Verkehrszentralen

Übersicht bei der Bahn

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.
Nach dem Fehlstart des neuen Preissystems will die Deutsche Bahn bis zur Fußball-WM 2006 in Deutschland alle ihre Bahnhöfe an zentrale Leitstellen anbinden. Das ehrgeizige Modellprojekt "Verkehrszentrale" wurde zunächst mit einem Prototypen im Aachener Hauptbahnhof gestartet.

Bahnhofsvorsteher gibt es auf den meisten Bahnhöfen schon lange nicht mehr. Die Folge der Personaleinsparungen: Überall liegen Kippen (trotz Rauchverbots), benutzte Taschentücher und leere Getränkedosen; Rolltreppen, die nicht laufen, Aufzüge, die nicht fahren, Reisende, die sich nicht wohl fühlen. Das soll jetzt durch IT anders werden. "Wir wollen über die Technik in die Bahnhöfe zurückkehren", betont Willi Meurer, Leiter des Kompetenzzentrums Betrieb Verkehrszentrale bei der Bahn.

In Aachen, im Dreiländereck zwischen Deutschland, Belgien und Holland, zeigt die Deutsche Bahn, was sie unter einer modernen Infrastruktur für Reisende und Mitarbeiter versteht. Dort arbeitet die erste von bundesweit 56 geplanten Verkehrszentralen. Das jetzt in Aachen und später in ganz Deutschland eingesetzte System soll in Echtzeit die Informationen aus den Anwendungen für Service, Sicherheit und Sauberkeit, aus dem Reisenden-Informations-System (RIS) und dem technischen Gebäudemanagement der Bahnhöfe koordinieren, um sie dem Team der Verkehrszentrale zur Verfügung zu stellen. Von ihrem Modellprojekt erhofft sich die Bahn kürzere Instandsetzungszeiten, eine erhöhte subjektive Sicherheit, saubere Bahnhöfe und insgesamt geringere Kosten. Der mit modernster IT ausgestattete Leitstand wird im Laufe der nächsten Jahre die seit 1999 bestehenden 3-S-Zentralen ablösen, die bei der Bahn für Service, Sicherheit und Sauberkeit stehen. Damit hätten es die Reisenden dann wieder angenehmer, ist Meurer überzeugt.

Digitale Bahn mit analogen Schnittstellen

"Wir haben die alte analoge Bahnhofswelt komplett ins digitale Zeitalter überführt", schwärmt der Bahn-Mann. "Wir verwenden TCP/IP für die Übermittlung von Sprache, etwa für die neuen Notruf- und Informationssäulen. Die Bilder der Überwachungskameras werden ebenfalls via Internettechnik in die Verkehrszentrale geleitet."

Zugleich habe bei der Bahn ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Meurer: "Früher hatten wir proprietäre Systeme; jetzt setzen wir bei den Schnittstellen und der Anbindung von Endgeräten auf offene Industriestandards." Die Internetprotokolle TCP/IP und HTTP sowie SOAP (Simple Object Access Protocol) als Zugriffsstandard für Web Services stehen jetzt hoch im Kurs bei der Bahn.

In der Vergangenheit mussten wichtige Daten - zum Beispiel über Verspätungen oder das Facility Management - umständlich per Hand aus verschiedenen Systemen entnommen, bewertet und weitergeleitet werden. "Bis eine kaputte Rolltreppe entdeckt wurde, konnte das schon mal einen Tag dauern", sagt Meurer.

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