Healthcare IT


Themenschwerpunkt im Bundesgesundheitsblatt 03/2006

Quo vadis HTA?

17.07.2006
HTA-Experten und -Anwender diskutieren derzeit und in den letzten Monaten intensiv den aktuellen Stellenwert von Health Technology Assessment (HTA), der systematischen Bewertung medizinischer Verfahren und Prozesse. Dazu greifen sie zentrale Fragen auf: Was verbirgt sich hinter dem Begriff, welchen Einfluss hat HTA oder inwieweit beeinflussen epidemiologische und ökonomische Beobachtungen gesundheitspolitische Entscheidungen?

HTA hat sich inzwischen zu einer festen Größe entwickelt und ist gesetzlich im deutschen Gesundheitswesen verankert. Der Begriff Health Technology Assessment (HTA) bezeichnet einen Prozess, mit dem medizinische Verfahren und Technologien systematisch bewertet werden, die einen Bezug zur gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung haben. In der deutschen Gesundheitspolitik spielt HTA seit Mitte der 90er Jahre eine zunehmende Rolle. 2000 wurde die Deutsche Agentur für HTA des DIMDI, DAHTA@DIMDI, gegründet. Sie betreibt ein Informationssystem HTA und führt ein Programm zur Erstellung von HTA-Berichten durch.

Was steckt hinter HTA?

Heute wird bei HTA nicht mehr das "ob", sondern das "wie" diskutiert. Methodik und Inhalte bilden auch im HTA-fokussierten Bundesgesetzblatt vom März den Fokus. Sechs kurze Statements erläutern hier zunächst den Begriff. Dabei wird HTA vor allem als Instrument zur Unterstützung der Gesundheitspolitik erkannt, das wissenschaftlich fundierte Entscheidungen ermöglicht. Die Autoren geizen dabei auch nicht mit kritischen Anmerkungen, insbesondere zur Methodik: So fehlen teilweise (internationale) Standards oder die erwünschte Multidisziplinarität erfordert Zeitintervalle, die nicht immer denen politischer Entscheider entsprechen können.

Was erreicht HTA?

Theoretische Auseinandersetzungen über die Auswirkung von HTA-Berichten und die Qualität und Größe dieser Effekte sind bisher Mangelware. Der Beitrag des HTA-Zentrums der Universität Bremen greift in besagter März-Ausgabe des Bundesgesetzblatts dieses zentrale Thema auf und stellt internationale Untersuchungen vor. HTA-Berichten bescheinigt er ein großes, oft noch nicht in voller Ausprägung erkanntes Potenzial. Um es richtig nutzen zu können, sei es jedoch wichtig, vorab Impactziele für Berichte festzulegen und diese auch zu evaluieren, so das Fazit. Nachfolgend werden weitere Beiträge aus dem Bundesgesetzblatt März 2006 kurz dargestellt.

Welche Daten benötigt HTA?

Mehrere Wissenschaftler sollten Studiendaten in Kooperation bewerten, fordert der Autor des Artikels zur Bedeutung wissenschaftlicher Evidenz im HTA-Prozess (Universität Witten/Herdecke). Damit sei die unvermeidliche Subjektivität gering zu halten. Zudem sei die hierarchische Einordnung von Studien nach Evidenzleveln hilfreich.

Ein Beitrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beschreibt die Rolle randomisierter Studien: Sie stellten als einzige den fairen Vergleich von Verfahren sicher. Auf sie zu verzichten, bedürfe einer substanziellen Begründung. Alltagsbedingungen spiegelten sie jedoch oft nur eingeschränkt wider, so der Artikel des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin. Denn häufig beschränkten sie sich auf ausgewählte Patientengruppen und ein künstliches Studien setting. Daher seien bei der Bewertung des Behandlungsnutzens auch epidemiologische Beobachtungsstudien zu berücksichtigen. Der Beitrag zeigt am Beispiel pharmako-epidemiologischer Asthmastudien, welche Schwierigkeiten und Möglichkeiten bestehen, datenbankbasierte Ergebnisse angesichts vielfältiger Einflussquellen auszuwerten und in den HTA-Bewertungsprozess zu integrieren.

HTA und Ökonomie

Für ein umfassendes HTA werden zunehmend gesundheitsökonomische Daten in die Beurteilungen einbezogen. In Deutschland führe beispielsweise das DIMDI wirtschaftliche Bewertungen durch, während dies beim IQWiG noch gesetzlich ausgeschlossen sei, erklärt ein weiterer Beitrag (Universitäten Hannover/Bielefeld). Grundlage wirtschaftlicher Beurteilungen sei vor allem sekundärwissenschaftliche Evidenz, z.B. Kosteneffektivitäts- oder Kostennutzwertstudien. Als wichtigste Ergebnisse der Bewertung identifizieren die Autoren Kosteneffektivitätsquotient und den Budget impact. Gemeinsam mit medizinischen und übergeordneten Aspekten bildeten sie die Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen. Ein Problem sei, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung häufig nur unzureichende ökonomische Daten vorlägen. Die Anreize für Hersteller seien (noch) zu gering, diese neben der klinischen Forschung zu erheben. Die Autoren erwarten jedoch für die Zukunft mehr Evaluationsstudien mit ökonomischen Inhalten, weil deren Gewicht durch den Einbezug in HTA-Berichte steige.

Abgerundet wird die HTA-Ausgabe des Bundesgesetzblattes von einer Darstellung rechtlicher Aspekte von HTA am Beispiel der Prozesse zwischen IQWiG und Gemeinsamem Bundesausschuss (G-BA) sowie Stellungnahmen des Deutschen Netzwerks evidenzbasierter Medizin und des neuen Europäischen Projektes für ein Europäisches HTA-Netzwerk – EUnetHTA.

Das Bundesgesundheitsblatt wird herausgegeben von den Bundesinstituten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für GesundheitGesundheit. Das Robert-Koch-Institut in Berlin ist Sitz der Redaktion. Die Monatszeitschrift ist über den Buchhandel erhältlich.

Andreas Voss, MBmedien GmbH
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