Den CDO braucht's nicht

So wählt ein Headhunter einen CIO aus

Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Der berufliche Werdegang ist wichtig, die individuellen Skills sind es vermutlich nicht weniger. Worauf legen Unternehmen bei einem CIO besonderen Wert?

Kaan Bludau: Fachlich interessiert erst einmal, welche Schwerpunkte die Person bislang in der IT gesetzt hat …

… ist da Branchenwissen so wichtig?

Kaan Bludau: Nein, der Mangel an guten CIOs ist zu groß, als dass Unternehmen hierauf ein besonderes Augenmerk legen könnten. Es ist nahezu unmöglich, einen CIO mit einem breiten technischen Verständnis zu bekommen, der dann auch noch die Branche im Detail versteht. Es ist aber nicht schlecht, wenn der Kandidat aus einer ähnlichen Branche kommt. Handel, Logistik, Industrie, das passt ganz gut zusammen. Banken und Versicherungen auch.

Dann ist es wichtig, wo CIOs Projekterfahrung haben: Infrastruktur zum Beispiel, SAP-Migration, Microsoft-Welt etc. Wenn das passt, wird sich der CIO schnell im neuen Unternehmen einfinden können. Zunehmend wird aber auch erwartet, dass CIOs Erfahrung mit Themen haben, die zukünftig wichtiger werden: KI, Cybersicherheit, Daten, Automatisierung etc. Darauf sollte der angehende IT-Chef Lust haben und gut darüber informiert sein. Dann sollte er, gerade im Konzernumfeld, internationale Erfahrung mitbringen. Und er muss sich mit Matrixorganisationen auskennen. Dezentrale oder zentrale Aufstellung, fachliche, aber nicht disziplinarische Verantwortung - damit sollte er zu tun gehabt haben.

Es ist auch nicht sinnvoll, jemand aus einem kleineren Unternehmen in einen Konzern zu stecken oder umgekehrt. Die Person wird dann kulturell nicht zu Recht kommen - etwa, wenn Entscheidungen nicht sofort getroffen werden können. Inhabergeführte Mittelständler haben kurze Entscheidungswege, in internationalen Konzernen dauert das länger.

S/4HANA-Erfahrung ist gefragt

Kommt es vor, dass Unternehmen ein spezifisches Projekt wie eine SAP- oder ServiceNow-Einführung planen und gezielt einen CIO suchen, der genau das schon einmal erfolgreich geleistet hat?

Kaan Bludau: Ja, vor allem S/4HANA-Erfahrung ist gerade gefragt. Wer das einmal durchgezogen hat, wird es beim zweiten Mal schneller und reibungsloser umsetzen. Solche fachlichen Schwerpunkte fragen wir genau ab.

Wie verhält es sich mit den vielzitierten Softskills?

Kaan Bludau: Die sind tatsächlich noch viel wichtiger, zum Beispiel Leadership-Fähigkeiten. Wir prüfen genau, wie der Führungsstil eines Kandidaten ist.

Wie machen Sie das?

Kaan Bludau: Dadurch, dass ich seit 30 Jahren im Geschäft der Personalberatung bin und mich dort auf CIOs spezialisiert habe, kann ich die Landschaft schon mal ganz gut einordnen. Wir machen ja ein Briefing mit dem einstellenden Unternehmen und finden heraus, wie es tickt, welche Vorhaben anstehen und was für eine Kultur dort vorherrscht. Das hilft schon sehr viel.

Wir haben aber auch noch einen Geschäftsbereich, der systematisch und fundiert Management-Audits durchführt. Zwei Psychologen machen sich ein Bild vom Kandidaten und prüfen ihn anhand vieler Kriterien und mit einem breiten Set an Methoden und Maßnahmen. Die erkennen, ob jemand von den weichen Faktoren her geeignet ist. Einem solchen Management-Audit muss ein Kandidat aber natürlich immer erst einmal zustimmen.

Wir sollten dabei auch nicht vergessen, dass sich die Unternehmen auch um die CIOs bewerben. Die Kandidaten wollen ein Gefühl dafür bekommen, wie das Management ihres potenziellen Arbeitgebers tickt und was das für Typen sind. Sind das junge Leute? Haben sie das nötige Bewusstsein für Technologie? Hat die IT einen hohen Stellenwert? Oder sind dort eher konventionelle Manager am Ruder, die immer noch top-down führen und die Folgen der Digitalisierung unterschätzen?

Auf der einen Seite sollen die knappen CIOs gelockt und begeistert werden, auf der anderen Seite wollen Sie ihnen auf den Zahn fühlen. Wie bekommen Sie diesen Spagat hin?

Kaan Bludau: So schwer ist das gar nicht, viele CIOs sitzen sowieso auf einem Schleudersitz. Die sind dann offen für eine neue Position. Es gibt nicht so viele junge CIOs, die gestalten und Verantwortung für die Neuausrichtung übernehmen wollen. Auf der anderen Seite gibt es auch nicht unendlich viele offene CIO-Positionen, die attraktiv erscheinen.

Eine unserer Aufgaben und auch Chancen besteht darin, branchenübergreifend zu vermitteln. Das schafft nochmal ganz neue Möglichkeiten. CIOs müssen das Kerngeschäft zu Beginn nicht zwingend verstehen. Sie müssen IT, Führung und Kommunikation können und fähig sein, eine Brücke zu den Fachbereichen zu schlagen. Alles weitere kommt dann mit der Zeit.

Wenden sich CIOs aktiv an Sie, weil sie wechseln wollen?

Kaan Bludau: Sogar sehr häufig. In schwierigen Zeiten, wenn die Unternehmen nervöser werden, wächst der Druck auf die CIOs. Viele nehmen dann prophylaktisch Kontakt zu mir auf.

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