Strategiewechsel

CIO Hilzinger löst bei Knorr die Bremse

23.02.2022 von Wolfgang Herrmann
Michael Hilzinger, CIO der Knorr-Bremse AG, verzahnt die IT enger mit dem Business und setzt dabei konsequent auf Cloud-Plattformen.
"Seit 2021 gilt die Devise Cloud-first, in Zukunft wird daraus Cloud-only", sagt Michael Hilzinger, CIO der Knorr-Bremse AG.
Foto: cio.de

"Es geht nicht darum, überall besonders coole Technologien einzuführen", sagt Michael Hilzinger über seine IT-Strategie. "Entscheidend sind die Effekte für das Business. Und die müssen messbar sein." Als er im Juli 2019 vom Klöckner-Konzern zu Knorr-Bremse wechselte, erwartete der neue Arbeitgeber eine IT-Transformation von ihm. Heute sei klar: "Diese Transformation muss weit über die Technologie hinausgehen und ein starkes Organizational-Change-Management beinhalten."

Zu seinen ersten Projekten gehörte "IT Northstar", die Entwicklung einer neuen IT-Strategie. Dahinter stehe die Vision, "dass die IT zum Teil des operativen Geschäfts wird", sagt der diplomierte Volkswirt. Es galt, die IT- aus der Unternehmensstrategie der Knorr-Bremse AG abzuleiten. Das 1905 in Berlin gegründete Unternehmen, laut eigener Darstellung der weltweit führende Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge, ist heute in München ansässig. Zum Portfolio gehören auch intelligente Einstiegssysteme, Klimaanlagen, Energieversorgungssysteme, Steuerungskomponenten und Fahrerassistenzsysteme. Mit knapp 30.000 Mitarbeitern in mehr als 30 Ländern erwirtschaftete die Knorr-Bremse AG im Geschäftsjahr 2020 einen Umsatz von 6,16 Milliarden Euro.

Die Top-CIOs der Automobil-Branche
Falko Morlock
Seit 1. September 2023 ist Falko Morlock CIO des schwäbischen Maschinen- und Anlagenbauers Dürr AG.
Alexander Buresch
Alexander Buresch ist seit Januar 2020 CIO des bayerischen Automobilkonzerns. Ein Foto des Managers hat BMW bislang noch nicht veröffentlicht. Der Wirtschaftswissenschaftler ist seit mehr als 20 Jahren für BMW tätig und war zuletzt Vice President Corporate Strategy and Planning.
Mattias Ulbrich
Mattias Ulbrich ist seit 1. September 2018 CIO beim Automobilbauer Porsche. Ulbrich übernahm die Verantwortung für die IT in der Produktion des VW-Konzerns. Zum 1. Februar 2012 hatte Ulbrich die IT-Verantwortung (CIO) bei der Audi AG übernommen.
Hauke Stars
Seit Februar 2022 ist Hauke Stars IT-Vorständin und Chief Information Officer bei Volkswagen.
Katrin Lehmann
Als CIO der Mercedes-Benz Group AG und der Mercedes-Benz AG verantwortet Katrin Lehmann die globale IT für alle Geschäftsbereiche, Marken und Märkte und berichtet direkt an den CEO.
Jürgen Sturm
Jürgen Sturm ist seit Januar 2015 Informatikleiter beim Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen. Sturm ist promovierter Ingenieur und kommt von der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH. Sturm war vor seiner BSH-Zeit zwischen 1999 und 2003 Bereichsleiter Organisation, Prozesse und Informationssysteme bei der Grundig AG.
Volker Schwarz
Der langjährige Rheinmetall-CIO Volker Schwarz ist seit Januar 2024 CIO beim Automobilzulieferer GKN Automotive.
Frank Loydl
CIO der Audi AG und damit Nachfolger des bisherigen CIO Mattias Ulbrich ist seit Februar 2018 Frank Loydl. Seit 2016 verantwortete er im Konzern die Software-Entwicklung. Ab 2009 war er bei T-Systems das Delivery Management für den Kunden Volkswagen AG zuständig. Diese Aufgabe übernahm Loydl 2013 schließlich direkt für den Automobilkonzern.
Sven Lorenz
Der langjährige Porsche-CIO Sven Lorenz ist Konzern-CPO bei Volkswagen. Bei der Kür zum CIO des Jahres 2006 schaffte es Sven Lorenz auf den zweiten Platz.
Martin Hofmann
Martin Hofmann tritt zum 1. Mai 2023 seinen neuen Posten als CTO und CIO bei Volta Trucks an. Zuvor war er drei Jahre als Senior Vice President bei Salesforce und über 19 Jahre bei Volkswagen, dort zuletzt als Group CIO.
Alexander Eisl
Der ehemalige MAN-Manager Alexander Eisl hat am 1. Oktober 2022 die Nachfolge von Skoda-CIO Klaus Blüm angetreten, der zu VW gewechselt ist.
Christian Eigler
Seit Januar 2016 ist Christian Eigler Continental Corporate CIO und trägt die Verantwortung für die IT bei Continental. Von Januar 2012 bis Dezember 2015 war Eigler Continental Automotive CIO. Elisabeth Hoeflich ging nach fast 30 Jahren im Unternehmen in den Ruhestand.
Michael Hilzinger
Michael Hilzinger ist seit Juli 2019 CIO beim Bremsen-Spezialisten Knorr-Bremse in München. Er war zuvor Group CIO beim Stahlhändler Klöckner in Duisburg.
Markus Bentele
Markus Bentele ist seit Januar 2017 Vice President Information Technology (VP)/Group CIO beim Automobilzulieferer Mahle International GmbH in Stuttgart. Zuvor war Bentele Corporate CIO der Rheinmetall AG.
Christian Ley
Christian Ley leitet seit 2006 den Bereich Informationssysteme Brose Gruppe. In dieser Funktion verantwortet er den Ausbau der IT-Lösungen im Kontext der Unternehmensstrategie. Ley begann 1995 als Diplom Betriebswirt (FH) als Trainee in der Brose Gruppe und wechselte anschließend als DV-Koordinator in die zentrale Anwendungsentwicklung. Dort übernahm er 1999 die Teamleitung für PPS- und QM-Systeme und anschließend die Leitung der Zentralabteilung „logistische Anwendungssysteme“. In dieser Funktion war er bis 2006 weltweit für zahlreiche SAP-Implementierungsprojekte verantwortlich.
André Wehner
Am 1. Juni 2021 hat André Wehner den CIO-Posten bei MAN Truck & Bus übernommen. Als IT-Chef verantwortet Wehner die weltweite IT des Nutzfahrzeugherstellers. Dazu zählen auch Produktionswerke, Logistikzentren und die eigenen Landesvertriebsgesellschaften. Sein Vorgänger Stephan Fingerling geht als Geschäftsführer zur Group IT Services GmbH, der IT-Tochter der Volkswagen Gruppe. Vor seinem Wechsel zum Münchner Nutzfahrzeughersteller war Wehner CDO bei Skoda Auto. In der neu geschaffenen Stelle kümmerte er sich dort seit 2016 um Unternehmensentwicklung und Digitalisierung.
Maik Krüger
Am 1. April trat Maik Krüger die Position des CIO bei Dräxlmaier an. Der studierte Wirtschaftsinformatiker war jahrelang in führenden IT-Positionen bei BMW tätig.
Sebastian Stoll
Seit 1. Juni 2021 ist Sebastian Stoll CIO und Group Vice President IT der FEV Gruppe. Er hat den Posten von Andreas Engels übernommen, der beim Kölner Compliance-Startup Kerberos eingestiegen ist. Stoll berichtet an CFO Jürgen Koopsingraven. Neben der Einführung von SAP S/4 Hana will Stoll die IT in die Cloud verlagern und die Security verbessern.
Saskia Kohlhaas
Saskia Kohlhaas ist seit November 2021 Senior Vice President Information Technology beim Engineering-Dienstleister der Automobilindustrie IAV.
Thomas Külpp
Seit August 2017 ist Thomas Külpp neuer CIO beim Autobauer Opel Automobile GmbH in Rüsselsheim. Zuvor war er bei Opel Director Sales & Marketing. Külpp hat Maschinenbau an der University of Applied Sciences in Wiesbaden studiert und als Diplom-Ingenieur abgeschlossen. Er arbeitet bereits seit 27 Jahren in verschiedenen Positionen bei Opel.
Marcus Claesson
Marcus Claesson ist CIO bei Daimler Truck. Er berichtet an den Vorstand für Finanzen und Controlling, Jochen Goetz. Darüber hinaus verantwortet Marcus Claesson die Connectivity Services innerhalb der Daimler Truck AG. Er ist seit 2017 im Unternehmen. Zuvor war Claesson CIO bei Electrolux AB.
Uwe Kühne
Uwe Kühne ist seit 2017 CIO bei GF Casting Solutions, einer Division des Georg Fischer Konzerns. Er fing 2004 bei der Georg Fischer Automobilguss GmbH als Systemanalytiker an und war zuletzt bis Ende 2016 als Head IT Operational Services bei GF Automotive für die Erbringung zentraler IT Infrastrukturleistungen verantwortlich. Auf seiner Agenda stehen die strategische Neuausrichtung der zentralen IT-Organisation, die Vorbereitung auf SAP S4/HANA, die Verlagerung zentraler IT Dienste in die Cloud sowie die Verbindung zwischen klassischer IT und Automations-Bereichen („i4.0“). GF Casting Solutions ist eine von drei Divisionen der Georg Fischer AG, ein börsennotiertes Unternehmen mit Hauptsitz in Schaffhausen, Schweiz. Das 1802 gegründete Industrieunternehmen betreibt in 33 Ländern 131 Gesellschaften, davon 51 Produktionsstätten.
Felix Willing
Felix Willing ist seit Januar 2018 Leiter des Bereichs Information Management beim Automobilzulieferer Hella GmbH & Co. KGaA im nordrhein-westfälischen Lippstadt. In dieser Position fungiert er zugleich als CIO für den globalen Hella Konzern. Zuletzt war er CIO beim Windturbinenbauer Nordex Acciona Windpower AG in Hamburg.
Bernd Süßmann
Bernd Süßmann ist seit September 2018 Head of Corporate IT bei der SAS Automotive in Karlsruhe, einem Joint Venture zwischen Continental and Faurecia. Er trägt dort die Gesamtverantwortung für die IT, führt dabei 80 Mitarbeiter und berichtet an den CFO des Unternehmens, Ekkehard Klautke.
Bernhard Pluhatsch
Bernhard Pluhatsch ist seit Oktober 2018 neuer Head of IT, Transmission Systems bei Magna Powertrain Transmission Systems (MPT TS) in Untergruppenbach bei Heilbronn. Er kommt von der Nürnberger Leoni AG, wo er von 2002 bis 2018 Vice President IT Infrastruktur war.
Michael Simon
Michael Simon (56) ist seit 1. Juli 2019 der Leiter Zentral IT und CIO der Volkswagen Retail Group. Er berichtet an die Geschäftsführung. Zuvor war der studierte Informatiker seit 2015 Leiter IT bei der Weiss Umwelttechnik GmbH. Insgesamt bringt er Erfahrung aus drei Jahrzehnten als Fach- und Führungskraft in der IT mit, unter anderem bei der Salzgitter AG Group.
Simon Blankenstein
Seit Oktober 2022 verantwortet Blankenstein als CIO die IT der Huf Group. Er berichtet an CFO Rainer Heupel. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört der weltweite Rollout von SAP S/4 HANA.
Tommy Andreasen
Nach der Fusion von MAN Diesel und MAN Turbo wurde Tommy Andreasen, vorher CIO von MAN Diesel, Anfang 2010 CIO der neu geschaffenen MAN Diesel & Turbo Gruppe. In den vergangenen 20 Jahren übernahm Tommy Andreasen innerhalb der MAN Diesel Gruppe verschiedene Management Positionen, schwerpunktmäßig im Bereich Finanzen und Controlling. Im Jahr 2000 wurde er Head of Information Technology bei MAN Diesel in Dänemark und entwickelte und führte eine neue IT-Strategie ein. 2006 wurde er dann CIO des gesamten MAN Diesel Konzerns.

Digitalisierungsthemen wie Condition-Based Maintenance oder Robotic Process Automation (RPA) spielen für das Technologie-Unternehmen eine wachsende Rolle. Die Mission der IT dabei laute: "Enable the Business", erläutert der CIO. Die IT müsse sich zum Technologie-Partner für das operative Geschäft entwickeln und durch eine enge Verzahnung mit den Fachabteilungen die Digitalisierung von Produkten, Services und Prozessen vorantreiben. So könne sie beispielsweise dabei helfen, den aufwändigen Prozess der Garantiefallbearbeitung mithilfe von RPA zu automatisieren.

Für die IT-Northstar-Strategie definierte Hilzinger vier Kernelemente, die jeweils mit bestimmten Initiativen verbunden sind:

Im Bereich IT-Governance gehe es darum, im Sinne eines "Strategic Alignment" Abstimmungsprozesse zwischen IT und Business zu definieren, erläutert der CIO. "Business und IT sollen zusammenwachsen." Ein anderer wichtiger Aspekt sind die sogenannten "Business Managed Applications". Dahinter steckt nichts anderes als die berüchtigte Schatten-IT.

Um das Thema in den Griff zu bekommen, definiert Hilzinger Regeln und Verantwortlichkeiten und will auf diese Weise mehr Transparenz schaffen. Keine leichte Aufgabe, denn die Anwendungslandschaft von Knorr-Bremse ist historisch gewachsen und durch zahlreiche Übernahmen in den vergangenen Jahren heterogener und komplexer geworden. Unterm Strich geht es um eine niedrige dreistellige Zahl von Anwendungen dieser Kategorie, die in unterschiedlichsten Bereichen zu finden sind, vom Einkauf über die Produktion bis hin zum Vertrieb.

Von Cloud-first zu Cloud-only

Ein weiteres Kernelement der IT-Strategie ist die "Knorr-Bremse Technology Platform". Hier steht die Cloud-Transformation auf allen Ebenen im Mittelpunkt, wie Hilzinger erläutert. Man wolle weg von der hergebrachten On-premises-IT: "Seit 2021 gilt die Devise Cloud-first, in Zukunft wird daraus Cloud-only." Die Initiative werde große Auswirkungen auf IT-Organisation, Rollen und Verantwortlichkeiten haben.

Dabei setze man insbesondere auf Cloud-native-Konzepte, statt einfach nur Anwendungen per "Lift and Shift" in die Cloud zu verlagern. Hilzinger: "Deshalb ist es wichtig, dass wir alle Bereiche mitnehmen auf diese Reise." Derzeit arbeitet Knorr-Bremse hauptsächlich mit einem der großen Hyperscaler und nutzt diverse Plattformen und Services aus dessen Cloud. Auf mittlere Sicht will der CIO für bestimmte Bereiche weitere Cloud-Provider ins Boot holen.

Self-Service Analytics und Power BI bei Knorr-Bremse

Im Strategiefeld Data Integration und Analytics geht es vor allem um datengetriebene Geschäftsmodelle. Die IT stellt dafür divisionsübergreifend Backend-Infrastruktur und entsprechende Tools zur Verfügung. Ein Beispiel ist das Angebot für Condition-Based Maintenance (CBM) im Bereich Schienenfahrzeuge. Die IoT-Lösung (Internet of Things) sammelt und interpretiert Betriebsdaten von Zugsystemen wie Bremsen, Türen und Klimaanlagen. Sie sorgt dafür, dass notwendige Wartungsarbeiten, zum Beispiel aufgrund eines zu erwartenden Defekts, frühzeitig erkannt und erledigt werden können. Davon profitieren vor allem die Bahnbetreiber.

Die Data- und Analytics-Initiativen wirken aber auch nach innen, betont der CIO. Mit diversen Tools und Self-Service-Analytics-Angeboten trage die IT dazu bei, dass Mitarbeitende in den Fachabteilungen bessere Entscheidungen treffen können. Zum Portfolio gehört unter anderem Microsofts Analytics-Suite Power BI und SAPs Analytics Cloud, mit denen sich Geschäftsdaten analysieren und visualisieren lassen.

Last, but not least kümmert sich die IT im vierten Strategiefeld um die Konsolidierung und Modernisierung von IT-Anwendungen. "Wir wollen die Komplexität verringern und die Anzahl der Anwendungen reduzieren", sagt Hilzinger. Doch das sei erst der Anfang. Mit Blick auf die geplante S/4HANA-Migration gehe es auch darum, Prozesse unternehmensweit zu harmonisieren und zu standardisieren.

S/4HANA startet im Bereich Treasury

Die Umstellung auf das neue SAP-Kernsystem gehört zu den größten Vorhaben auf Hilzingers To-do-Liste. Er sieht darin ein "Transformationsprogramm für das gesamte operative Geschäft", das schon aufgrund der internationalen Aufstellung des Unternehmens besonders herausfordernd sei. In den zwei Divisionen für Schienen- und Nutzfahrzeuge kommt bis dato jeweils eine zentrale SAP-Instanz mit allen klassischen Modulen etwa für das Accounting, Materialwirtschaft und die komplette Supply Chain zum Einsatz.

Im Zuge der Migration will Hilzinger nicht nur Prozesse harmonisieren, sondern im Sinne eines umfassenden Change-Managements auch neue Prozesse einführen, die die veränderten Anforderungen der Fachbereiche besser abdecken. Am Ende gehe es dabei auch um Kostensenkung, räumt er ein.

Bereits abgeschlossen hat Knorr-Bremse die S/4HANA-Migration im Bereich Treasury (Finanzwesen und Risikomanagement). Das Unternehmen erhoffte sich davon unter anderem eine schlankere Systemlandschaft und mehr Automatisierung. "Wir wollten nicht zu viele Tools einsetzen und Systembrüche vermeiden", erklärt Kai Gloystein, Leiter des Bereichs, die Ausgangslage. Im Liquiditäts-Reporting der über 100 Standorte in mehr als 30 Ländern sei aufgrund der unterschiedlichen Systeme noch vieles per Hand erledigt worden. Um sich einen Überblick zu verschaffen, mussten Mitarbeitende viele einzelne Datensätze durcharbeiten und in Excel manuell aufbereiten. Allein dafür habe es nahezu eine Vollzeitstelle gebraucht.

Vor diesem Hintergrund fiel die Entscheidung, Abläufe mithilfe von S/4HANA zu verbessern und gleich die neue Technologie zu nutzen. Zwar bietet SAP für das ältere Kernsystem ECC 6.0 noch bis 2027 Wartungsdienste an. "Wir haben jedoch den Eindruck, dass SAP wesentliche Neuerungen für das Treasury in S/4HANA vorantreibt", erläutert Gloystein. Weil die Treasury-Systeme auf einer separaten SAP-Maschine laufen, habe man die S/4HANA-Migration zunächst isoliert vom Rest der Knorr-Bremse-SAP-Landschaft organisieren können. Für die übrigen SAP-Systeme hat das Unternehmen ein Vorprojekt gestartet und vorbereitende Maßnahmen eingeleitet, beispielsweise im Bereich Warehouse Management. Die unternehmensweite Migration auf das neue Kernsystem soll 2023 starten.

Knorr-Bremse: Der CIO berichtet an den CEO

Jenseits solcher Großprojekte kümmert sich ein "Process Digitalization Council" um die diversen Digitalisierungsvorhaben. Das Gremium priorisiert Projekte anhand des zu erwartenden Return on Investment (RoI) und steuert sie anschließend in den Budgetprozess ein. Neben Vertretern der zwei Divisionen Rail und Truck sitzen auch der CEO, der CIO sowie der Verantwortliche für weltweite Digitalisierungsprojekte von Knorr-Bremse im Council. Bei letzterem handele es sich laut Hilzinger aber nicht um einen klassischen Chief Digital Officer. Vielmehr bilde die Funktion eine Klammer über alle Digitalisierungsvorhaben in den Bereichen und wirke vor allem koordinierend. Hilzinger selbst berichtet in seiner CIO-Rolle direkt an den CEO Jan Mrosik.

New Work und Flexdesk im Büro

Die IT der Knorr-Bremse AG ist nicht nur für den operativen Betrieb verantwortlich, sondern unterstützt auch New-Work-Konzepte. "Nicht erst seit Beginn der Pandemie ist das ein immer wichtigeres Thema geworden", so der CIO. "Unsere Aufgabe ist es, Remote Work und Mobile Work noch skalierbarer und sicherer zu machen."

Flexdesk und New Work: Knorr-Bremse setzt auf neue Arbeitskonzepte.
Foto: Knorr-Bremse

Die organisatorischen Voraussetzungen für die neue Arbeitswelt hat das Management geschaffen. Eine Betriebsvereinbarung regelt beispielsweise, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland bis zu 40 Prozent ihrer Arbeit per Mobile Work erledigen können. In München entstand ein Gebäudekomplex mit einem Flexdesk-Konzept. Angestellte buchen ihre Arbeitsplätze online und werden von einer App zum Schreibtisch geleitet. Das Modell soll auch in anderen Büros umgesetzt werden.

Innovation Management bei Knorr-Bremse

Geht es um technische Innovationen, fährt Knorr-Bremse mehrgleisig. Im Februar 2020 gründete das Unternehmen die Entwicklungseinheit "eCUBATOR", in der das Know-how im Bereich E-Mobilität für Nutzfahrzeuge gebündelt wurde. Rund 60 interne und externe Experten arbeiten an den Standorten München und Budapest an neuen Lösungen. Ein Schwerpunkt liegt auf der zweiten Generation elektrisch angetriebener Nutzfahrzeuge, die voraussichtlich 2025 marktreif sein wird.

Ähnliche Einheiten gibt es auch in anderen Bereichen, darunter beim Tochterunternehmen Kiepe Electric, das sich mit E-Lösungen für einen emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr beschäftigt. Hilzinger, der in seiner Zeit bei Klöckner auch Geschäftsführer der Digitaltochter kloeckner.i war, sieht in solchen "integrierten Innovationseinheiten" aber nur eine von mehreren Optionen: "Jeder von uns hat die Aufgabe, Innovationen voranzutreiben, sei es in der IT oder im Business."

Hürden und Learnings

Als Hilzinger 2019 bei Knorr-Bremse antrat, fand er eine gut ausgebildete und professionelle IT-Mannschaft vor. "Durch einige 'Trainerwechsel' in der Vergangenheit gab es aber eine gewisse Verunsicherung im Team", erinnert er sich. Deshalb sei es ihm zuerst darum gegangen, Stabilität und Vertrauen zu vermitteln. Seinen Führungsstil bezeichnet er als partizipativ und kooperativ: "Das war für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu, denn nun hört der CIO erst den Experten zu, bevor er eine Entscheidung trifft."

Zu den ersten Hürden, die er nehmen musste, gehörte es, die wahrgenommene Rolle der IT als reinem Dienstleister zu verändern: "Früher galt die Devise: Das operative Geschäft bestellt und die IT muss zu günstigsten Kosten liefern." Um davon wegzukommen, sei viel Kommunikationsarbeit nötig gewesen. Hilzinger: "Als Technologie-Partner des Geschäfts muss die IT beraten und über Risiken und Nebenwirkungen von Architektur- und Softwareentscheidungen aufklären." Dazu brauche es Mut, der heute vorhanden sei.