Philanthroph und Milliardär

Bill Gates mahnt zu kreativen Lösungen in der Flüchtlingskrise

24.02.2016
Der reichste Mann der Welt ist auch einer der wohltätigsten. Rund 30 Milliarden Dollar hat Bill Gates gemeinsam mit seiner Frau Melinda gespendet. Angesichts globaler Probleme wie der Flüchtlingskrise müssten sich gerade junge Menschen noch mehr einsetzen, fordern sie.
Mit viel Geld setzen sich Bill und Melinda Gates gegen Armut und Krankheiten ein. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur in einem New Yorker Hotel wünscht sich das Paar noch mehr Engagement junger Menschen und konstruktive Lösungen für die Flüchtlingskrise - und lobt Angela Merkel.
Mit viel Geld setzen sich Bill und Melinda Gates gegen Armut und Krankheiten ein. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur in einem New Yorker Hotel wünscht sich das Paar noch mehr Engagement junger Menschen und konstruktive Lösungen für die Flüchtlingskrise - und lobt Angela Merkel.
Foto: JStone - shutterstock.com

Geht die Generation von Internet und Social Media globale Probleme anders an?

Bill Gates: Das hoffen wir, denn wir haben globale Probleme. So etwas wie der Klimawandel erfordert, dass nicht nur einzelne Länder, sondern alle Länder ihre Energiesysteme verändern - und das ist ganz schön gewaltig. Man braucht also Menschen, die langfristig denken und sich nicht nur um ihr Land, sondern auch um die Menschheit Gedanken machen. Die neue Generation reist zwar mehr und weiß mehr, aber ich würde mir insgesamt noch mehr Engagement von ihnen wünschen.

Wie soll man junge Menschen zu mehr Engagement bewegen, wenn die Probleme so überwältigend scheinen?

Bill Gates: Die Krisen machen deutlich, dass es uns aus moralischer Sicht interessieren sollte, was Menschen weit weg von uns passiert und dass es uns auch betreffen wird. Wenn die Menschen in Afrika ihre Felder nicht mehr ausreichend bestellen können, müssen sie Flüchtlinge werden - und das wären dann so viele, dass selbst das jetzige Problem dagegen klein erscheinen würde. Dann brauchen wir Kreativität: Was sollten diese Flüchtlinge machen? Könnten die Kinder mit ihren Internet-Fähigkeiten Sprachen lernen? Welche Jobs könnten sie übernehmen, wie könnten wir uns organisieren? Das letzte Mal, als wir so eine Krise hatten, hatten wir solche Hilfsmittel noch nicht.

Wie sehen Sie Angela Merkes Rolle in der Flüchtlingskrise?

Bill Gates: Sicherzustellen, dass die Flüchtlinge gut behandelt werden und die Gesellschaft nicht zerrissen wird - das ist ein komplizierter Balance-Akt. Allgemein wurde ihre Aussage, dass sie helfen will, sehr positiv angesehen. Im Libanon, Jordanien oder der Türkei gibt es ja viel mehr Flüchtlinge, ein gewaltiger Anteil an der Bevölkerung. Ich will die Zahl in Europa überhaupt nicht kleinreden, besonders weil ja einige wenige Länder wie Deutschland, die Niederlande, Schweden oder Österreich die Hauptlast tragen.

Aber es ist nicht annähernd so dramatisch wie in der Region um Syrien herum und dann natürlich in Syrien selbst. Mit einer konstruktiven Herangehensweise sollte überlegt werden, wie man die Flüchtlinge in Europa und der Region um Syrien organisieren und ihnen besser helfen kann.

Melinda Gates: Was Kanzlerin Merkel sehr gut gemacht hat, ist, dass sie gemeinsam mit anderen Staats- und Regierungschefs nach vorne geschaut hat. Wie können wir den Menschen in ihren Ländern helfen, mit ihrem Gesundheitssystem, mit Bildung und anderem, damit - wenn es keinen Konflikt gibt - sie gar nicht erst wegziehen?

Bill Gates: Ja, wir dürfen auf gar keinen Fall diese langfristigen Investitionen unterbrechen, während wir jetzt diese Krise angehen.

Was können Philanthropisten wie Sie überhaupt ausrichten?

Bill Gates: Wir arbeiten mit vielen Hilfsprogrammen reicher Länder wie den USA, Deutschland und Großbritannien sehr eng zusammen. Der einzige Bereich, wo wir ziemlich auf uns alleine gestellt sind, ist die langfristige Forschung, für einen Impfstoff gegen Malaria und HIV zum Beispiel. Das machen weitgehend wir. Regierungen, außer der der USA, sind da eher nicht so forschungsorientiert.

Sie raten Schülern große Träume zu haben. Was waren Ihre Träume, als Sie noch Schüler waren?

Bill Gates: Ich hatte Glück, dass ich schon mit 13 Zugang zu einem Computer hatte, auch wenn man sich da über das Telefon einwählen musste und das alles sehr limitiert war. Zuerst war es ein Hobby und später das einzige, woran ich arbeiten wollte. Also war ich schon relativ jung relativ besessen von der Sache, die mein Lebenswerk werden würde.

Melinda Gates: Ich wollte auch schon immer in der Computerbranche arbeiten und hatte Glück, dass sie an meiner Mädchenschule sehr früh Computer eingeführt haben. Dann habe ich Informatik studiert und bin für meinen Job bei MicrosoftMicrosoft auf die andere Seite des Landes gezogen. Aber ich wusste auch schon immer, dass ich Familie haben will. Alles zu Microsoft auf CIO.de

Vor rund 20 Jahren haben Sie Windows 95 herausgebracht. Wie haben Sie sich damals die Welt vorgestellt - und wo lagen sie falsch?

Bill Gates: Ich habe damals sogar Reden gehalten darüber, wie großartig das eines Tages werden würde mit Handys und Tablet-Computern. Also waren meine Prognosen eigentlich ziemlich gut. Leider ist der Anteil von Microsoft an einigen dieser Dinge nicht so hoch, wie ich mir das damals wahrscheinlich erhofft hatte. Bei anderen Sachen wie der Robotertechnik sind wir noch nicht so weit, wie ich damals dachte.

Melinda Gates: Als ich das erste Mal in Kenia war, habe ich gesehen, dass viele Menschen dort Geld digital mit ihren Handys benutzen, genau wie es Bill vorhergesagt hatte. Wir sehen das jetzt auch in anderen Ländern - Uganda, Tansania, den Philippinen - und es macht einen riesigen Unterschied. Männer, die in der Stadt arbeiten, können so zum Beispiel ihren Frauen auf dem Land über das Handy Geld schicken, oder Frauen können jeden Tag einen Dollar für die Schulgebühren sparen - schließlich haben 80 Prozent der Menschen in Entwicklungsländern keinen Zugang zu einer Bank.

Windows 95 hat die Arbeitswelt revolutioniert. Wie wird sich diese Welt weiter entwickeln und sind Frauen diesmal die Gewinner?

Melinda Gates: Absolut. Wir sehen immer mehr Frauen in der Arbeitswelt. Und wir müssen auch die unbezahlte Arbeit zu Hause endlich als Arbeit bezeichnen. Sogar in so fortgeschrittenen Ländern wie Skandinavien machen Frauen immer noch 45 Minuten pro Tag länger Arbeiten im Haushalt als Männer. Wir müssen die Aufgaben umverteilen, damit Frauen besser an der Arbeitswelt draußen teilnehmen können.

Bill Gates: In 10 Jahren wird die Veränderung wahrscheinlich noch nicht so dramatisch sein, aber in 20 werden viele einfache Jobs von Robotern gemacht werden. Das geht so schnell, dass man sich innerhalb einer Lebenszeit daran gewöhnen muss, nicht innerhalb von Generationen - und das ist eine Herausforderung. Aber insgesamt wird es uns helfen, produktiver zu sein.

Wen sähen Sie gerne als neuen US-Präsidenten - und wieviel Angst macht Ihnen Donald Trump?

Melinda Gates: Wir sprechen nie darüber, wen wir wählen.

Bill Gates: Wir setzen uns für Engagement für die internationale Gemeinschaft und Großzügigkeit ein. Und da gab es sowohl Republikaner als auch Demokraten, die dafür standen. Was diesmal alles so gesagt wurde, hat uns natürlich fasziniert - hoffentlich geht es gut aus.

Zur Person
Mit einem Vermögen von geschätzten 75,7 Milliarden Dollar ist Bill Gates (60), der Gründer der Computerfirma Microsoft, der reichste Mann der Welt und das schon seit Jahren. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Melinda (51), die einst ebenfalls bei Microsoft arbeitete, hat er eine Stiftung gegründet und darüber schon fast 30 Milliarden im Kampf gegen Armut und Krankheiten gespendet. Das Paar hat drei Kinder und lebt in der Nähe von Seattle. (dpa/rs)

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