Strategien


Design Thinking

Das Ende von Help Desk und Schulungen

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

VW ohne Autos?

Professor Ulrich Weinberg Leiter der School of Design Thinking (D-School): "Design Thinking ist ein junges Pflänzchen. Es zielt darauf ab, eine Organisation neu aufzustellen und zu strukturieren."
Professor Ulrich Weinberg Leiter der School of Design Thinking (D-School): "Design Thinking ist ein junges Pflänzchen. Es zielt darauf ab, eine Organisation neu aufzustellen und zu strukturieren."
Foto: HPI

Viele Manager und Organisationen täten sich schwer mit der Veränderung, die gravierende Folgen nach sich ziehen kann. "Wer weiß, ob VW in 20 Jahren noch Autos als Kernprodukt bauen wird?" Aus dem Fahrzeug wird Mobilität, aus Software ein Service, aus Handel Logistik.

Eine Folge des Drucks sei die "Atomisierung der Anwendungen", prognostiziert der Wissenschaftler: "Früher hat man hochintegrierte Programme entwickelt mit möglichst breitem Funktionsumfang." Heute seien viele kleine Systeme nötig, die möglichst einfach zu bedienen, zu verändern und nicht komplex sind. "Wozu dann noch User Manuals und Helpdesks?" In Zukunft würden sich Schnittstellen zwischen zwei Systemen in kürzester Zeit herstellen lassen, für die derzeit noch gewaltige Projekte aufgesetzt werden. "Zwar sind die Systeme heute noch nicht ausgehärtet", sagt Uebernickel, "aber in zehn Jahren haben wir eine komplett andere IT-Landschaft mit neuen Architekturen."

Das Versprechen ist groß, doch fällt es schwer, die Chancen der Wette konkret zu beurteilen: einerseits der starke Wunsch der Nutzer nach guten Lösungen auch in der "ernsten IT" sowie der steigende Druck auf die Unternehmen, andererseits Silostruktur, Bequemlichkeit und die Angst vor Veränderungen. Dass die Design-Thinking-Experten auf der Seite von VW-CIO-Hofmann stehen, ist nicht verwunderlich. Angesichts der aktuellen Verbreitung der Methode ist aber auch klar, dass Design Thinking allein den gewaltigen Paradigmenwechsel nicht gestalten kann.

D-School-Leiter Weinberg sieht die Schulungen und Projekte denn auch als "Keimzellen, die auf Unternehmen, andere Mitarbeiter und somit die Arbeitskultur ausstrahlen". Einem Unternehmen wie SAP sei inzwischen jedoch klar, sagt Weinberg, dass es heutzutage ein Produkt nicht mehr isoliert definieren kann. "Die Kompetenz der Kunden muss für die finale Entwicklung mit an den Tisch." Nur so könne sichergestellt werden, dass ein Produkt oder ein Service die Arbeit richtig unterstützt.

"Diesem Gedanken muss sich jede Business-Software beugen", erwartet Design-Direktorin Pascual von Ideo. Wenn Schulungen wegfallen und Aufgaben schneller erledigt werden, sei das zudem ein beträchtlicher Wettbewerbsfaktor. Hinzu komme die gesteigerte Freude an der Arbeit durch benutzerfreundliche Programme. Natürlich könne ein Unternehmen seine Produkte und Services auch ohne professionelles Design gestalten und hoffen, dass dies bei einer starken Nachfrage nicht auffalle, argumentiert Design-Expertin Horsch vom IDZ: "Wenn aber die Märkte enger und die Rahmenbedingungen strenger werden, trennt sich die Spreu vom Weizen."

Zur Startseite