Ich-Sucht vs. Leistung

Wie Sie Egoisten ausbremsen

Kommentar  31.05.2021

Dr. Dieter Lederer ist Unternehmensberater, Organisationsentwickler und Veränderungsexperte mit einer Erfahrung aus mehr als 250 Veränderungsprojekten. Sein tiefes Wissen über Unternehmenstransformation vermittelt er zudem als vielgefragter Redner und Executive-Coach. Zu seinen Kunden zählen namhafte Konzerne ambitionierte Mittelständler und preisgekrönte Startups.

Egoistisches, beziehungsweise egozentrisches Verhalten ist in Unternehmen so üblich wie schädlich. Gegen diese drei Muster sollten Sie sich besonders schützen.

Es war zum Haareraufen: Nichts funktionierte, und obendrein behauptete der Kunde, seine Anforderungen seien nicht verstanden worden. Es ging um ein Testsystem für autonomes Fahren, bei dem sich die Implementierung der Algorithmen als bedeutend anspruchsvoller herausstellte, als zu Projektbeginn angenommen. Mittlerweile war der Kunde richtig sauer und drohte mit der Aufkündigung der Zusammenarbeit. Ein Turnaround musste her, und zwar schnell.

Wer Egoisten im Team hat, sollte diese gekonnt und mutig ausbremsen. Wir geben Ihnen die richtige Argumentation an die Hand.
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Foto: Just dance - shutterstock.com

Da auch in anderen Projekten die Gefahr bestand, ins Hintertreffen zu geraten, fasste sich der Engineering-Chef ein Herz und setze kurzfristig ein außerordentliches Review für alle größeren Projekte an. Doch leider hatte er die Rechnung ohne seinen Kollegen, den Projektdirektor, gemacht. Dieser fühlte sich ob des Vorpreschens brüskiert und griff kurzerhand zum allerletzten Mittel: Er drohte mit Kündigung, falls es bei dem Review bliebe. Die Folgen: Absage, offener Konflikt, massive Irritation bei den Projekten und der Führungsmannschaft.

Was unternehmerisch völlig richtig war, geriet zum Fiasko. Ja, es wäre eleganter gewesen, den Kollegen sofort mit einzubeziehen. Doch nein, es kann nicht sein, dass das Ego eines Einzelnen über das Wohl und Wehe wichtiger Projekte entscheidet. Gang und gäbe ist es dennoch und das Umfeld schreckt meist davor zurück, solche Egoisten in ihre Schranken zu verweisen. Sie scheinen entweder wohlgelitten oder von allen gefürchtet - zwei komplett entgegengesetzte Regungen mit allerdings identischen Folgen: Das unternehmerisch kontraproduktive Verhalten wird zementiert statt abgestellt.

"Ego über alles?"

Um das zu verhindern, lohnt sich der Blick auf drei typische Verhaltensmuster, die darauf hindeuten und ein Gegensteuern brauchen:

  • Drohen statt Unterstützen: "Ich bin wichtiger als die Sache" - das ist die eigentliche Aussage, die meist in Drohungen steckt. Damit wird das Klima sofort und nachhaltig vergiftet. Das ist ein nicht zu tolerierendes No-Go, das es sofort zu entlarven gilt. Konter: "Was willst Du mit Deiner Drohung sagen?" "Das zieht bei mir nicht" - derart aufgedeckt, fallen die meisten Drohungen in sich zusammen. In hartnäckigen Fällen braucht es Hilfe durch Eskalation. Denn das Gefährliche daran ist, dass diese Art der Einschüchterung eine Schattenhierarchie mit heimlichen Anführern erzeugt, die eine Abteilung wie ein Pilz zersetzen kann.

  • Abwerten statt Lösen: "So geht es auf keinen Fall!" - Wie gut, dass einer den Mut hat, es auszusprechen - oder? Komischerweise wird diese Aussage bevorzugt in großen Runden und nach eigener Beteiligung bei der Vorbereitung verwendet. Das ist destruktive Doppelzüngigkeit. Konter: "Was genau stört dich heute daran, nachdem Du letztens noch einverstanden warst? Wenn du mir die genauen Gründe nennst, können wir sie hier mit den anderen besprechen." - Es gibt kaum ein geeigneteres Mittel, inhaltsleeres Schlechtmachen abzustellen, denn echte Argumente sind hier kaum zu erwarten.

  • Abgrenzen statt Anpacken: "Ich weiß, wie es geht, doch ich packe nicht mit an." - Es ist doch viel bequemer, nur die Richtung zu weisen, sich jedoch selbst herauszuhalten, denn schließlich müsste sonst geliefert werden. Klappt die Sache, die der Großspurige propagiert, schreibt er sich den Erfolg auf die eigene Fahne. Geht sie schief, wäscht er seine Hände in Unschuld. Konter: "Du hast die Wahl: entweder du bist ganz dabei oder du hältst dich ganz heraus." - Diese unangemessene Abgrenzung dürfen sich davon Betroffene nicht bieten lassen. Diese Antwort ist daher nicht nur legitim, sondern in einer solchen Situation notwendig.

Es ist an der Zeit, Egoisten Einhalt zu gebieten. Das muss explizit geschehen. Das alleinige Ballen der Faust in der Hosentasche ist nutzlos. Ein guter Teil von ihnen dürfte belehrbar sein, beim anderen Teil ist die Frage nach der Zukunft zu stellen, denn "Destruction by Ego" ist untragbar. (hk)

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