Möglichkeiten für Nicht-EU-Bürger

Wem das geplante Gesetz zur Fachkräftezuwanderung hilft

20.11.2018
"Fachkräfteeinwanderungsgesetz" - wer zum Arbeiten nach Deutschland kommen will, sollte wissen, was sich hinter diesem Bandwurmwort verbirgt. Für Menschen aus Indien mag es nicht einladend klingen. Für Deutschland ist es aber revolutionär, weil "Einwanderung" drin steht.
Für Nicht-EU-Bürger soll es neue Möglichkeiten geben, in Deutschland zu arbeiten.
Für Nicht-EU-Bürger soll es neue Möglichkeiten geben, in Deutschland zu arbeiten.
Foto: shutter_o - shutterstock.com

Hochqualizierte Forscher, fleißige Handwerker und IT-Fachleute aus anderen Weltregionen zieht es nur selten nach Deutschland. Hinzu kommt die Klage von Arbeitgebern, von Abschiebung seien oft "die Falschen" betroffen: Ausländer, die schnell Deutsch gelernt haben und regelmäßig arbeiten. Dass sich da etwas ändern muss, finden inzwischen auch Unionspolitiker, denen das Wort "Einwanderung" früher nicht über die Lippen kam.

Insgesamt sollen die Möglichkeiten für Nicht-EU-Bürger, in Deutschland zu arbeiten, erweitert werden. Eine Einschränkung gibt es jedoch: Abgelehnte Asylbewerber mit Duldung, die eine Ausbildung angefangen haben, durften bislang auch dann bleiben, wenn sie keine Papiere vorlegen. Künftig gibt es diese "Ausbildungsduldung" nur noch für Menschen mit zweifelsfrei geklärter Identität.

Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse soll vereinfacht werden. Wer im Ausland eine Qualifikation erworben hat, kann in Deutschland künftig gleichzeitig die notwendigen Schritte zur Anerkennung einleiten und im avisierten Beruf arbeiten.

Was das "Fachkräfteeinwanderungsgesetz" für die verschiedenen Gruppen bedeutet, zeigen einige Beispiele:

Ein junger Äthiopier lebt seit drei Jahren in Deutschland. Seit zwei Jahren arbeitet er 40 Stunden pro Woche als Hilfskraft in einer Hotelküche. Sein Asylantrag wurde vor 18 Monaten abgelehnt. Er hat keinen Pass. Das Flüchtlingsamt hat eine befristete Duldung aus dringenden humanitären Gründen ausgesprochen. Der Küchenhelfer spricht nicht fließend Deutsch, aber für einfache Absprachen reicht es.

Er lässt er sich von seiner Mutter aus Äthiopien seine Geburtsurkunde schicken und beantragt erfolgreich eine "Beschäftigungsduldung". Damit wissen er und sein Arbeitgeber, dass er zwei weitere Jahre bleiben darf. Seine Chancen auf einen dauerhaften Aufenthaltstitel steigen. Das gilt aber nicht, wenn er kurz darauf aufhört zu arbeiten oder straffällig wird.

Eine 30-jährige Krankenschwester aus Tunesien will nach Deutschland kommen, um hier in einem Altersheim zu arbeiten. Später sollen auch ihr Mann und die beiden gemeinsamen Kinder kommen. Das ist auch jetzt schon möglich, weil die Frau eine Qualifikation in einem Mangelberuf mitbringt. Neu ist aber, dass sie ohne ein konkretes Jobangebot für mehrere Monate kommen darf, um sich nach einer Stelle umzusehen.

Zwei 19-jährige Türkinnen aus Istanbul wollen in Deutschland beide eine Ausbildung als Medizinische Fachangestellte machen. Eine von ihnen hat die Deutsche Schule besucht. Ihre Freundin lernt seit vier Jahren Deutsch am Goethe-Institut. Gemeinsam reisen sie nach Deutschland, um einen Ausbildungsplatz zu suchen.

Zwei abgelehnte Asylbewerber aus dem Senegal leben gemeinsam in einer Sammelunterkunft in Bayern. Einer von ihnen hat seinen Asylantrag am 1. August 2014 gestellt, der andere am 5. September 2015. Der Senegal ist ein sogenanntes sicheres Herkunftsland. Menschen aus sicheren Herkunftsländern profitieren weder von der Ausbildungsduldung, die einen Aufenthalt für die dreijährige Ausbildungszeit und zwei weitere Jahre sichert, noch können sie die neue "Beschäftigungsduldung" erhalten.

Es gibt jedoch eine Ausnahmeregelung für "Altfälle". Diese könnte einem der beiden Männer nutzen, wenn er einen Job findet und ausreichend Deutsch spricht. Voraussetzung ist bei dieser Regelung, dass der abgelehnte Asylbewerber seinen Antrag auf Schutz vor dem 1. September 2015 gestellt hat, und dass seine Identität zweifelsfrei geklärt ist.

Ein indischer Fachmann für Cybersicherheit will sich auf einen Job in Deutschland bewerben. In seiner Heimat arbeitet er seit zehn Jahren für eine Online-Handelsplattform. Deutsch hat er sich mit einem Online-Kurs beigebracht. Er spricht sehr gut Englisch. Der Autodidakt kontaktiert eine Bank in Frankfurt am Main und eine Krankenversicherung mit Sitz in Köln. Beide Unternehmen zeigen Interesse. Wird der Gesetzentwurf in seiner aktuellen Form angenommen, erhält der Inder ein Visum - obwohl er weder ein Hochschuldiplom noch eine abgeschlossene Berufsausbildung hat. Das war bisher nicht möglich.

Ein russischer Autolackierer, der einen Cousin in Gelsenkirchen hat, beantragt ein Arbeitsvisum. Sein Cousin will ihm helfen, einen Job zu finden. Außerdem dürfe er während der JobsucheJobsuche bei ihm wohnen. Doch der Plan scheitert an fehlenden Sprachkenntnissen. Außerdem ist die Arbeitslosigkeit in Gelsenkirchen hoch. Der Referentenentwurf für das Gesetz ermächtigt das Bundesarbeitsministerium, in Regionen oder Berufen mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit die Vorrangprüfung beizubehalten oder kurzfristig wieder einzuführen. Das bedeutet: der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er keinen Deutschen oder in Deutschland bereits lebenden Ausländer findet, der die Stelle antreten könnte. (dpa/rs) Alles zu Jobsuche auf CIO.de

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