Connected Bike

Jetzt kommt auch noch das vernetzte Fahrrad

06.12.2016
Es besteht überwiegend aus Metall und Gummi und hat keine Steckdose: Auf den ersten Blick scheint das Fahrrad ungeeignet für die Digitalisierung. Doch wenn alles und jeder online ist, kommt auch das vernetzte Zweirad.
Alle Beteiligten in der Branche glauben, dass Wachstum in der Branche in den nächsten Jahren vor allem von E-Bikes und digital vernetzten Fahrrädern kommen wird.
Alle Beteiligten in der Branche glauben, dass Wachstum in der Branche in den nächsten Jahren vor allem von E-Bikes und digital vernetzten Fahrrädern kommen wird.
Foto: ZEG Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft eG

Autos sind vernetzt, Traktoren und Lkw ebenso - nur das zahlenmäßig häufigste Verkehrmittel in Deutschland ist bislang von der Digitalisierung weitgehend ausgenommen: das Fahrrad. Doch das wird sich in den kommenden Jahren ändern. Erste Hersteller der gehobenen Preisklasse bieten bereits "smarte" Räder an, die Einführung auf dem Markt für breitere Käuferschichten soll bald folgen.

"Wir arbeiten an der Entwicklung eines Connected Bike", sagt Georg Honkomp, Chef der Einkaufsgemeinschaft ZEG. Das Unternehmen ist ein Zusammenschluss von knapp 1000 Fahrradhändlern und lässt die weit verbreiteten Marken Pegasus und Bulls produzieren. "Ich denke, dass wir das im nächsten Jahr einführen können, den Durchbruch erwarte ich in zwei bis drei Jahren."

Die denkbaren Funktionen digital vernetzter Fahrräder sind vielfältig, vom Navi bis zum über Sensor gesteuerten Bremslicht. Die Ingenieure und Entwickler der Branche haben vor allem dreierlei im Blick: Sicherheit, Leistungsmessung und Gesundheitsdaten, sowie den Service. So bietet der kleine niederländische Edelhersteller Vanmoof digitale Diebstahlsicherung: Im Rahmen ist ein GPS-Chip eingebaut, mit dessen Hilfe das Fahrrad jederzeit geortet werden kann, das Schloss lässt sich per Handy elektronisch verriegeln.

"Das erlaubt es dem Kunden, ein besseres Rad zu fahren, ohne Angst zu haben, dass es gestohlen wird", sagt Marketingdirektor Dave Shoemack. Und hilfreich sei die GPS-Ortung auch für den zerstreuten Radbesitzer, der routinemäßig vergisst, wo er sein Zweirad abgestellt hat, meint der neuseeländische Manager. Ein technisches Problem ist die Stromversorgung. "Man braucht entweder ein E-Bike oder einen ausreichend starken Dynamo, um den Energiebedarf von Bluetooth, GPS etc. zu decken", sagt Shoemack.

Die ZEG nimmt bessere Wartung und Kundendienst ins Visier: Ein digitales Rad könne "beispielsweise den Service verständigen, wenn die Bremsen verschlissen sind", sagt Vorstandschef Honkomp. "Es kann auch nach einem Sturz automatisch einen Notruf absetzen."

Und da viele Freizeitsportler inzwischen per Handy, Fitness Tracker oder Smart Watch eine ebenso intensive Selbstbeobachtung betreiben wie Profis, sollen digital vernetzte E-Bikes auch die Leistungsdaten des Körpers messen können: "Ich denke, dass die Motorenhersteller diese Funktionen deutlich erweitern werden", sagt Honkomp.

Und abgesehen davon kann ein digitales Fahrrad für den radelnden Geschäftsmann die gleichen Funktionen übernehmen wie eine Smart Watch: "Das Rad sagt Dir, wann Du zum nächsten Termin musst", sagt Shoemack.

Das traditionelle analoge Fahrrad ist zwar nicht das meist genutzte, aber nach wie vor das am weitesten verbreitete Verkehrsmittel in Deutschland: Die 82 Millionen Einwohner der Bundesrepublik besitzen etwa 72 Millionen Fahrräder, schätzt der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Für E-Bikes werde bis 2025 ein Marktanteil von 30 Prozent prognostiziert, sagt ZIV-Sprecher David Eisenberger.

Am Fahrrad hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts technisch deutlich weniger verändert als bei Autos: Ein modernes Stadtrad ist seinen Ende des 19. Jahrhunderts gebauten Vorgängern weit ähnlicher als ein neuer Mercedes dem von Carl Benz gebauten Patent-Motorwagen des Jahres 1885.

E-Bike und Digitalisierung bedeuten nun einen starken Innovationsschub. "Wir gehen davon aus, dass in Zukunft jedes zweite Rad im Erwachsenenbereich ein E-Bike sein wird", sagt ZEG-Chef Honkomp. Lange Jahre waren E-Bikes hauptsächlich ein Produkt für die ältere Generation - ein typischer Repräsentant der ersten Generation E-Bike ist CSU-Chef Horst Seehofer, Jahrgang 1949.

Doch das ändert sich: "Seit zwei Jahren haben wir eine starke Verschiebung hin zu jüngeren Käufern - zum Beispiel junge Mütter, die ihr Kind im Anhänger zum Kindergarten fahren", sagt Honkomp. Es gebe auch viele Menschen, die nicht viel Zeit für sportliches Training hätten. "Aber sie fahren trotzdem gerne auf einen Berg zur Almhütte und kaufen sich dann ein Mountain-E-Bike."

Die sportlichen E-Bikes bringen den Altersschnitt der Käufer deutlich nach unten. "Derzeit liegt das Durchschnittsalter der E-Bike-Käufer zwischen 40 und 45, vor fünf Jahren lag das noch zwischen 60 und 65. Die Zielgruppe wird größer", sagt der ZEG-Chef.

Doch dass das traditionelle Fahrrad verschwinden wird, glaubt Honkomp nicht. "Solange Kinder geboren werden, wird auch Rad gefahren. Das Fahrrad ist für viele Kinder und Jugendliche die erste eigene, persönliche Mobilitätsmöglichkeit. Daher wird das Fahrrad seinen Stellenwert auch weiterhin behalten", meint der ZEG-Chef. (dpa/rs)

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