Deutsche Bank

Milliardengewinn in Sicht

27.07.2021
Die Deutsche Bank kommt mit ihrem Konzernumbau voran, und das sorgt für gute Stimmung bei den Anlegern.

Auch wenn das Gebührenurteil des Bundesgerichtshofs zuletzt für gewisse Verwerfungen sorgte, könnte das Institut in diesem Jahr erstmals seit Langem auf einen Milliardengewinn zusteuern. Was im Unternehmen los ist, was die Aktie macht und was Experten dazu sagen.

Bei der Deutschen Bank blickt man optimistisch in die Zukunft.
Bei der Deutschen Bank blickt man optimistisch in die Zukunft.
Foto: Vytautas Kiela - shutterstock.com

Das ist los bei der Deutschen Bank

Allmählich wird es ernst für Christian Sewing. Als der Konzernchef Mitte 2019 den strategischen Umbau seiner Bank präsentierte, tat er das mit den Worten: "Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass wir die Deutsche Bank neu erfinden." Nun, zwei Jahre später, muss er sich an den bisherigen Resultaten messen lassen. Denn nachdem die Deutsche Bank 2020 das erste Mal nach fünf Verlustjahren wieder schwarze Zahlen geschrieben hat, wird dies natürlich auch weiterhin erwartet.

Wenn der Dax-Konzern an diesem Mittwoch (28. Juli) seine Ergebnisse für das zweite Quartal vorlegt, dürften sich die Beobachter an Sewings Rede zur Hauptversammlung Ende Mai erinnern. Hier sprach er von einem "weiterhin guten Geschäftsverlauf", was die Erwartung bestärke, im laufenden Jahr Erträge "auf dem hohen Niveau des vergangenen Jahres" zu erreichen.

Dabei kommt das Management mit der Umsetzung der Strategie voran. "Nach drei Jahren sind wir noch nicht am Ziel - aber wir sind sehr weit vorangekommen", bilanzierte Sewing bei dem Aktionärstreffen. "Wir haben noch Baustellen - wir haben aber auch viele Baustellen bereits schließen können." So hat die Bank in diesem Frühjahr ihr Führungsteam umgebaut. Zwei Topmanager verließen das Geldhaus, eine Frau rückte in den Vorstand auf. Sewing selbst darf bis 2026 weitermachen, die Zuständigkeit fürs Investmentbanking musste er jedoch abgeben. Auch der Filial- und Stellenabbau geht weiter. Bis 2022 sollen insgesamt rund 18 000 Vollzeitstellen wegfallen, so dass weltweit noch 74 000 bleiben.

Allerdings brachte das zweite Quartal einen herben Schlag für die deutsche Bankenbranche. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) Ende April in einem Verfahren um die Deutsche-Bank-Tochter Postbank, dass Banken bei Änderungen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung der Kunden einholen müssen. Die Klausel, wonach Geldhäuser von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen können, wenn Kunden einer Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprechen, benachteilige Kunden unangemessen.

Das Urteil versetzte die Branche in Aufregung. Die Deutsche Bank rechnet in der Folge mit einer Belastung in Höhe von rund 300 Millionen Euro. Für mögliche Rückforderungen wollte das Institut im zweiten Quartal 100 Millionen Euro zurückstellen. Zudem geht der Vorstand davon aus, dass die Erträge des Konzerns im zweiten und dritten Quartal um jeweils etwa 100 Millionen Euro niedriger ausfallen werden. Bis zum Herbst will die Deutsche Bank aber Lösungen gefunden haben, um die Gebührenerhöhungen beim Großteil ihrer Kunden durchzusetzen.

Das macht die Aktie

Das BGH-Urteil hatte der Deutsche-Bank-Aktie nochmal einen Dämpfer auf unter zehn Euro verpasst. Der Trend bleibt aber positiv. Im zweiten Quartal stieg der Aktienkurs zeitweise auf über 12 Euro und damit so hoch wie seit dem Frühjahr 2018 nicht mehr. Im bisherigen Jahresverlauf gehört die Aktie mit einem Plus von rund 18 Prozent zu den Gewinnern im Dax.

Dabei profitiert das Papier genau wie die Aktien der gesamten Branche immer wieder von der Diskussion um möglicherweise bald steigende Zentralbankzinsen. Während die Europäische Zentralbank (EZB) hier vor wenigen Tagen ein klares "Nein" signalisiert hat, hat zumindest die US-Notenbank Fed erklärt, dass sie eine schrittweise Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik immerhin diskutiert. Banken werden von Anlegern als Nutznießer potenziell höherer Marktzinsen gesehen, da diese das Geschäft der Institute mit Zinsprodukten und Hypotheken attraktiver machen können.

Auch die im Raum stehende Wiederaufnahme der Dividendenzahlung dürfte den Aktionären gefallen. Diese hatte Sewing für 2021 als "realistisch" in Aussicht gestellt, nachdem sie zwei Jahre lang ausgefallen war. Da kommt eine Entscheidung gerade recht: Die EZB hat am Freitag entschieden, dass die Banken in der Eurozone ab Oktober wieder regulär Dividenden ausschütten dürfen. Damit laufen die Beschränkungen aus, die die Zentralbank als Aufsichtsbehörde wegen der Corona-Krise 2020 verhängt hatte.

Das sagen Analysten

Die 19 von dpa-AFX erfassten Branchenexperten, die sich seit dem letzten Quartalsbericht Ende April zu der Aktie geäußert haben, sind sich größtenteils einig - jedoch nicht gerade euphorisch. Nur der Analyst von der Societe Generale rät zum Kauf der Aktie. Die Mehrzahl empfiehlt hingegen, das Papier zu halten, fünf Analysten raten gar zum Verkauf.

Die Spanne der Kursziele ist überschaubar. Wegen zwei Ausreißern reicht sie zwar von 8,50 Euro bis 15 Euro, aber die Mehrheit der Analysten sieht den Kurs auf dem Weg zu 10 bis 12 Euro. Entsprechend liegt das durchschnittliche Kursziel bei 11,11 Euro und damit noch knapp über dem jüngsten Kurs von 10,66 Euro.

Für den anstehenden Quartalsbericht erwarten die Analysten zudem keine negativen Überraschungen, sondern eine sich weiterhin stabilisierende Bank. Die von dem Dax-Konzern selbst bis 20. Juli befragten Analysten erwarten für das zweite Quartal Erträge von gut sechs Milliarden Euro, knapp vier Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Da hatten die sprudelnden Geldströme aus der Investmentbank angesichts des Börsen-Hypes rund um die Corona-Krise für Aufschwung gesorgt. Bei der Vorlage der Zahlen für das erste Quartal befand UBS-Analyst Daniele Brupbacher jedoch die Ergebnisse außerhalb des Investmentbanking als "ermutigend".

Die Analysten äußersten sich auch mit der Ende Mai vorgestellten Nachhaltigkeitsstrategie zufrieden. Diese sei ein wichtiger Wachstumsbaustein, schrieb Analystin Magdalena Stoklosa von Morgan Stanley. Analyst Nicolas Payen von der Investmentbank Kepler Cheuvreux kommentierte die Nachhaltigkeitsziele des Instituts mit den Worten: "Zu wenig zu früh ist immer noch besser als zu wenig zu spät." Er kritisiert jedoch, dass die Deutsche Bank noch nicht in der Lage sei, die Auswirkungen der Strategie auf ihre Erträge zu quantifizieren. Das Ziel von 200 Milliarden Euro für nachhaltige Finanzierungen sei aber um zwei Jahre vorverlegt worden.

Zudem schauen die Analysten bei der Risikovorsorge genau hin. Nachdem Finanzvorstand James von Moltke im Juni Hoffnung gemacht hatte, dass die Bank in diesem Jahr weniger als die erwarteten 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro für mögliche Kreditausfälle zurücklegen muss, rechnen Analysten für das zweite Quartal im Schnitt mit 174 Millionen Euro. Zudem dürfte die Bank ihre um den Stellenabbau und Aufwendungen für das Hedgefondsgeschäft bereinigten Kosten auf rund 4,7 Milliarden Euro gesenkt haben.

Der Konzerngewinn dürfte nach Schätzung von Experten knapp 500 Millionen Euro erreichen. Weil davon noch Zinsen für eigenkapitalähnliche Anleihen abgehen, entfiele auf die Aktionäre noch ein Gewinn von knapp 400 Millionen Euro. Im Gesamtjahr könnte die Bank trotz der Corona-Krise und des Rückschlags durch das BGH-Urteil sogar einen Milliardengewinn erzielen: Im Schnitt rechnen Analysten für 2021 mit einem auf die Aktionäre entfallenden Überschuss von 1,45 Milliarden Euro. (dpa/ad)

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