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KMU

Auf in die Cloud – aber nicht ohne Berater und Strategie

01.06.2017
Von Niels Ophey
Mit Cloud-Diensten lässt sich erreichen, was im eigenen Rechenzentrum kaum machbar ist. Deshalb setzt auch der Mittelstand zunehmend auf die Cloud, wie aktuelle Marktzahlen belegen. Doch nicht alle Anwendungen eignen sich für die Migration. Ein Assessment kann Fallstricke beim Gang in die Cloud aufzeigen und für einen reibungslosen Wechsel sorgen.

Es ist müßig darüber zu spekulieren, warum Mittelständler und kleine Unternehmen in den letzten zwölf bis 18 Monaten verstärkt den Weg in die Cloud fanden. Fest steht jedenfalls: 64 Prozent der Unternehmen zwischen zwölf und 99 Mitarbeitern nutzen schon Software, Speicher- oder Rechenleistung aus der Cloud. Das geht aus dem aktuellen Cloud-Monitor des Branchenverbands Bitkom hervor. In Organisationen zwischen 100 und 1.999 Mitarbeitern liegt die Zahl fast gleichauf (69 Prozent) - ein Hinweis darauf, dass der früher häufig angeführte Hinderungsgrund "Compliance" die Vorteile nicht länger überwiegt.

Zahlreiche IT-Entscheider in KMU, die sich eingehend mit Datenschutz, Compliance und den von Cloud-Anbietern gebotenen Zertifizierungen befasst haben, sind offenbar zu dem Ergebnis gekommen, dass die Risiken der Cloud-Nutzung kontrollierbar, die Vorteile erheblich sind. Außerdem geraten Unternehmen, die bislang auf die Cloud verzichteten, unter Druck. Viele Konkurrenten sind schon in der Cloud und reizen deren Vorteile gegebenenfalls voll aus, wie die Zahlen zeigen.

Schnellere Geschäftsprozesse - mehr Mitarbeiterzufriedenheit

Zu den unbestrittenen Vorteilen von Cloud-Services gehört die Möglichkeit einer nahtlosen, standortübergreifenden Zusammenarbeit. Mit ausschließlich in lokalen Rechenzentren (RZ) betriebenen IT-Diensten ist eine effektive Kollaboration nicht ohne weiteres zu bewerkstelligen. Die Cloud macht hingegen Informationen und Daten schneller verfügbar, wodurch sich Geschäftsprozesse im Unternehmen - und damit auch Kundenservices - signifikant beschleunigen. Hinzu kommt: Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt mit der Möglichkeit, von zu Hause aus arbeiten zu können. Und auch wenn die Zufriedenheit der Mitarbeiter nur schwer zu qualifizieren ist, führt sie dennoch bei vielen Cloud-Projekten die Liste der Gründe für das Vorhaben an.

Der Gang in die Cloud verleiht überdies der digitalen Transformation einen neuen Schub - beispielsweise im Vertrieb. In der Praxis bedeutet dies: Außendienstmitarbeiter müssen Aufträge nicht länger selbst entgegennehmen und händisch in das ERP einpflegen. Stattdessen bestellt der Kunde die gewünschten Services selbst über den B2B-Webshop des Lieferanten. Der komplette Vertriebsprozess inklusive Lagerhaltung und Logistik ist somit digitalisiert. Der Vorteil für den Kunden: Er muss sich nicht mehr an Ladenöffnungszeiten halten, und erhält mehr Transparenz über den Einkaufsprozess. Der Vorteil für den Anbieter: Auch für ihn gelten keine Ladenöffnungszeiten mehr, dafür erhält er mehr Transparenz über seinen Vertriebsprozess - und das bedeutet mehr Zeit für den Vertrieb, und die Neugewinnung von Kunden.

Wer bislang einen Bogen um die Cloud gemacht hat, hat nun die Chance, aus den Fehlern vergangener Cloud-Projekte zu lernen. Denn wie die Erfahrung zeigt, sind viele Mitbewerber ohne ausgereifte Strategie in die Datenwolke aufgebrochen. Bei aller Begeisterung ob der zu erwartenden Agilität und Flexibilität: Zu häufig wurde dabei übersehen, dass viele Anwendungen, Geschäftsprozesse oder Geschäftsmodelle gar nicht bereit sind für die Migration in die Cloud.

Kosten gleichgeblieben trotz Cloud?

Zu den Hauptgründen für den Gang in die Cloud gehören für viele Unternehmen Einsparungen im Bereich Hardware-Investitionen. Viele Unternehmen stellen nach der Migration aber fest, dass die Kosten für den Betrieb der Infrastruktur unterm Strich gleich geblieben sind. Warum? Weil die IT in der Cloud dieselben Prozesse fährt wie zuvor im eigenen Rechenzentrum. Auch wenn die Kosten für den Betrieb einzelner virtueller Maschinen gesunken sind - das Mehr an gemieteter Bandbreite für den Zugriff auf den externen Standort kann im ungünstigen Fall die Einsparung zunichtemachen.

Daher gilt: Ohne umfassende Strategie und vor allem ein umfängliches Assessment sollte sich niemand auf den Weg in die Cloud machen. Externe Fachleute können durch den Blick von außen beim Hinterfragen des Vorhabens helfen. Die Tatsache, dass Cloud Computing ein vielbeachteter Trend ist, kann alleine jedenfalls kein Grund für die Migration sein. Ein Assessment hilft überdies dabei zu prüfen, ob die vorhandenen Anwendungen tauglich sind für den Cloud-Betrieb. Falls ja, definieren die Berater die erforderlichen Schritte für die Migration. Mitarbeiter aus den Fachabteilungen erfahren durch die Berater, ob ihre Geschäftsprozesse überhaupt Cloud-Dienste einbinden können. Und falls dies möglich ist: Welche Schritte sind notwendig, um das Maximum herauszuholen?

Alle an einen Tisch

Viele Anwendungen, die heute in Unternehmen zum Einsatz kommen, benötigen mehr als einen kritischen Blick vor dem Wechsel, wie zum Beispiel eine (fiktive) Anwendung zur Auswertung von Messdaten: Kommt es hierbei auf niedrige Latenzzeit an, verbietet sich der Wechsel in die Cloud. In diesem Fall gilt es vielmehr Antworten zu finden auf die Frage, wie Messdaten künftig verarbeitet werden sollen. Nur wenn sich die Chance eröffnet, service-orientierte Konstrukte mit einzubeziehen, gibt es grünes Licht für die Migration.

Unternehmen sollten mit Hilfe externer Fachleute zudem klären, ob die vielfach diskutierte hybride Infrastruktur - ein Teil bleibt vor Ort im lokalen RZ, ein Teil wandert in die Cloud - wirklich als Dauerlösung taugt. Oder ob dies eventuell nur eine Übergangslösung ist, bis für Cloud-untaugliche Anwendungen moderner Ersatz gefunden wurde.

Assessments sind erfahrungsgemäß am erfolgreichsten, wenn Fachbereiche und IT-Abteilung gemeinsam an einem Tisch sitzen, um ein Übergewicht der einen oder anderen Seite zu vermeiden. Zumindest derzeit halten die Fachabteilungen in den Unternehmen das Zepter als Innovatoren. Zudem schadet es nicht, wenn beide Seiten voneinander erfahren, welche Anwendungen und Prozesse eigentlich welche Relevanz haben. Typischerweise dauert eine solche Einwertung zwischen zehn und 15 Tagen, je nach Zielsetzung und Komplexität.

Und was hat die IT-Abteilung davon?

Unbedingt zu erfassen sind im Rahmen des Assessments auch sicherheitsrelevante Themen wie das Management der Nutzerkonten (Identity and Access Management, IAM) und vor allem eine Datenklassifizierung: Welche Daten sind eigentlich geschäftskritisch und wo liegen sie aktuell? Erst wenn das feststeht, können Anwendungen samt Nutzerdaten effizient geschützt werden - lokal oder in der Cloud.

Haben Fach- und IT-Abteilungen einen Fahrplan für die Cloud-Migration, kann sich die IT auf ihre neue Rolle konzentrieren: Wenn sie nicht länger die Betriebsverantwortung für die Infrastruktur hat, bleibt ihr mehr Zeit für projektorientierte IT. Sie wird damit zum Innovator und Macher im Unternehmen - ein Argument, das jeden möglichen Kostenvorteil schlägt.

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