Synergien nutzen

Generationenübergreifend Arbeiten: Fluch oder Segen?



Tanja Hilpert ist seit Januar 2022 als Regional Vice President, DACH bei Zendesk. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der IT-Branche ist sie fest davon überzeugt, dass die Grundlage für alle erfolgreichen Unternehmen die Menschen sind, die diesen Erfolg, die Kultur und die Werte schaffen. Tanja Hilpert kam von Securitas Deutschland zu Zendesk, wo sie als Head of Solutions tätig war. Davor war sie als Regional Vice President Retail bei Salesforce beschäftigt.
Häufig schimpfen die Baby Boomer über die Generation Z und umgekehrt. Dennoch geht es darum, so miteinander zu arbeiten, dass alle Generationen voneinander profitieren.
Ein älterer Mitarbeiter erklärt seinem jüngeren Kollegen etwas am PC.
Ein älterer Mitarbeiter erklärt seinem jüngeren Kollegen etwas am PC.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Unser Alter ist eine der Dimensionen im Diversity-Kreis. Neben Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung und mentalen sowie geistigen Fähigkeiten gehört unser biologisches Alter zum inneren Zirkel. Vielen ist das gar nicht bewusst und ein Großteil denkt bei dem Thema Diversity ausschließlich an das Geschlecht und daran, dass Frauen in den meisten Bereichen unterrepräsentiert sind.

Dabei ist Diversity so viel mehr, und Diskriminierung - egal ob aufgrund des Geschlechts, der Herkunft, der Religion oder des Alters - sollte nicht passieren. Unser Lebensalter ist auch eine der Dimensionen, die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verankert sind. Das bedeutet: Wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer augrund des biologischen Alters benachteiligt wird, kann sie oder er dagegen klagen. Und trotzdem tun es nur wenige. Der Weg bis hin zur Entschädigung ist oft zu lang und steinig.

Vorurteile abbauen hat Priorität

Generationsübergreifend arbeiten bedeutet Vorurteile abzubauen beziehungsweise gar nicht erst entstehen zu lassen. Es gilt, unterschiedliche Altersgruppen so zusammenzubringen und zu führen, dass Synergieeffekte entstehen.

So zu sehen im Film The Intern: Robert De Niro als 70-jähriger Senior-Praktikant wird zunächst belächelt. Dann spielt er sich aber aufgrund seiner warmherzigen und erfahrenen Art in die Herzen seiner Kolleginnen und Kollegen und wird besonders für die junge Geschäftsführerin eine wichtige Stütze. Was ihn ausmacht: Er spürt die Vorurteile der anderen, aber anstatt geknickt das Handtuch zu werfen, überzeugt er von seinen Qualitäten, mit denen Jüngere nicht mithalten können. Eine Resilienz, die gerade in Zeiten wie diesen immer größere Bedeutung einnimmt.

Lesetipp: Was stärkt die Resilienz?

Synergien zwischen Generationen nutzen ist unabdingbar

Laut Statistischem Bundesamt sind mehr als ein Drittel der deutschen Angestellten 50 Jahre und älter. Das Durchschnittsalter stieg von 38,6 Jahren im Jahr 2000 auf 42,4 Jahre im Jahr 2020. Das heißt, wir müssen unsere Arbeitsweise einer immer älter werdenden Arbeitnehmerschaft anpassen.

Eine neue AlterskulturAlterskultur erfordert auch eine neue Unternehmenskultur. Diese sollte den Fokus haben, Vorurteile abzubauen und eine gesunde Mischung aus Generationen zu schaffen, die voneinander profitieren kann. Alles zu Personalführung auf CIO.de

Ein wichtiger Aspekt in der gesamten Diskussion ist auch der Fachkräftemangel, der in Deutschland immer prekärer wird. Im Ringen um Fachkräfte geht es in erster Linie um fachliche Kompetenz, Jung und Alt sind gefragt. Daher kann es sich kein Unternehmen leisten, eine Altersgruppe zu bevorzugen. Vielmehr müssen sich Firmen attraktiv für alle Altersgruppen aufstellen.

Klar schmunzelt Generation Z, wenn sich die Baby Boomer mit der Nutzung neuer Medien schwertun. Gleichzeitig meckert die ältere Generation, wenn die jüngere Generation selbstbewusst auf ihren Feierabend besteht, anstatt Überstunden zu schieben. Das wird vermutlich immer so bleiben.

Lesetipp: Baby Boomer und Gen Z noch kein Dreamteam

Aber trotzdem: Nur weil es die ältere Generation anders gelernt hat und noch nicht den Mut hatte, gegen Überstunden oder zu viel Arbeit zu rebellieren, muss das nicht der richtige Weg sein. Vielleicht könnte sie sich eher etwas abgucken und ihre Work Life Balance besser pflegen, um auch noch bis ins Rentenalter fit im Job zu bleiben.

Die junge Generation auf der anderen Seite sollte sich den Erfahrungs- und Wissensvorsprung der älteren Kolleginnen und Kollegen zunutze machen. Im Gegenzug kann sie der älteren Generation zum Beispiel die Vorteile von innovativen Apps näherbringen. Gleichzeitig könnte sie auch überlegen, ob Sachverhalte in einem kurzen Telefonat (wie es die ältere Generation noch tut) nicht schneller geklärt sind als in 20 WhatsApps oder Slacks. Ein Wissensaustausch sollte ganzheitlich in beide Richtungen stattfinden.

Gleichzeitig sollte nicht vergessen werden: Die ältere Generation ist quasi dazu verpflichtet, ihre Erfahrung an Jüngere weiterzugeben und sie somit auf ihrem Karriereweg zu unterstützen. Die Baby Boomer hatten schon mehr Zeit, sich in Resilienz zu trainieren, da sie schon mehrere Wirtschaftskrisen überstanden haben und einen anderen Blickwinkel einnehmen können.

Gefühltes Alter liegt inzwischen unter dem biologischen

Ältere Menschen heute leben anders als ihre Vorgängergeneration und fühlen sich oft jünger als sie sind. Erhebungen zeigen, dass das gefühlte Alter zwischen 10 und 20 Jahren unter dem biologischen liegt.

Durch unsere medizinischen Fortschritte erreichen Menschen heute immer öfter ein hohes Alter bei kaum eingeschränkter Gesundheit. Auch das muss in Entscheidungen einbezogen werden, wenn Unternehmen geneigt sind, eine Generation zum "alten Eisen" zu zählen - mit dem Vorurteil, die jüngere Generation sei energetischer.

Plattformen und Austauschprogramme können Brücken bauen

Und wenn der Austausch zwischen Jung und Alt nicht von allein funktioniert, helfen Austauschprogramme, bei denen nicht nur alle Generationen voneinander lernen, sondern auch noch gemeinsam Spaß haben. Das kann zum Beispiel ein Mentoren-Progamm sein, bei dem man sich gegenseitig unterstützt. Traditionell begleiten die Älteren die Jüngeren, aber es funktioniert in beide Richtungen. Warum nicht mal andersherum probieren, so dass die Jüngeren den Älteren neue Denkweisen mit auf den Weg geben.

Eine weitere wichtige Plattform auf dem Weg zur erfolgreichen generationsübergreifenden Arbeit sind Employee Communities (ECs). Sie organisieren sich in Altersgruppen, die einer Minderheit angehören, und tauschen sich in regelmäßigen Abständen über ihre Bedürfnisse und Ideen aus. Dabei eruieren sie neue Konzepte, um generationsübergreifend arbeiten zu können.

Lesetipp: 8 Tipps, wie Unternehmen divers und inklusiv werden

Fest steht: Am meisten lernen wir von Menschen, die unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben und anders denken! Und nicht vergessen: Wir werden alle alt - wenn wir Glück haben. (bw)

Zur Startseite