Netzwerke

Falsch verbunden

17.09.2007
Von Klaus Werle und Sven Böll

Headhunter dagegen haben Xing längst in ihr Research-Arsenal integriert. Es erleichtert ihnen das mühselige Zusammenpuzzeln ihrer Kandidatenprofile. Denn der unbekümmerte Exhibitionismus, mit dem Mitglieder Telefonnummern, Adressen, Privates oder ganze Firmenorganigramme preisgeben, dieser "digitale Tabledance" ("taz"), macht das Netzwerk zur echten Info-Goldader. "Wir nutzen Xing gezielt zur Umfeldrecherche oder um mehr über Kandidaten herauszufinden, die uns empfohlen wurden - nicht aber, um diese zu suchen", sagt Thomas Bockholdt, Geschäftsführer der Executive-Search-Beratung Intersearch. Xing hat die Personalberatung nicht gerade revolutioniert: "Es ist eine Ergänzung, ein Werkzeug, mit dem man vieles schneller findet, was man vorher lange suchen musste."

Dass die Headhunter Xing zwar gern zum Kandidaten-Screening, aber eher selten bei der Primärrecherche einsetzen, liegt vor allem an der Mitgliedermischung. "Man findet bei Xing weniger Internationalität und weniger Seniorität. Es ist eine fast rein deutsche Veranstaltung mit einem gewissen Party-Charakter", sagt Hans-Matthias Ruppert, geschäftsführender Gesellschafter bei Amrop Hever Delta Management Consultants, "LinkedIn dagegen ist durchweg höherwertiger, mit mehr international tätigen Führungskräften."

Zwar gibt es einige Branchen, aus denen auch viele Top-Manager bei Xing vertreten sind, IT natürlich (so gehört etwa Michael Dell zur Xing-Gemeinde) oder auch der Finanzsektor. Von den Mitarbeitern der Deutschen Bank etwa ist jeder Zehnte Mitglied. Doch als Faustregel gilt: "Das Netzwerk ist ergiebig bis zur Bereichsleiterebene", sagt Katja Wittefeld, Research-Chefin bei Russell Reynolds. Weiter oben greifen die Headhunter nach wie vor auf ihre eigenen Datenbanken, vor allem aber auf persönliche Kontakte und Referenzen zurück. Die Zahl der Manager-Jobs, die über Xing vermittelt werden, dürfte sich also in sehr überschaubaren Grenzen halten - bei Russell Reynolds etwa war es im vergangenen Jahr kein einziger.

Nicht zuviel preisgeben

Lektion 6: Geben Sie in Ihrem Profil nicht zu viel von sich preis. Das wirkt unseriös und anbiedernd. Das Netzwerk ist nur eine Ergänzung, die den persönlichen Kontakt nicht ersetzt. Und: Auch bei der Jobsuche nimmt der Nutzen von Xing mit zunehmender Seniorität ab.

Der soziale Aufstieg hat noch eine ganz besondere Nebenwirkung: Es gibt immer weniger Menschen, die einen selbst weiterbringen - aber immer mehr nervige Bittsteller. Das musste auch Xing-Gründer Hinrichs erfahren. Er löste das Problem pragmatisch.

Bei der Xing-Party auf der Cebit empfahl der Jungmillionär in einem VHS-Grundkurs über Networking, pro Abend mindestens eine neue Person kennenzulernen. Als viele, zu viele Gäste der Aufforderung nachkamen und auf ihn einredeten, wurde es Hinrichs dann doch zu anstrengend.

Er verließ das triste Messegelände und wechselte zum Medientreff Hannover in eine schicke Bar im Stadtzentrum, Promifaktor garantiert. Im erlesenen Kreis, mit dem scheidenden EnBW-Chef Utz Claassen und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), netzwerkte es sich dann gleich viel besser.

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Genehmigung von manager-magazin.de.

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