Den CDO braucht's nicht

So wählt ein Headhunter einen CIO aus

Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Sitzen CIOs - im Vergleich zu anderen Managementpositionen - eher auf einem Schleudersitz?

Kaan Bludau: Da es nur wenige gute CIOs gibt, ist das Risiko hoch, dass es mittel- und langfristig nicht funktioniert. Eine CIO-Besetzung ist kein Spaziergang für Unternehmen. Vor allem die weichen Faktoren abzuprüfen, ist nicht einfach. Wenn jemand ein paar Hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen soll und die CIO-Besetzung ist schlecht, dann ist das ein verheerendes Signal in die Organisation hinein.

Wenn CIOs ihre Softskills betonen, wird ihnen das fachliche Know-how nicht zugetraut. Reden sie nur über Bits und Bytes, fehlt das Vertrauen in Kommunikations- und Führungsfähigkeiten. Ist diese Widersprüchlichkeit ein Problem?

Kaan Bludau: Das ist tatsächlich so. Ich habe die Beobachtung gemacht, dass man an der Persönlichkeit merkt, ob es jemand schafft, die eigene IT-Mannschaft genauso wie die Schnittstelle zu den Fachbereichen gut zu managen und auch noch glaubwürdig das Board zu vertreten. Mit welchem Tempo geht jemand an die Aufgabe ran, welchen Antrieb hat er zu gestalten? Kennt er sich mit den neuen Themen aus, die für ein Unternehmen interessant sind, kann er führen und folgen ihm die Menschen? All das findet man schnell raus. Das spüren erfahrene Personalberater anhand von Aussagen in Bewerbungsgesprächen.

CEO und CIO nähern sich an

Wenn sich ein CIO bei den Hamburger Strategietagen auf die Bühne stellt und erzählt, was sein Team für geile Sachen macht, dann hat das eine enorme Strahlkraft. Man hört ihm gerne zu. Er hat etwas zu sagen und kann etwas auslösen. Es wird einfach immer wichtiger, dass sich CIOs gut verkaufen können. Hier nähern sich CEO und CIO an: Auch ein CEO muss das ganze Unternehmen hinter sich versammeln und begeistern, er muss breit aufgestellt sein. Das gilt auch für den CIO: Es reicht nicht mehr aus, gut IT zu machen.

Kommen wir zum Thema Vergütung: Welche Entwicklungen sehen Sie hier?

Kaan Bludau: Die Gehälter steigen deutlich an, weil die Besetzung einer CIO-Position einfach immer wichtiger und gleichzeitig schwieriger wird.

Was zahlt ein DAX-Konzern einem CIO?

Kaan Bludau: Das geht bei gut einer Million Euro im Jahr los, nach oben ist kein Limit gesetzt. Im Mittelstand liegt man bei guten CIOs, die es ins Board geschafft haben, bei 500.000 bis 1,2 Millionen Euro. Es gibt natürlich auch welche, die 300.000 oder 400.000 Euro bekommen, die sind dann oft in der Hierarchie nicht ganz oben aufgehängt.

Das sind stolze Zahlen …

Kaan Bludau: ... die aber zu Recht bezahlt werden. Die IT ist eine mehrwertstiftende Institution, die Prozesse optimiert, Kosten senkt und hilft, Umsätze zu steigern. Gelingt das, ist das Geld, dass man dem CIO bezahlt, in kürzester Zeit amortisiert. Die Gehälter werden deshalb weiter steigen.

CIOs haben zudem eine optimale Position, um mit ihren Vorständen und Geschäftsführern immer wieder Gehaltserhöhungen auszuhandeln. Man möchte diese Leistungsträger ja keinesfalls verlieren. Und es ist immer sehr mühselig, einen neuen CIO zu finden. Es kostet eine Menge Geld und Nerven, wenn der CIO kündigt. Gerade wenn große Projekte laufen, die sich nicht mal eben auf Eis legen lassen, sind CIOs in einer guten Verhandlungsposition.

In den vergangenen Jahren war zu beobachten, dass Unternehmen viele IT-Führungspositionen eingerichtet haben, die nicht immer ganz trennscharf sind. Vom CEO und CDO haben wir schon gesprochen, ich denke aber auch etwa an den Chief Data Officer, den - ein ganz neues Thema - Chief AI Officer und natürlich den Chief Information Security Officer (CISO). Können Sie mal einsortieren, was da passiert?

Kaan Bludau: Ich finde diese Diversifizierung prinzipiell gut, denn sie bedeutet, dass das Digitalisierungsteam insgesamt breit aufgestellt und stark ist. Für mich ist das ein Grund, den CIO an die Spitze zu stellen und in den Vorstand zu berufen, wo er an den CEO berichtet. Er muss in die Entwicklung der Unternehmensstrategie eingebunden sein. Darunter können dann auf einer zweiten Managementebene diese Zuständigkeiten geschaffen werden. Andererseits sollte man das auch nicht zu weit aufblähen, sonst droht den Verantwortlichen das Schicksal des CDO, der weitgehend wieder verschwunden ist.

Fassen wir noch einmal zusammen: Was muss ein Unternehmen dem CIO bieten, damit er dort arbeiten will?

Kaan Bludau: Ein moderner CIO will nicht verwalten, sondern etwas bewegen. Er wird die Strategie des potenziellen Arbeitgebers und die Positionierung der IT im Unternehmen genauestens prüfen. Es ist keine schlechte Idee, den CIO ins Management-Board aufzunehmen und ihn die Strategie mitdefinieren zu lassen. Er braucht direkten Zugriff auf den CEO und Einfluss auf Entscheidungen. Berichtet er an den CFO, ohne dass es Schnittstellen zum CEO gibt, wird ihn das hemmen.

Der moderne CIO schaut sich zudem genau die Kultur des Unternehmens an und versucht dessen Haltung zu technischen Innovationen herauszufinden. Die Cloud-Hyperscaler und auch Softwareunternehmen wie Salesforce oder ServiceNow sind hier beliebte Vorbilder. Die machen Dinge anders als konventionelle Unternehmen. Wichtig sind auch die Positionierung von Unternehmen und Marken sowie eine junge und dynamische, durchaus anspruchsvolle Geschäftsleitung. Will sie etwas bewegen und verändern?

Wichtig sind darüber hinaus Internationalität, soziale Verantwortung und Nachhaltigkeitskonzepte, Diversifikation der Lieferketten, das Einhalten von ESG-Richtlinien, Kostentransparenz, die Mitsprache bei Recruiting-Themen und vieles mehr. Am Ende gilt aber immer noch die alte Regel: Menschen kommen für Menschen. Die Frage "Wer ist mein Chef?" ist wichtiger als alles andere.

Kaan Bludau ist Gründer und Geschäftsführer von BludauPartners Executive Consultants GmbH. Er betreut nationale und internationale Großunternehmen bei der Besetzung von Positionen für das Topmanagement und die Rolle des CIO. Bludau studierte Betriebswirtschaft blickt auf mehr als 25 Jahre Beratungserfahrung zurück. Bevor er sich mit BludauPartners selbständig machte, war er im erweiterten Geschäftsführungskreis eines internationalen Executive Search Unternehmens tätig, wo er die Geschäftsbereiche Retail, E-Commerce sowie Travel, Transport & Logistics als auch die IT etablierte und verantwortete.

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