Kommando-Systeme

Gute Zuhörer

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Bei Lekkerland-Tobaccoland testen die Lagerarbeiter Spracherkennung. Ein einfaches Kommando-System versteht ihre Angaben trotz ausländischer Akzente. Das Packen geht schneller, und die Fehlerquote sinkt.

Waldemar Bogoslaw packt mit beiden Händen zu. Der Lagerarbeiter bei Lekkerland-Tobaccoland zieht ein Achterpack Wasserflaschen aus dem Regal und diktiert die Warennummer in sein Headset. Ein Funksender am Gürtel überträgt die Daten per Wireless Local Area Network (WLANWLAN) an die Spracherkennung auf dem zentralen Server. Die Software fragt nach, falls die Nummer nicht verstanden wurde, speist die Daten in die Lagerverwaltung PMS von Agiplan ein und spricht die nächste Packanweisung aus. Bogoslaw lobt die Kooperation: "Sie brauchen kein Papier und keinen Kugelschreiber mehr in der Hand zu halten." Alles zu WLAN auf CIO.de

Mehr Spaß an der Arbeit hat auch Andreas Jiménez, Geschäftsleiter der Niederlassung Frechen, in der Bogoslaw und 30 Kollegen Pick by Voice testen. Er misst seit zwei Monaten die Produktivität im Pilotprojekt und kann jetzt die ersten Erfolge vorweisen. Bei vier Prozent mehr Leistung lägen die Lagerarbeiter inzwischen. "Ich rechne damit, dass wir zehn Prozent erreichen", erklärt Jiménez. Eine Mitarbeiterin liege sogar schon bei 17 Prozent.

Stabile Anwendungen im Alltag

Kommando-Systeme, wie sie hier im Einsatz sind, steuern an anderer Stelle Fahrstühle und Getränkeautomaten; sie helfen bei der Navigation in der S-Klasse oder in PDAs von Compaq und führen zum richtigen Zug, Flugzeug oder Kinofilm. Die wortkargen Anwendungen laufen im Alltag so stabil, dass sie Wissenschaftler kaum noch interessieren. Robert Porzel, Computerlinguist am European Media Laboratory in Heidelberg, unterscheidet zwischen Dialog-, Diktier- und Kommando-Systemen. "Letztere haben mit Sprachverstehen wenig zu tun", sagt Porzel. "Da müssen einfach nur Wörter erkannt werden."

Dasselbe gilt auch für Diktiersysteme, von denen das menschliche Gegenüber keine Reaktion, sondern nur eine saubere Mitschrift erwartet. René Werth aus der Abteilung Spracherkennung bei IBMIBM sagt, dass vor allem Rechtsanwälte und Mediziner diese Lösungen nutzten. Er will im vergangenen Jahr aber auch bei Bankern einen Trend erkannt haben, Diktiersysteme wie Via Voice von IBM einzusetzen, für das es mittlerweile mehr als 70 Fachvokabulare gibt. Diese Zahl zeigt, dass weiterhin Fortschritte in der Spracherkennung gemacht werden. Allerdings sind sie kleiner als noch in den 90er-Jahren. Linguist Porzel ist überzeugt, dass sich die Fehlerquote bei den Computerdiktaten bestenfalls um 0,4 Prozent jährlich senken lasse. 100-prozentige Korrektheit sei mit derzeitigen Mitteln nicht zu erreichen. Größere Fortschritte gebe es dagegen bei mobilen Dialogsystemen: "Die Übertragung über GSM oder Voice over IP zeigt, wie robust die Systeme mittlerweile sind", sagt Porzel. Alles zu IBM auf CIO.de

Akzeptanzprobleme zu Beginn

Genau daran zweifelte Niederlassungsleiter Jiménez, als die Produktivität kurz nach Einführung von Pick by Voice einbrach. Eine Stunde lang musste jeder Lagerarbeiter mit dem System plaudern, bevor es die Zahlen Null bis Neun und rund zehn Schlüsselwörter verstanden hatte; Hersteller Topsystem setzt eine Trainingszeit von 15 bis 30 Minuten voraus. Zudem gab es Akzeptanzprobleme. So legt Pick by Voice fest, dass etwa die Cola-Flaschen vor dem Mineralwasser auf den Hubwagen gestapelt werden; früher konnten die Arbeiter darüber selbst bestimmen.

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