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Offshore in Armenien

Das Cobol-Mekka heißt Eriwan

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

Es ist nicht in erster Linie das Gehaltsgefälle, das Armenien als Offshore-Standort attraktiv macht. Seit den 50er-Jahren konzentrierte sich in Eriwan die Forschung und Entwicklung der Datenverarbeitung für Militär und Raumfahrt der Sowjetunion. Hier kopierten die armenischen IT-Experten westliche Großrechnertechnologie wie etwa die IBM-360- und -370-Linie. Bis zur Auflösung der UdSSR im Jahre 1991 sorgte ein Heer gut ausgebildeter und hochqualifizierter Experten für Cobol-, Fortran- und IBMIBM Assembler für Programmierung und Management der Host-Systeme. Das Ende der UdSSR bedeutete für die meisten IT-Experten den direkten Weg in die Arbeitslosigkeit. Alles zu IBM auf CIO.de

"Anfänglich haben wir Anzeigen geschaltet, um Host-Experten zu finden. Das sprach sich dann schnell unter den ehemaligen Kollegen herum, sodass wir letztlich mehr Bewerbungen als zu besetzende Stellen hatten", sagt Richard Bezjian, Leiter des Offshore-Centers. Etwa 50 Leute hat er jetzt unter Vertrag, die für Atos-Origin-Kunden programmieren. Entgegen der gängigen Einschätzung, dass Programmierer vor allem eines, nämlich jung, sein müssten, lässt er auf seine Senioren nichts kommen: "In der Sowjetunion gab es eine exzellente Ausbildung. Und die Leute sind so froh über den Job, dass ihre Motivation und ihr Einsatz kaum zu überbieten sind", weiß Bezjian. Bei mehr als 500 Mann-Jahren "kollektiver Mainframe-Erfahrung liege das Projekt-Know-how seiner altgedienten Truppe.

Nachwuchs nur begrenzt

Auch Lycos-Manager Seiger hat kaum Schwierigkeiten, junge Nachwuchstalente zu finden: "In der Sowjettradition gibt es hier immer noch ein hohes Potenzial an sehr gut ausgebildeten jungen Leuten, vor allem im Bereich der IT- und Ingenieurwissenschaften." Wichtiger noch: "Die Hochschulabsolventen sind hier ohne Abstriche bereit, sich für einen guten Job anzustrengen und fortzubilden. Die Motivation und das Engagement sind weit besser als alles, was ich aus anderen Near- und Offshore-Ländern kenne." Mit der Kooperation mit den Universitäten in Eriwan, Praktika für Studenten und speziellen Trainingsprogrammen stünden die Qualifikationen seiner Leute denen westeuropäischer Hochschulabsolventen in nichts nach.

Auch zum Mainframe-Team bei EGS sind inzwischen jüngere Leute gestoßen, die von dem Wissen ihrer älteren Kollegen profitieren. Für Einsteiger beginnt das GehaltGehalt bei umgerechnet etwa 350 Euro im Monat, Spitzenverdiener können mit bis zu 1400 Euro rechnen - ein Vermögen in einem Land, wo das durchschnittliche Einkommen unter 150 Euro liegt. Entsprechend begehrt sind die Arbeitsplätze in der IT-Branche. "Anders als in Deutschland und anderen Offshore-Ländern ist es in Armenien nicht schwer, junge Hochschulabgänger zu finden, die sich gern in Mainframe-Technologien einarbeiten", sagt Engelhardt. Alles zu Gehalt auf CIO.de

Für ihn sprechen auch die kulturelle Nähe des christlich geprägten Landes sowie die Erreichbarkeit - vier Flugstunden von Deutschland - für den Standort Armenien. Besonders aber beeindruckt ihn das Engagement der Mitarbeiter, das selbst nach Firmenschluss nicht endet: Die ersten sechs Programmierer haben gerade einen dreimonatigen Deutschkurs abgeschlossen, der ausschließlich in ihrer Freizeit stattfand. Um die Kommunikation mit den deutschen Auftraggebern zu verbessern, hat EGS-Geschäftsführer Bezjian eine Germanistin als Vollzeitkraft eingestellt, die ein Lernprogramm für Programmierer entwickelt hat. "Sie können ja mal versuchen, einen jungen Inder mit fundierter Ausbildung davon zu überzeugen, dass er Cobol und Deutsch lernen soll", frotzelt Engelhardt.

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