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Arbeitsplatz 2020

Munich Re baut den Next Generation Workplace

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
CIO Rainer Janßen entwickelt zusammen mit Fachabteilungen den "Arbeitsplatz der Zukunft". Künftig wird die IT nicht mehr vorgeben, welche Devices Anwender benutzen dürfen. Der CIO berichtet über die bisherigen Lessons Learned und vier definierte Mitarbeiter-Rollenprofile.
Thomas Birle (links), Head of HR Consulting, Dirk Heiss, Global Infrastructure Services Officer, und CIO Rainer Janßen an ungewohntem Workplace.
Thomas Birle (links), Head of HR Consulting, Dirk Heiss, Global Infrastructure Services Officer, und CIO Rainer Janßen an ungewohntem Workplace.
Foto: Martin Kroll

Gegen den Geräte-Wildwuchs hat die IT den standardisierten Arbeitsplatz entwickelt: Skaleneffekte in der Beschaffung, ein effektiver Support und einheitliche Sicherheitsmaßnahmen sollen letztlich die Kosten eindämmen. Doch der Kontrolle der Endgeräte steht das Begehren der Endanwender nach freien Wahlen entgegen, um ihrer Individualität Ausdruck zu verleihen und ihre Arbeit zu erleichtern. Schillers Marquis von Posa würde im heutigen "Don Carlos" von seinem IT-Leiter fordern: "Ein Federzug von dieser Hand, und neu erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gerätefreiheit."

Bei Rainer Janßen sind die Forderungen auf fruchtbaren Boden gefallen, und er hat zur Feder gegriffen. Der CIO der Munich Re will in einem übergreifenden Projekt namens "Next Generation Workplace" in den kommenden Jahren nichts weniger als den "Arbeitsplatz der Zukunft" und somit ein neues Bild der Erde im Bereich der Corporate Devices erschaffen. Das Ziel: Mitarbeiter können nach Bedarf eigene oder vom Unternehmen gestellte Geräte benutzen sowie überall vom Büro über den Firmencampus bis zum Home Office mobil arbeiten. Hinter der Flexibilität stecken in erster Linie handfeste wirtschaftliche Gesichtspunkte, so Janßen: "Wir müssen in der Lage sein, an jedem Ort der Welt die Zusammenarbeit der Mitarbeiter zu ermöglichen und die kompletten intellektuellen PS der Munich Re auf die Straße zu bringen."

Thomas Birle Head of HR Consulting, Munich Re: "Ich kann meine Mitarbeiter kaum zwingen, in einer Welt von Touch-Displays weiter auf Tasten zu tippen – das geht nicht lange gut."
Thomas Birle Head of HR Consulting, Munich Re: "Ich kann meine Mitarbeiter kaum zwingen, in einer Welt von Touch-Displays weiter auf Tasten zu tippen – das geht nicht lange gut."
Foto: Martin Kroll

Dabei geht um mehr als nur die Frage, welche SmartphonesSmartphones der Mitarbeiter nutzen und ob er in der Mittagspause FacebookFacebook aufrufen darf. "Die Arbeitsrealität unserer Mitarbeiter sieht heute anders aus als vor fünf Jahren", erklärt Thomas Birle, Head of HR Consulting bei Munich Re. Der Manager ist verantwortlich für das operative und strategische Personal-Management der Rückversicherung, eng in das Projekt eingebunden, und er kennt die Megatrends der Personalarbeit: Flexibilität, Individualität und Virtualität. Im Kern, so seine Argumentation, muss jeder Mitarbeiter für seine Position die passenden Arbeitsszenarien und Strukturen nutzen, denn die Zusammenarbeit findet nicht nach dem offiziellen Organigramm statt - die Kommunikation verläuft quer durch die Hierarchien, mobil, global und überwiegend virtuell. "Das ist die tägliche Realität vieler Kollegen", sagt Birle, "und diese Vielfalt muss die Technik unterstützen." Alles zu Facebook auf CIO.de Alles zu Smartphones auf CIO.de

Der Druck zur Veränderung kam zuerst aus den internationalen Organisationen, wo Mobilität und Heimarbeit einen höheren Stellenwert als in Deutschland haben. Nicht ohne Folgen, denn die Munich Re beschäftigt mehr Mitarbeiter in Amerika als am Stammsitz in München. Aber auch hier bildete sich sukzessive die Meinung heraus, dass andere Arbeitsformen und Geräte unterstützt werden müssten. Zudem machten es strategische Entscheidungen einiger IT-Lieferanten nötig, "dass wir uns gesamtheitlich neu sortieren", sagt CIO Janßen. Schließlich wolle sich das IT-Management nicht in weltweiten Variationen des eigenen Portfolios verzetteln. Kontrollierte Flexibilität, lautet die Devise.

Munich Re - Der Arbeitsplatz 2020

Quelle: Munich Re, 05/2014

Zur Planung des "Arbeitsplatzes der Zukunft" hat die Munich Re zwei Maximal-Szenarien entwickelt. In beiden Fällen ist ein substanzieller Teil der Belegschaft sehr mobil und stellt hohe Anforderungen an die IT-Ausstattung.

Konservatives Szenario

  • Der "War for Talents" und "Bring Your Own Device" (BYOD) haben sich als überschätzte Hype-Themen herausgestellt.

  • Über 50 Prozent der Belegschaft arbeitet regelmäßig am klassischen Büroarbeitsplatz an den Hauptstandorten der Munich Re.

  • Die Standardwerkzeuge des Büroarbeitsplatzes sind nach wie vor Word, Excel und Powerpoint auf einem Windows-PC, bereitgestellt von der Unternehmens-IT.

Aggressives Szenario

  • Durch den "War for Talents" arbeiten Geschäftseinheiten mit virtuellen globalen Teams primär in den Regionen APAC und Lateinamerika.

  • Wohnraum in Ballungsgebieten ist extrem teuer, Fahrzeiten ins Büro sehr lang, remote arbeiten ist Standard.

  • T-Infrastruktur wie PC und Internet sind überall verfügbar (privat und als Teil von Bürogebäuden - nicht in Verantwortung der IT).

  • Zugriff auf Unternehmensanwendungen erfolgt rein über virtuelle, Cloud-basierte Systeme.

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