Branche sortiert sich neu

Turbulenzen in der Schifffahrt

02.05.2017
Fusionen, Übernahmen, Pleiten und neue Allianzen: In der Schifffahrt geht es gerade sehr unübersichtlich zu. Doch ob es der Krisenbranche endlich besser geht, wenn sich die Turbulenzen wieder beruhigt haben, ist zumindest fraglich.
Die Allianzen in der Schifffahrt ordnen sich neu.
Die Allianzen in der Schifffahrt ordnen sich neu.
Foto: MOLPIX - shutterstock.com

Die Welt der Schifffahrt ordnet sich neu. Seit einem Monat teilen drei große Allianzen die Welt unter sich auf, wenn es um den Transport von Containern geht. Anfang April ist "THE Alliance" an den Start gegangen, in der sich die deutsche Reederei Hapag-Lloyd, drei vor einer Fusion stehende japanische Reedereien und Yang Ming aus Taiwan verbündet haben. "THE Alliance" tritt an gegen starke Konkurrenz. Die Marktführer Maersk und MSC bilden die Allianz "2M". Rund um den Branchendritten CMA CGM gruppiert sich die "Ocean Alliance" mit der chinesischen Cosco sowie OOCL aus Hongkong und Evergreen aus Taiwan. Sie ist ebenfalls seit dem 1. April am Markt.

Die Marktmacht der Allianzen lässt sich nicht ohne weiteres berechnen, aber "2M" und "Ocean Alliance" dürften jeweils mehr als ein Drittel des Marktes ausmachen, "THE Alliance" etwas weniger als 30 Prozent. "Damit sind wir voll wettbewerbsfähig", sagt Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen. In einer Allianz bleiben die Reedereien unabhängig gegenüber den Kunden, bieten aber gemeinsam Liniendienste an. Hapag-Lloyd ist der größte Partner in dem Bündnis, das rund 17 Prozent der weltweiten Containerschiffs-Flotte ausmacht und weltweit 75 große Häfen ansteuert.

Die Neuordnung der Allianzen fällt in eine turbulente Zeit. Nach einer Fusions- und Übernahmewelle werden zum Ende des Jahres die fünf führenden Reedereien über 58 Prozent der weltweiten Kapazitäten verfügen. Zuvor waren es 44 Prozent. Die Branche konzentriert sich. Größere Reedereien und mächtigere Allianzen bedeuten mehr Marktmacht. Die US-amerikanischen Behörden hat das misstrauisch gemacht. Sie haben im März bei einem Branchentreffen in San Francisco den versammelten Reederei-Chefs Vorladungen überreicht, um den Verdacht auf Preisabsprachen zu prüfen.

Kleines Zwischenhoch

Mit dem Start der Allianzen geht auch ein kleines Zwischenhoch in der Schifffahrt einher, die seit acht Jahren in der Krise steckt. Allein in den vergangen zwei Wochen reduzierte sich die stillgelegte Schiffskapazität von 967 000 Standardcontainern (TEU) auf 696 000 TEU, schreibt der Branchendienst "Alphaliner". Gleichzeitig gingen die Charterraten für Schiffe steil in die Höhe, zum Beispiel für ein 8500-TEU-Schiff von 12.000 Dollar auf 19.000 Dollar am Tag. Das hat die Schifffahrt lange nicht gesehen. "Die Schiffe sind voll, gerade von Europa nach Asien", berichtet ein Insider. "Manche Container können nicht mit und müssen warten."

Dazu hat beigetragen, dass nach der Insolvenz der koreanischen Reederei Hanjin vorübergehend Schiffe nicht am Markt waren. Zudem ist im vergangenen Jahr die Nachfrage nach Schiffsraum um 3,2 Prozent gestiegen, die Tonnage der Schiffe aber nur um 1,6 Prozent. Damit sind die Überkapazitäten noch nicht verschwunden, aber ein wenig kleiner geworden. In diesem Jahr kommen zwar noch ein paar große Schiffe neu in Fahrt, aber dann trocknet die Pipeline langsam aus, weil die Reedereien in den vergangenen Jahren kaum noch Nachschub geordert haben. Im nächsten Jahr, so ist die Hoffnung der Branche, könnten die Frachtraten wieder steigen und die Dauerkrise ein Ende finden.

Doch viele Branchenkenner zweifeln, dass die jüngste Erholung von Dauer ist. "Wir haben immer noch deutlich zu viel Schiffsraum", sagt der Hamburger Schifffahrtsexperte Prof. Ulrich Malchow. Neue Schiffe würden den Druck auf die Raten bald wieder verstärken. Die größeren Reedereien und neuen Allianzen hätten eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber den Charterreedereien, von denen sie einen Teil ihrer Tonnage anmieten. Und die Charterreedereien sind nach der langen Krise ohnehin finanziell ausgeblutet. Viele stehen am Abgrund. Für sie ist das rettende Ufer noch fern. (Eckart Gienke, dpa/ib)

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