Retail IT


Otto Group

Inkasso ... find' ich gut

31.07.2013
Von Henryk Hielscher

Expansion im Ausland

Damals sorgte vor allem das Geschäft mit säumigen Otto-Kunden für Umsatz. Als bei dem Versandimperium Anfang der Siebzigerjahre das konzerneigene Mahnwesen immer mehr Kräfte band, wurde ein Teil der Rechtsabteilung outgesourct und durfte sich fortan ausschließlich um das Inkasso kümmern - der Vorläufer von EOS war gegründet. Inzwischen managt das Unternehmen "rund zehn Millionen Einzelforderungen in Deutschland, weltweit dürften es etwa 30 Millionen sein", sagt Scherer. "Nach Umsatz sind wir Deutschlands größter Inkasso-Anbieter."

Der Mutterkonzern spielt bei den Hamburger Rechnungslegern nur noch eine Nebenrolle. Zwar sei die Otto-Gruppe mit einem Umsatzanteil von rund acht Prozent noch immer EOS’ größter Einzelkunde, sagt Scherer, "dominiert aber nicht unser Geschäft". In den kommenden Jahren dürfte die Otto-Quote weiter sinken.

Zum einen expandiert EOS vor allem jenseits der deutschen Grenzen und fern des Versandgeschäfts. Zum anderen sei die Risikosteuerung im Neukundengeschäft von Otto "exzellent", lobt Scherer, es komme also schlicht zu weniger Ausfällen. Zudem verfügt die Versandsparte über ein eigenes Mahn- und Datensystem, das zum Einsatz kommt, bevor die EOS-Inkassotruppe beauftragt wird. "Dass EOS und Otto etwas miteinander zu tun haben, sehen Sie als Kunde erst, wenn Sie Ihre Rechnung lange Zeit nicht bezahlen", sagt Scherer.

26. November 2012: Zwei Monate nach der Bestellung trudelt die erste Mahnung ein. "Ist Ihnen etwas dazwischen gekommen?", fragt Otto besorgt. "Heften Sie Ihre Otto-Kontoauszüge am besten immer ab." Der Ordnungstipp kostet sieben Euro Mahngebühr. Ein paar Tage später trifft wieder Post aus Hamburg ein: "Nutzen Sie Ihre Chance", den Rückstand auszugleichen, empfiehlt der Versandhändler und lässt die Rechnung auf 92,94 Euro steigen. Im Januar wird der Ton rauer: "Sie wissen: Seit längerer Zeit ist Ihr Konto im Rückstand." Am 18. Februar 2013 um 9.20 Uhr klingelt mein Handy: "Ich rufe vom Otto-Versand an", flötet Frau L. ins Telefon. Es gehe um die offene Rechnung über 113,74 Euro. "Wir wollen Ihnen eine Ratenzahlung anbieten." Mit mindestens 25 Euro pro Monat soll ich meine Schulden abstottern. Ansonsten gehe die Forderung im März zum Inkassodienst. "Das würde ich Ihnen gerne ersparen", fügt Frau L. hinzu.

Jenseits des Otto-Konzerns zählen VersicherungenVersicherungen und Telefonanbieter, Autofinanzierer und Stromversorger zu den rund 20.000 Kunden von EOS. So lassen etwa der Energiedienstleister Techem und der Gaslieferant Linde Außenstände über den Hamburger Inkassodienstleister eintreiben. Top-Firmen der Branche Versicherungen

Außerdem kauft EOS ganze Forderungspakete wie Konsumentenkredite von BankenBanken oder anderen Großgläubigern auf, um diese auf eigene Rechnung zu verwerten - nicht nur in Deutschland. Vor allem in krisengeplagten Ländern wie Spanien und Griechenland verkauften Finanzinstitute in den vergangenen Monaten in großem Stil Forderungen an EOS. Top-Firmen der Branche Banken

Das Kalkül hinter dem Factoring genannten Geschäftsmodell: Der Verkäufer bekommt schnell Liquidität, vermeidet das Risiko von Zahlungsausfällen und erspart sich Ärger mit säumigen Kunden. Dafür verzichtet er auf einen Teil der Forderungssumme. Entsprechend steigt seit Jahren in allen Branchen das Interesse an Inkasso- und Factoringdienstleistungen.

Selbst Klinikchefs und Chirurgen geben Rechnungen für kostspielige Behandlungen in die Hände externer Dienstleister. EOS mischt im Gesundheitsinkasso über die Tochter Health AG mit. Zahnärzte, die Rechnungen für Brücken und Kronen hinterherlaufen, können ihre Forderungen ebenso an das Unternehmen abtreten wie Chiropraktiker, die um Honorare bangen.

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