Lebenslange Weiterbildung

Lernverträge mit Mitarbeitern abschließen

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Die Boston Consulting Group rät Unternehmen, Lernverträge mit ihren Mitarbeitern zu vereinbaren. Damit können sie ein lebenslanges Lernen institutionalisieren und ihre Mitarbeiter langfristig binden.
  • Ein Lernvertrag regelt nicht nur Umschulungen und Weiterqualifizierung, sondern schreibt auch ein Bekenntnis zu Lernwilligkeit und Lernfähigkeit von beiden Seiten fest
  • Es geht bei einer solchen Vereinbarung nicht nur um Lernen, sondern auch um Mitarbeiterbindung
  • Auf Führungskräfte kommen dabei die meisten Veränderungen zu

Im 21. Jahrhundert ist die einzig wichtige Fähigkeit die Lernfähigkeit. Diese Aussage von Peter Drucker stellt die Boston Consulting Group (BCG) ihrem Papier "How learning contracts can drive an industrious revolution" voran. Die Consultants verstehen Lernverträge als Mittel, lebenslanges Lernen zu institutionalisieren, und als Weg, Mitarbeiter zu binden.

Beispiel für einen Lernvertrag: Bob E. soll sich binnen zwei Jahren vom Knowledge Analysten zum Lead Knowledge Analysten entwickeln.
Beispiel für einen Lernvertrag: Bob E. soll sich binnen zwei Jahren vom Knowledge Analysten zum Lead Knowledge Analysten entwickeln.
Foto: Boston Consulting Group

Die BCG spricht von Re-Skilling, Umschulungsmaßnahmen, und Up-Skilling, WeiterqualifizierungWeiterqualifizierung. Beide Bereiche muss ein Lernvertrag abdecken. Ebenso wichtig sind die "sozialen" Aspekte des Vertrags: Arbeitnehmer wie Arbeitgeber einigen sich darauf, lernen zu wollen und zu können. Das Unternehmen wird den Mitarbeitern Lernmöglichkeiten bereitstellen. Alles zu Personalführung auf CIO.de

Skills veralten - neue Skills müssen erlernt werden

Die Berater plädieren für ein komplett neues Verständnis von Lernen. Wer heute in einem höher qualifizierten Beruf arbeitet, dessen ursprünglich erlernte SkillsSkills seien mit dem 30. Geburtstag veraltet, so die BCG. Lernen verändere jetzt den Begriff der Disruption hin zu einem Begriff einer Entwicklung. Alles zu Skills auf CIO.de

Die Consultants illustrieren das an neun Einzelpunkten. Einer davon lautet "Lernen ist Routine und gehört zum Arbeitsalltag". Dieser Satz soll die bisherige Haltung ablösen: "Lernen findet außerhalb des Arbeitsalltags statt". Weitere Beispiele: Die Haltung "Manager sind Taskmaster" wird zu "Manager sind Learning Coaches" und "Zeugnisse weisen Qualifikationen aus" verändert sich in "Der Markt erkennt, wer qualifiziert ist".

Muster eines Lernvertrags

Die BCG liefert eine Vorlage dafür, wie ein solcher Vertrag aussehen kann. Das Papier am Beispiel des Mitarbeiters Bob E. und seiner Managerin Laura M. regelt vier Bereiche: die Skills, die Herr E. heute braucht und die, die er in zwei Jahren brauchen wird, und Beides aufgeteilt in Soft Skills sowie Hard/Technical Skills.

Herr E. ist derzeit als Knowledge Analyst tätig und soll sich binnen zwei Jahren zum Lead Knowledge Analysten entwickeln. Er wird Alteryx/Tableau, Trello, Storyboarding und weiteres lernen (Hard Skills), ergänzt durch Collaboration, Zeit-Management und anderes (Soft Skills).

Die Boston Consulting Group spricht sich für ein neues Verständnis von Lernen aus und skizziert das in neun Kernsätzen.
Die Boston Consulting Group spricht sich für ein neues Verständnis von Lernen aus und skizziert das in neun Kernsätzen.
Foto: BCG

Mitarbeiter und Unternehmen messen den Lernerfolg

Bob E. kann seine Entwicklung systematisch überprüfen, in dem er sich beispielsweise folgende Fragen stellt: Welche Bücher lese ich gerade? Wen habe ich diese Woche kennengelernt? Was hat mich diese Woche beunruhigt? Welche wichtige Aufgabe habe ich fertiggestellt?

Die Leitung seines Unternehmens wiederum muss den Lernerfolg von Herrn E. und seinen Kolleginnen und Kollegen beobachten und High Performer belohnen. Damit ist der Lernvertrag in drei Schritte eingebunden. Schritt eins besteht im Design des Vertrags, Schritt zwei in der Erfüllung und Schritt drei in der Erfolgskontrolle.

Größte Veränderung kommt auf Manager zu

Die größte Veränderung steht aber nicht Sachbearbeitern, sondern Führungskräften bevor, sagt die BCG. In einem lernenden Unternehmen müssen sie als Vorbilder fungieren, die selbst lernen und Mitarbeiter darin unterstützen können, wie man lernt. Manager müssen verdeutlichen, welche Ziele das Unternehmen verfolgt und warum es wichtig ist, welcher Mitarbeiter was lernt.

Mitarbeiter schlagen ihre Qualifikationsmaßnahme selbst vor

Das heißt nicht, dass die Mitarbeiter keine Verantwortung tragen. Im Gegenteil: Idealiter schlagen sie selbstständig vor, etwas zu lernen, das sie im Job weiterbringt. Gemeinsam mit der Führungskraft suchen sie geeignete Qualifizierungsmaßnahmen aus und entwickeln einen konkreten Plan. Gemeinsame "Learning Check-Ins" halten die Führungskraft über den Fortschritt auf dem Laufenden. Zum Schluss wird der Erfolg der Maßnahme evaluiert. Der Mitarbeiter erhält eine Belohnung.

Die Vision: Lernen wird zum normalen Dauerzustand

Vision der BCG: Lernen wird zum normalen Dauerzustand, jeder lernt ständig. Künftig sollte keine Frage mehr verneint werden - egal ob es sich um spezielle Software-Kenntnisse handelt oder die Optimierung der Lieferkette in Schwellenländern.

Die Antwort sollte immer lauten: "Ich habe das noch nicht gelernt" oder "wir haben das noch nicht ausgearbeitet".

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