Luftverkehrsbranche

Für den Klimaschutz werden Flugtickets teurer

15.07.2021
Mehr Klimaschutz bedeutet nicht nur für Autofahrer und Heizungsnutzer steigende finanzielle Belastungen. Auch Flugreisen werden teurer, falls sich die EU-Kommission mit ihrem Klimaschutzpaket durchsetzt.
Mehr Klimaschutz dürfte die Preise für Flugreisen erhöhen.
Mehr Klimaschutz dürfte die Preise für Flugreisen erhöhen.
Foto: OrelPhoto - shutterstock.com

Für den Klimaschutz dürften Flugtickets und Urlaubsreisen auf absehbare Zeit in Europa teurer werden. Mit ihrem Klimaschutzpaket "Fit for 55" hat die EU-Kommission auch für den LuftverkehrLuftverkehr Instrumente vorgeschlagen, die zunächst für erhebliche zusätzliche Lasten sorgen. Verschärfter Emissionshandel, eine neue innereuropäische Kerosinsteuer sowie Mindestquoten für nachhaltige Treibstoffe würden für die Fluggesellschaften zusätzliche Milliardenkosten bedeuten, die sie an ihre Kunden weitergeben müssten. "Mehr Ambition beim Klimaschutz im Luftverkehr kostet, das ist klar", hatte Lufthansa-Stratege Kay Lindemann schon vor den Brüsseler Vorschlägen erklärt. Top-Firmen der Branche Transport

Die Luftverkehrslobby hat sich das Ziel der Klimaneutralität längst auf die eigenen Fahnen geschrieben. Doch bei der konkreten Ausgestaltung gibt es viel Kritik an den Vorschlägen der Kommission, beispielsweise vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Emissionshandel und eine innereuropäische Kerosinsteuer belasteten einseitig die europäischen Netzwerkgesellschaften wie Air France und Lufthansa, klagt der Verband. Die starke Konkurrenz aus der Türkei und vom Golf werde bestenfalls für den kurzen Zubringerflug zur Kasse gebeten. Die mögliche Folge: Umsteige-Fernflüge würden wegen der Kostenvorteile und ohne Rücksicht auf die Klimabilanz auf außereuropäische Drehkreuze verlagert. In Frankfurt, Amsterdam und Paris gingen Arbeitsplätze bei Fluggesellschaften wie Flughäfen verloren.

Schwere Jets von Erdöl abhängig

Von Lufthansa-Chef Carsten Spohr stammt das Bonmot, dass der letzte Liter Erdöl wahrscheinlich in einer Flugzeug-Turbine verbrannt werde. Zu hoch ist der Energiebedarf der schweren Jets beim Start, als dass bereits heute ausreichend Ersatz für die extrem energiedichten fossilen Brennstoffe existierte. Zwar arbeiten weltweit Start-ups und etablierte Hersteller an zunächst hybriden und später auch vollelektrischen Flugzeugen. Airbus will 2035 das erste emissionsfreie, mit Wasserstoff betriebene Passagierflugzeug marktreif haben, doch auch zu diesem Zeitpunkt werden noch herkömmliche Flugzeuge mit 30 Jahren Betriebsdauer neu in den Dienst gestellt werden.

Bis auf Weiteres versprechen neben effizienteren Triebwerken lediglich alternative Brennstoffe eine CO2-Linderung für den Luftverkehr, beispielsweise aus Speiseresten gewonnenes Kerosin oder perspektivisch auch mit viel Grünstrom produzierte synthetische Kraftstoffe (Power to Liquid). Die EU will durchsetzen, dass auch die außereuropäischen Fluggesellschaften bei ihren Starts aus Europa den teureren Klima-Sprit tanken müssen, was nach Meinung der Industrie aber leicht umgangen werden könnte.

Ambitionierte EU-Anforderungen

Innerhalb Europas wird es hingegen für alle Anbieter gleichmäßig teurer. "Die meisten Passagiere sind bereit, angemessene Ticketpreise zu bezahlen", meint dazu Marion Jungbluth, Verkehrsexpertin der Verbraucherzentrale Bundesverband. Die bisherigen Instrumente zum Emissionshandel seien weitgehend wirkungslos geblieben, so dass sie die schärferen Vorgaben begrüße. "Die EU-Anforderungen sind ambitioniert, aber auf der anderen Seite bekommt der Luftverkehr auch viel Unterstützung bei der Entwicklung neuer Technologien."

Allerdings seien im internationalen Luftverkehr Insellösungen nicht möglich, so dass darauf geachtet werden müsse, dass die eigentlichen Nutznießer nicht außereuropäische Airlines mit geringeren Klimaanforderungen würden. Und in Europa dürften die Fluggesellschaften nicht im Gegenzug zu Klimazugeständnissen die Fluggastrechte zurück abwickeln, warnt Jungbluth. Entsprechende Bestrebungen gebe es bereits.

Eine Angriffsfläche bot die Branche in Vor-Corona-Zeiten mit extrem billigen Tickets, mit denen eine vorher nicht vorhandene Nachfrage stimuliert wurde. Ob der Wochenendtrip für 9,90 Euro in fremden Metropolen mit dem EU-Klimapaket der Vergangenheit angehört, glaubt BDL-Präsident Peter Gerber nicht: "Um solche Preise zu unterbinden, braucht es keine neuen wettbewerbsverzerrenden Steuern und Abgaben, sondern eine Anti-Dumping-Regelung auf europäischer Ebene. Flugtickets sollten nicht zu einem Preis unterhalb der anwendbaren Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen."

"Letztlich ist es dringend notwendig, dass Fliegen deutlich teurer wird", sagt Lars Watermann vom Flugrechtdienstleister EUflight. Die Nachfrage werde trotzdem da sein, nicht nur wegen des Nachholbedarfs nach der Corona-Krise. Er rechnet damit, dass es wegen der engen Flugpläne weiter viele Verspätungen, Ausfälle und kurzfristige Absagen gibt. "Es wäre daher nur logisch, dass der Flug auch erst bei Antritt bezahlt werden müsste." (dpa/rs)

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