IT-Führungskräfte

Die vier Rollen eines CIO

08.02.2016 von Martina Stauch
Mittlerweile muss ein CIO vier Rollen perfekt beherrschen, denn er ist Chief Information Officer, Chief Innovation Officer, Chief Inspiration Officer und Chief Integrity Officer in einer Person.
Ein CIO muss mehrere Rollen beherrschen.
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Eine effiziente IT gilt in vielen Unternehmen als Garant für Effizienz, Konkurrenzfähigkeit und Wachstum. Durch Ansätze wie Big Data, Business Intelligence, BYOD, Cloud Computing, SaaS, und Virtualisierung wird suggeriert, dass damit alles einfacher, schneller und billiger geht - und sogar Wettbewerbsfähigkeit und Umsatzchancen steigen. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus: Wirtschaftliche Krisen sorgen für stetig sinkende IT-Budgets.

Der Wunsch nach höherer Produktivität und Echtzeitanalysen ist ebenso alltäglich wie die Notwendigkeit zur Speicherung immer größerer Datenmengen. Die Herausforderungen an Organisationen sind immens. Auch auf CIOs kommen damit neue Aufgaben zu: Sie sind künftig nicht nur für die bloße Bereitstellung und Planung der IT-Infrastrukturen verantwortlich, sondern gestalten mit ihren Teams die Zukunft des Unternehmens maßgeblich mit.

CIOs und ihre Rolle im Unternehmen haben eine neue Evolutionsstufe erreicht und ihre Aufgaben gehen weit über die eines klassischen IT-Leiters hinaus. Sie müssen ihre Mitarbeiter künftig nicht nur managen und mit Aufgaben versorgen, sondern im stressigen Tagesgeschäft technische Neuentwicklungen vorantreiben. Dies gelingt nur durch gezielten Aufbau eines leistungsfähigen Teams, das es stetig zu formen und visionär zu führen gilt. Dabei muss ein CIO verschiedenste Rollen perfekt beherrschen, denn er ist Chief Information Officer, Chief Innovation Officer, Chief Inspiration Officer, Chief Integrity Officer in einer Person.

Die Rolle(n) des Chief Information Officer

Bis kurz nach der Jahrtausendwende bestand die Kernaufgabe eines CIO in der Planung und dem Betrieb einer stark infrastrukturgetriebenen IT. Auch heute sind Technologie-Auswahl, Auf- und Ausbau einer skalierbaren Netzwerk-Topologie,Security, Betrieb der Systeme, Bereitstellung von Daten und zugehöriger IT-Service noch immer sein Kerngeschäft. Dieses muss ein CIO aus dem Effeff beherrschen, denn es bildet die Basis für weitere wichtige Rollen, in denen er sich, sein Team und damit das Unternehmen gezielt voranbringen kann.

Beispiel aus der Praxis:Dr. Eckart Pech, der ehemalige CIO von Telefónica Deutschland hat diese Basisrolle eines CIO treffend auf den Punkt gebracht: "Es gibt zwei Determinanten, die es für eine gute Kredibilität braucht: 1) die operative Stabilität der laufenden Systeme und 2) die Lieferung von Produkten und Innovationen in der versprochenen Form in Bezug auf Zeit, Kosten und Qualität."

Um sich darüber hinaus zu einem herausragenden CIO zu entwickeln, der kontinuierlich exzellente Resultate bringt und über die Technologie in seinem Unternehmen auch Business-Mehrwerte generiert, braucht es vom Leadership-Standpunkt aus noch drei weitere Rollen, die ein CIO ausfüllen muss.

Die Rollen des CIO
Foto: Martina Stauch

Die Rolle des Chief Innovation Officer

Heutzutage wird von CIOs erwartet, dass sie Innovationen vorantreiben, um neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschaffen. Gleichzeitig sollen sie schnellere, einfachere und günstigere Methoden finden, um Prozesse und Aufgaben effizienter zu gestalten und das Unternehmen so wettbewerbsfähig zu halten. Um dies umsetzen zu können, muss der CIO sein Business, seine Branche, aber auch die neuesten Technologien außerordentlich gut kennen und dies in die Organisation hineintragen.

Damit aus Ideen Innovationen werden, muss jedoch ein Kulturwandel in der Organisation stattfinden. Damit einhergehend sind auch Innovationsprozesse in der Organisation zu installieren. Dabei sind strenge Hierarchien und zu stark regulierende Strukturen kein Nährboden für Innovationen und die dafür erforderliche Kreativität. Fördern, Motivieren und Ausprobieren sowie ein Öffnen der Organisation auch in andere Geschäftsbereiche sind gefragt.

Auch finanzielle Unterstützung und Innovationsprogramme bestimmen maßgeblich für den Erfolg neuer Ideen. In Unternehmen, in denen diese nicht vorhanden sind, sind Innovationen zum Scheitern verurteilt - oder es bleiben nur gute Ideen, die niemals umgesetzt werden können. Ein CIO muss in der Lage sein, genau diese Veränderungsprozesse gegenüber dem Management zu vertreten und aktiv voranzutreiben.

CIOs sollten sich mit dem sogenannten "Open Innovation Process" befassen. Dieser erfordert eine Öffnung in Richtung Kunde und sozialen Netzwerken mit dem Ziel, die Kreativität und vorhandenes Wissen in die eigenen Prozesse zu integrieren. Um mit neuen Ideen oder Themen experimentieren zu können, muss jedoch ein Umfeld geschaffen werden, in dem Mitarbeiter in einem bestimmten Rahmen auch Fehler machen dürfen. Diese sind nicht nur unvermeidlich, sondern können zu wichtigen Erkenntnissen führen, die zuvor möglicherweise nicht bedacht wurden. So kann sprichwörtlich aus Fehlern gelernt werden. In einer Unternehmenskultur, in der Fehler tabu sind, kann es nicht zu Innovationen kommen.

Beispiel aus der Praxis: Ricardo Diaz, Leiter IT EnBW AG, sieht Innovation als einen Prozess und hat diesen fest in seiner Organisation verankert. Er fragt sich, welche innovativen Themen es für ihn auf dem Markt gibt, welche davon relevant sind und wie er für diese ein Sponsoring bekommen kann. Dabei wird das gesamte Team aktiv miteinbezogen. Beispielsweise existieren bei EnBW sogenannte Innovationsgutscheine, über die kleine Forschungs- oder Entwicklungsgelder bereitgestellt werden.

Der Konzern fördert damit IT-Mitarbeiter, die innovative Themen vorstellen und diese vorantreiben wollen - und räumt ihnen entsprechende Freiräume ein. Des Weiteren werden regelmäßig Workshops mit Business-Partnern durchgeführt. Hierbei werden innovative Themen herausgearbeitet und dann gemeinsam mit der IT vorangetrieben.

Investitionen müssen sich natürlich lohnen. Deshalb sind eine erfolgreiche Umsetzung und die Akzeptanz bei den Mitarbeitern die wichtigsten Entscheidungskriterien. Oft ist der CIO auch derjenige, der die Innovationen als Erster einsetzt. Ricardo Diaz hat beispielsweise in seiner eigenen Organisation als Erster ein internes Social Media Tool genutzt, das nach positiven Erfahrungen nun konzernweit eingeführt werden soll.

Die Rolle des Chief Inspiration Officers

CIOs müssen inspirieren, denn nur wer diese Fähigkeit besitzt, hat auch das Talent, Menschen für ein Thema zu gewinnen und zu Höchstleistungen anzuspornen. Wenn Mitarbeiter ihren Vorgesetzten lediglich glauben, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist oder als reine Auftragsempfänger agieren, ist dies bestenfalls Motivation. Inspiration hat nur wenig mit dem Kopf zu tun, sondern mehr mit dem Herzen.

Führungskräfte, die es schaffen, ihr Team für ein gemeinsames Ziel zu inspirieren und zu motivieren, haben eine gute Chance auf eine hoch performante Mannschaft: Die Arbeitsmoral steigt, Herausforderungen werden gemeistert und Ziele erreicht. Dies schafft den Nährboden für einen langfristigen Team-Spirit. Um dies zu erreichen, sind zwei Komponenten unabdingbar: Die richtige Kommunikationsstrategie und ein gezieltes und individuelles Eingehen auf die Mitarbeiter.

Beispiel aus der Praxis: Dr. Eckart Pech hat beispielsweise eine ambitionierte und stringente Vision, die er klar und deutlich artikuliert und ebenso konsequent umsetzt. Er selbst steigt gerne auch tiefer in ein Projekt ein, um gemeinsam mit dem Team zu agieren. Wichtig ist es für ihn, sein Team weiterzuentwickeln. Er treibt dies in seiner Organisation voran, indem er herausfordernde Fragen an seine Mitarbeiter stellt, die er zudem auffordert, ständig den Status quo infrage zu stellen.

Wenn er beispielsweise fragt: "Wollen wir agile Methoden einführen und wollen wir eine kürzere Time-to-Market?", bildet er alle Mitarbeiter zum Thema "agile Methoden" aus und vertraut darauf, dass sich die meisten des Themas annehmen und entsprechende Handlungsempfehlungen umsetzen. Damit beschleunigt sich der gesamte Prozess von selbst.

Die Rolle des Chief Integrity Officer

Eine der wohl wichtigsten Führungsfähigkeiten eines CIO ist Integrität - also seine Vorbildfunktion. Gerade in der IT, wo es gilt komplexe Projekte umzusetzen oder die Business-Anforderungen auf IT-Systemen und Prozessen abzubilden, ist Integrität für den CIO ein wichtiger Faktor, um Organisation in die Zukunft zu führen. Integrität ist die Voraussetzung Einfluss auf Mitarbeiter zu nehmen - ohne sie jedoch zu manipulieren.

Wenn sie die strategische Ausrichtung des Unternehmens kennen und wissen, wie ihr CIO tickt und was er erwartet, ist er einschätzbar und schafft damit Vertrauen gegenüber dem gesamten Team. Gleichzeitig schafft er Stabilität und damit eine selbstbewusste Organisation.

Beispiel aus der Praxis: Jörg Brinkmann, CIO von Bilfinger SE, hat es durch seine stringente Strategie und Handlungsweise in seiner Organisation geschafft, das volle Vertrauen der Geschäftspartner sowie des Boards zu erlangen. Dies gelang ihm durch das Standardisieren und Homogenisieren seines IT-Bereichs - und das vor anderen Fachbereichen im Konzern. Er hat dabei über mehrere Jahre und mehrere CEOs hinweg nicht aufgegeben und mit Durchhaltevermögen und Authentizität immer wieder seine Ziele und Strategien vertreten und durchgesetzt. Eine Leistung, die er mit seiner Mannschaft durch seine Integrität und Führung erreicht hat.

Wenn das, was ich sage, und das, was ich tue, übereinstimmt, dann stimmt auch das Resultat. Das sieht auch Jörg Brinkmann so. Sein Motto lautet "Lead by example": "Ich muss vorleben, was ich sage, sonst hilft die beste Vision nichts. Dabei muss ich authentisch in meinem Tun wie auch im Umgang mit meinen Mitarbeitern sein. Was ich von meinem Team verlange, verlange ich auch von mir. Ich gebe meinem Team das Gefühl, hinter ihm zu stehen. Ich habe das 'Big Picture' und die Strategie im Blick, lasse den Mitarbeitern aber Freiheitsgrade in der Umsetzung, und das schafft Motivation."

Fazit: Integrität formt Kredibilität

Eines wird bei Führungskräften oftmals überschätzt: die Cleverness. Wer clever ist, ist meist auch intelligent: In Vorstellungsgesprächen, bei kurzfristigen Strategien oder schnell zu treffenden Entscheidungen vermögen diese Menschen zu überzeugen. Sie erkennen schnell die Stärken und Schwächen ihres Umfeldes und nutzen dies für ihre Aussagen und ihr Handeln. Und viele sind damit auch erfolgreich - meist aber nur kurzfristig. Führungskräfte sollten sich also nicht nur blenden oder gar verleiten lassen "nur clever zu sein" - CIOs, die ehrliche und ernsthafte Ziele verfolgen, zeigen dies allein durch ihr Handeln und sind sich ihres Erfolges sicher.