Er kommt von der Nürnberger Leoni AG, wo er von 2002 bis 2018 Vice President IT Infrastruktur war.
Michael Simon
Michael Simon (56) ist seit 1. Juli 2019 der Leiter Zentral IT und CIO der Volkswagen Retail Group. Er berichtet an die Geschäftsführung. Zuvor war der studierte Informatiker seit 2015 Leiter IT bei der Weiss Umwelttechnik GmbH. Insgesamt bringt er Erfahrung aus drei Jahrzehnten als Fach- und Führungskraft in der IT mit, unter anderem bei der Salzgitter AG Group.
Simon Blankenstein
Seit Oktober 2022 verantwortet Blankenstein als CIO die IT der Huf Group. Er berichtet an CFO Rainer Heupel. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört der weltweite Rollout von SAP S/4 HANA.
Tommy Andreasen
Nach der Fusion von MAN Diesel und MAN Turbo wurde Tommy Andreasen, vorher CIO von MAN Diesel, Anfang 2010 CIO der neu geschaffenen MAN Diesel & Turbo Gruppe. In den vergangenen 20 Jahren übernahm Tommy Andreasen innerhalb der MAN Diesel Gruppe verschiedene Management Positionen, schwerpunktmäßig im Bereich Finanzen und Controlling. Im Jahr 2000 wurde er Head of Information Technology bei MAN Diesel in Dänemark und entwickelte und führte eine neue IT-Strategie ein. 2006 wurde er dann CIO des gesamten MAN Diesel Konzerns.