Autobauer im Würgegriff der Pandemie

So steht BMW in diesem Jahr da

04.08.2020
Der Autobauer BMW dürfte wie die Wettbewerber aus Wolfsburg und Stuttgart im zweiten Quartal in die rote Zahlen gerutscht sein. Das hatten die Münchener schon länger angekündigt.
BMW-Hauptsitz in München: Der Autobauer will in diesem Jahr kräftig sparen.
BMW-Hauptsitz in München: Der Autobauer will in diesem Jahr kräftig sparen.
Foto: BMW AG

Spannend wird zur Zahlenvorlage an diesem Mittwoch (5. August) für die Anleger, wie es nun weitergeht. Wie die Lage im Unternehmen ist, was Analysten sagen und wie die Aktie zuletzt gelaufen ist.

Schon das erste Quartal war schwierig. Die unter dem Corona-Eindruck ohnehin schon vorsichtig gewählte Prognose musste BMWBMW noch einmal kappen. Zwar sahen die Zahlen im direkten Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum noch okay aus - das lag aber an einer 1,4 Milliarden Euro schweren Rückstellung für eine mögliche Kartellstrafe im Vorjahr. Top-500-Firmenprofil für BMW

Investitionen sinken

Genau wie Daimler und VW kündigte auch BMW unter dem Eindruck der Krise einen Verlust für die Monate April bis Juni an. Die Marke BMW verkaufte im zweiten Quartal mit 430.397 Autos 23 Prozent weniger, inklusive der Kleinwagenmarke Mini stand ein Minus von einem Viertel zu Buche. In China allein, dem wichtigsten Einzelmarkt, hat BMW dagegen 17 Prozent mehr AutosAutos verkauft als vor einem Jahr. Top-Firmen der Branche Automobil

Konzernchef Oliver Zipse und Finanzchef Nicolas Peter wollen in diesem Jahr nun kräftig sparen, auch weil sich schon das erste Quartal tief in die finanziellen Reserven fraß. Im Autogeschäft verbrannte BMW in den ersten drei Jahresmonaten 2,2 Milliarden Euro. Ob sich das im zweiten Quartal schon gebessert hat, wird spannend. Rivale Daimler hatte überraschen einen Mittelzufluss vorweisen können.

Bei BMW sollen die Investitionen von 5,7 Milliarden Euro letztes Jahr auf unter 4 Milliarden Euro fallen, einige Projekte sollten geprüft und verschoben werden. Es dürfte zudem zu einem bedeutenden Stellenabbau kommen.

Interessant wird sein, wie Zipse die Erholungschancen auf den europäischen und amerikanischen Märkten einschätzt. China kann mit einer weitgehenden Normalisierung schon wieder Wachstum vor allem bei Premiummarken vorweisen. Doch das Beispiel China dürfte wohl nur bedingt als Blaupause für den Rest der Welt gelten, hatte Zipse im Mai zu rosige Hoffnungen zu dämpfen versucht.

BMW CEO Oliver Zipse neben dem BMW iX3 - dem ersten vollelektrischen SUV der Marke.
BMW CEO Oliver Zipse neben dem BMW iX3 - dem ersten vollelektrischen SUV der Marke.
Foto: BMW AG

Mit dem ersten vollelektrischen SUV iX3 präsentierten die Bayern vor kurzem, was sie mittelfristig wieder aus dem Sumpf ziehen soll. Sind die entsprechenden Konkurrenten von Audi (e-Tron) und Mercedes (EQC) bereits etwas länger am Markt, will BMW nun angreifen. Derzeit sorgt die ausgeweitete Förderung von Elektro- und Plug-in-Hybrid-Autos für einen Nachfrageboom nach elektrifizierten Antrieben. Problem: Der iX3 wird in China hergestellt und dürfte voraussichtlich erst Anfang kommenden Jahres hierzulande die ersten Kunden erreichen.

Das sagen Analysten

BMW dürfte beim Umsatz im zweiten Quartal nach Schätzung der acht von Bloomberg bis Dienstag befragten Analysten rund 20,05 Milliarden Euro erzielen - und damit rund 22 Prozent weniger als vor einem Jahr. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern rechnen die Analysten mit einem Verlust von 410 Millionen Euro nach einem Gewinn von 2,2 Milliarden im Vorjahreszeitraum. Vor Steuern dürfte immerhin noch ein Verlust von 110 Millionen Euro zu Buche stehen.

Womöglich reicht eine positive Entwicklung beim Betriebskapital durch Lagerabbau im zweiten Quartal nicht aus, um einen Zufluss freier Mittel zu schaffen, schrieb George Galliers von Goldman Sachs in einer Studie Mitte Juli. Allerdings sieht er die Chance, dass BMW im Gesamtjahr doch noch einen positiven Free Cashflow im Autogeschäft auf die Beine stellen kann.

Produktion im BMW-Werk Leipzig: Im zweiten Quartal konnte BMW viel zu wenige Autos bauen.
Produktion im BMW-Werk Leipzig: Im zweiten Quartal konnte BMW viel zu wenige Autos bauen.
Foto: BMW AG

Die Erholung schreite fort, titelte Experte Stephen Reitman von Societe Generale. Im zweiten Quartal seien zwar vermutlich rund 200.000 Autos nicht wie geplant produziert worden, zudem dürfte die Kredit- und Restwertvorsorge in der Finanzsparte gestiegen sein. Der Free Cashflow sollte aber weit besser als befürchtet ausgefallen sein.

Das Schlimmste sollte nun hinter dem Konzern liegen, schrieb Christian Ludwig vom Bankhaus Lampe. Er traut BMW dank der widerstandsfähigen Finanzsparte und einigen Verrechnungseffekten sogar einen Gewinn unter dem Strich zu.

Damit rechnet BMW im Jahr 2020

BMW geht derzeit von einem deutlich sinkenden Absatz von Autos aus, 2019 hatte BMW 2,54 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert. Vor Zinsen und Steuern schätzen die Münchener die Marge im Automobilbau auf null bis drei Prozent Gewinn vom Umsatz (Vorjahr: 4,9 Prozent). Bei den Finanzdienstleistungen geht BMW von einer moderat sinkenden Eigenkapitalrendite aus. Das Konzernergebnis vor Steuern dürfte deutlich zurückgehen, das heißt um mehr als zehn Prozent ausgehend vom bereits schwachen Vorjahreswert 7,1 Milliarden Euro.

Nach dem schwachen ersten Jahresviertel ging BMW nicht mehr davon aus, im Gesamtjahr einen Zufluss bei den freien Mitteln aus dem Automobilbau zu erreichen, selbst wenn sich wie angenommen im dritten Quartal die Lage normalisieren sollte. "Das zweite Quartal wird negativ sein", hatte Finanzchef Peter im Mai einen Verlust für die Monate April bis Juni angekündigt.

Das macht der Kurs

Die im Dax notierte BMW-Stammaktie hatte zwar den Corona-Crash zwischenzeitlich fast wettgemacht. Das Corona-Tief von 36,60 Euro lässt der Titel beim aktuellen Kurs von rund 56 Euro komfortabel hinter sich. Aber bis zum Kurs zu Jahresbeginn von rund 73 Euro fehlt noch ein ganzes Stück.

So liegt das Minus im bisherigen Jahresverlauf immer noch bei fast einem Viertel. Das ist ähnlich viel wie beim Rivalen Daimler und etwas weniger Minus als bei der Vorzugsaktie von Volkswagen. Auf Sicht von fünf Jahren haben BMW-Aktionäre rund 40 Prozent verloren, Daimler-Anteilseigner gar mehr als die Hälfte. Volkswagen hingegen liegt mit einem Minus von einem Drittel trotz des Dieselskandals noch am besten.

Im Umbruch der Autoindustrie zieht es Anleger mit Zukunftsausrichtung eher zu anderen Werten hin - unter anderem zum Börsenstar Tesla. Der US-Elektroautopionier ist mit 276,7 Milliarden US-Dollar (235,4 Mrd Euro) deutlich mehr wert als die drei deutschen Autokonzerne zusammen: Volkswagen (69,1 Mrd Euro), Daimler (42,6 Mrd Euro) und BMW (36,3 Mrd Euro) kommen in Summe nur auf 148 Milliarden Euro. (dpa/rs)

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