IT-Projekte 2010

Der deutsche IT-Markt erholt sich langsam

10.02.2010
Die Krise hat den deutschen IT-Markt 2009 stark getroffen. Pierre Audoin Consultants (PAC) erwartet eine schrittweise Erholung im Laufe des Jahres 2010. Führende Analysten von PAC erläutern die Unterschiede zwischen den wichtigsten Segmenten.
Karsten Leclerque, Director des Outsourcing-Programms bei PAC in München.

Der deutsche IT-Markt bekam die Wirtschaftskrise sehr heftig zu spüren. "Die Firmen haben – besonders in der Fertigungsindustrie – ihre IT-Investitionspläne auf den Prüfstand gestellt und einige Projekte gestoppt, viele andere verschoben", erklärt Christophe Châlons, Chief Analyst der PAC-Gruppe. "Außerdem haben sie ihre Fremdvergabepolitik überprüft und die Tagessätze stark gedrückt." Dennoch spielen Preissenkungen eine geringere Rolle als während der letzten Krise.

"Das Outsourcing-Geschäft leidet unter einem enormen Einbruch bei Preisen und Auftragsvolumina sowie unter Konkursen bei Outsourcing-Kunden", fügt Karsten Leclerque, Director des Outsourcing-Programms bei PAC in München, hinzu.

Christophe Châlons ergänzt: "Die Unternehmen konzentrieren sich auf die Senkung ihrer IT-Kosten, obwohl sie – mit Ausnahme der Fertigungsindustrie – IT auch als Werkzeug sehen, um Prozesse effizienter und ihr Unternehmen beweglicher zu machen. Hinzu kommt, dass Themen aus dem Bereich Governance/Risikomanagement/Compliance (GRC) auch weiterhin zu erheblichen IT-Investitionen führen."

Christophe Châlons, Chief Analyst der PAC-Gruppe.
Foto: PAC

Initiativen zur Verringerung der IT-Kosten umfassen Konsolidierung und Standardisierung, aber auch Virtualisierung, IP-Technologie, Open Source, Offshore und verschiedene Formen des Outsourcing (AM, Infrastruktur, Hosting, SaaS, BPO). Klaus Holzhauser, Director des Project Services-Programms bei PAC in München, meint hierzu: "Was Prozesseffizienz und Unternehmensagilität betrifft, sind die Hauptthemen Collaboration und Workflow, Prozessautomatisierung, integration, harmonisierung und verbesserung mit besonderem Schwerpunkt auf Vertrieb/CRM/Kundenservice sowie BI/Performance Management."

Klaus Holzhauser, Director des Project Services-Programms bei PAC in München.
Foto: PAC Germany

Über 50 Prozent der IT-Investitionen entfallen auf branchenspezifische Themen; sowohl in Bezug auf Prozesse als auch Compliance gibt es je nach Branche sehr große Unterschiede.

Autoindustrie, Maschinenbau und Chemie traf es besonders hart

"Die Krise traf die Fertigungsindustrie sehr heftig, insbesondere den Automobilsektor, Maschinenbau, Chemie und Metall, während sich Sektoren wie Pharma, Lebensmittel, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung als robuster erwiesen," stellt Stefanie Naujoks fest, die als Beraterin bei PAC in München für die Fertigungsindustrie zuständig ist.

Der Bankenbranche hingegen geht es aus mehreren Gründen vergleichsweise gut: "Das Investmentbanking spielt in Deutschland keine vorherrschende Rolle. Die Banken wurden vom Staat großzügig unterstützt, und die Aktienmärkte erholten sich recht früh. Darüber hinaus sind die Banken gezwungen, Lösungen für einige wichtige Themen zu finden – und dazu sind sie auf IT angewiesen", erklärt Eike Bieber, die als Beraterin bei PAC in München den Bankenbereich analysiert.

Stefanie Naujoks, Beraterin bei PAC in München.

Wie in den meisten Ländern zeigt sich der öffentliche Sektor sehr stabil. "Einerseits unterstützen bundesweite Investitionsprogramme ("Konjunkturpaket 1 & 2") häufig die Nachfrage, andererseits sind Länder und Gemeinden mit sinkenden Steuereinnahmen konfrontiert", fügt Senior Consultant Martin Barnreiter hinzu, zuständig für den öffentlichen Sektor und das Gesundheitswesen.

Die Folge sind erhebliche Rückgänge erstens bei Software-Produkten: insbesondere bei Betriebssystemen, Office-Anwendungen und ERP, während Tools und Best-of-Breed-Software schneiden besser abschneiden.

Martin Barnreiter, Senior Consultant bei PAC in München.

Und zweitens im Projektgeschäft: vor allem bei Schulungen und anwendungs- sowie prozessbezogener Beratung und Systemintegration, weniger stark betroffen sind dagegen technologiebezogene Beratung und Systemintegration.

Outsourcing von Application Management

Im Outsourcing-Bereich sind große Abschlüsse zurzeit eher selten. Allerdings ist ein Boom bei Application Management (AM) zu beobachten. Hier wurden zahlreiche Verträge mittlerer Größe mit einem Gesamtauftragsvolumen von 10 bis 50 Millionen Euro unterzeichnet.

Deutschland - die Entwicklung von BIP und IT-Markt.

Eine Erholung wird im Laufe des Jahres 2010 erwartet. Einige Indikatoren deuten sogar darauf hin, dass der Aufwärtstrend bereits im vierten Quartal 2009 begonnen hat. PAC ist eher vorsichtig, da immer noch beträchtliche Risiken im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit (bisher aufgefangen durch die Kurzarbeit), einer möglichen Kreditklemme und einer daraus folgenden Pleitewelle bestehen.

Christophe Châlons meint hierzu: "Selbst wenn man von einer Erholung bei den Auftragsvolumina in diesem Jahr ausgeht, werden die durchschnittlichen Preise und Sätze unter denen von 2009 liegen und damit dem Aufschwung Grenzen setzen."

Eike Bieber, Beraterin bei PAC in München.
Foto: PAC

Während die meisten Investitionsthemen auch 2010/11 aktuell sind, werden verschiedene andere Bereiche an Dynamik gewinnen, wie beispielsweise die Modernisierung von Legacy-Systemen, Transformation Outsourcing/Transformation AM, Innovationen, Unified Communications und Mobility, Cloud und SaaS, Nachhaltigkeit (der IT/durch IT).

Innovationen und HR kommen wieder auf die Agenda

Tobias Ortwein, Leiter des SAP Services Research Program (SSRP)bei PAC in München.

Tobias Ortwein, der PACs weltweites SAP Services Research Program (SSRP) leitet, fügt hinzu: "Während sich die IT-Anbieter bisher auf Kostensenkung (durch die Industrialisierung von Angebot und Delivery) und Kundenbindung konzentriert haben, wird die Erholung zu mehr Anstrengungen in den Bereichen Innovation (bei Angebot und Delivery) und HR (Personalbeschaffung und verwaltung) führen. Industrialisierung wird langfristig ein Thema bleiben."

Eike Bieber, Stefanie Naujoks, Martin Barnreiter, Christophe Châlons, Klaus Holzhauser, Karsten Leclerque und Tobias Ortwein sind Analysten bei Pierre Audoin Consultants (PAC) in München.