EU-Abwehrinstrument

Chinas Einkaufstour könnte bald vorbei sein

05.05.2021
Für chinesische Unternehmen könnte es schwieriger werden, in Ländern wie Deutschland Unternehmen zu kaufen. Über eine neue Verordnung will sich die EU-Kommission umfangreiche Eingriffsrechte sichern.
Die europäische Wirtschaft soll besser vor wettbewerbsverzerrender Konkurrenz aus Ländern wie China geschützt werden.
Die europäische Wirtschaft soll besser vor wettbewerbsverzerrender Konkurrenz aus Ländern wie China geschützt werden.
Foto: Varavin88 - shutterstock.com

Die EU-Kommission präsentierte am Mittwoch ein Gesetzesprojekt, mit dem die Möglichkeit geschaffen werden soll, staatlich subventionierten Unternehmen aus Drittstaaten die Übernahme von Firmen aus der EU zu untersagen. Zudem sollen mit Staatsgeld unterstützte Unternehmen auch von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden können.

Wenn die Offenheit der europäischen Wirtschaft eine Stärke bleiben solle, müsse man sicherstellen, dass es einen fairen Wettbewerb für alle in der EU tätigen Unternehmen gebe, sagte die zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, in Brüssel. Die neue Verordnung werde die Märkte fairer machen.

In Deutschland waren zuletzt vor allem chinesische Übernahmen umstritten. Viel Aufsehen erregte zum Beispiel 2016 die milliardenschwere Übernahme von Kuka, einem der technologisch führenden Hersteller von Robotern für die Industrie. Käufer war der chinesische Konzern Midea.

Ärger über Bauprojekt in Kroatien

Im Bereich der öffentlichen Aufträge sorgte etwa für Diskussionen, dass ein chinesisches Konsortium den Auftrag für den Bau einer wichtigen Brücke im Süden Kroatiens bekam. Zahlreiche große europäische Unternehmen gingen bei der Ausschreibung leer aus und beschwerten sich daraufhin über unlauteren Wettbewerb.

In der Corona-Pandemie hatten sich zuletzt die Sorgen vor Wettbewerbsverzerrungen durch staatlich subventionierte Unternehmen aus Ländern wie China noch einmal verschärft. Befürchtet wird zum Beispiel, dass wirtschaftlich angeschlagene EU-Unternehmen verstärkt zu Übernahmekandidaten und zu einer leichten Beute werden könnten. Zugleich ist es aber auch möglich, dass die neuen Regeln zu mehr Insolvenzen in der EU führen, weil Rettungsmaßnahmen durch staatsfinanzierte Unternehmen aus dem Ausland erschwert werden.

Der Vorschlag der Kommission sieht konkret vor, dass ausländische Unternehmen vor einer größeren Übernahme künftig offenlegen müssen, ob sie in den vergangenen Jahren Subventionen in Höhe von mehr als 50 Millionen Euro erhalten haben. Betroffen wären alle Übernahmen von Unternehmen mit einem Umsatz von 500 Millionen Euro oder mehr.

Bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge sollen Subventionen ab einem Auftragsvolumen von 250 Millionen Euro offengelegt werden. Zudem wollen die Wettbewerbshüter der EU-Kommission auf eigene Initiative auch Übernahmen und Auftragsvergaben unterhalb der Grenzwerte untersuchen und Strafen für kooperationsunwillige oder betrügerisch agierende Unternehmen verhängen können. Die Strafen sollen bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes betragen können.

Ob der Vorschlag genauso umgesetzt wird, hängt nun von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten ab und vom Europaparlament. Sie werden das Gesetzesprojekt in den kommenden Monaten diskutieren und müssen dann über die Annahme entscheiden.

Unterstützung für europäische Industriepolitik

Aus dem Europaparlament kam umgehend Unterstützung. "Vergangene Nachlässigkeit bei der Durchsetzung von Wettbewerbsneutralität gegenüber China hat dazu beigetragen, dass europäische Industriepolitik nun umso entschiedener eigene Interessen verteidigen muss, um Europas industrielle Zukunft zu sichern", kommentierte der Grünen-Politiker und China-Experte Reinhard Bütikofer.

Gemeinsam mit den Abgeordneten Michael Gahler (CDU) und Bernd Lange (SPD) machte er zudem deutlich, dass das Europaparlament nur dann eine Zustimmung zum geplanten Investitionsabkommen mit China erwägen wird, wenn es im Streit um Menschenrechtsverletzungen in der Region Xinjiang Fortschritte gibt. Die EU wirft China vor, dort muslimische Minderheiten zu verfolgen und hat deswegen jüngst auch Sanktionen verhängt. Die Regierung in Peking reagierte mit Gegensanktionen, die sich auch gegen Bütikofer und Gahler richten.

Eine ähnliche Position vertrat am Mittwoch auch der für das Abkommen zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Der Ratifizierungsprozess könne nicht von den umfassenderen Beziehungen zwischen der EU und China getrennt werden, betonte er. In diesem Zusammenhang seien die chinesischen Vergeltungsmaßnahmen inakzeptabel und bedauerlich.

Dombrovskis präsentierte am Mittwoch eine aktualisierte Fassung der EU-Industriestrategie. Sie sieht unter anderem vor, dass die EU als Lehre aus der Pandemie bei strategisch wichtigen Produkten zum Beispiel aus der Gesundheits- oder Halbleiterindustrie unabhängiger von Importen werden will. Bei 137 Produkten aus sensiblen Bereichen sei man sehr abhängig, insbesondere von China, Vietnam und Brasilien, erklärte er. Derlei Abhängigkeiten müsse man gezielt angehen und die Lieferketten widerstandsfähiger machen. (dpa/rs)

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