Rolle des Chief Information Officer

Schweizer CIOs blicken entspannt in die Zukunft

Rolf Trüeb war bis vor wenigen Monaten Chief Informatik Officer der Mobiliar Versicherungsgesellschaft, eine der grössten Versicherungen der Schweiz. Er organisiert unter anderem Weiterbildungsveranstaltungen für CIOs. 
Walter Brenner ist Professor für Informationsmanagement und geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Informationsmanagement, Industrielle Services, CRM, Design Thinking und Digital Consumer Business.
Eine Umfrage unter CIOs großer Schweizer Unternehmen zeigt: Die IT-Chefs fürchten keineswegs Konkurrenz von anderen Managern wie CDOs oder Softwarevorständen, vielmehr sehen sie sich selbst als treibende Kraft der Digitalisierung.
CIOs großer Schweizer Unternehmen sehen Herausforderungen, machen sich um ihre Zukunft aber wenig Sorgen.
CIOs großer Schweizer Unternehmen sehen Herausforderungen, machen sich um ihre Zukunft aber wenig Sorgen.
Foto: SAHACHATZ - shutterstock.com

Die Rolle des Chief Information Officer (CIO) ist heute oft umstritten. Der Chief Digital Officer (CDO), Softwarevorstände, der Forschungs- und Entwicklungschef und Informatiker in den Fachbereichen, allen voran im Marketing, machen dem CIO seine RolleCIO seine Rolle als Verantwortlicher für Informatik streitig. Wie sehen CIOs ihre Rolle? Wie gehen sie mit dieser neuen Konkurrenz um? Wie sieht Ihre Position in Zukunft aus? Welche Aufgaben werden sie in Zukunft übernehmen? Alles zu Rolle des CIO auf CIO.de

In diesem Artikel kommen die CIOs zu Wort. Die Universität St. Gallen befragte 35 CIOs grosser Schweizer Unternehmen im Herbst 2019 zu ihrer Zukunft. Im Gegensatz zu vielen Beratern, Fachjournalisten und Wissenschaftlern, die das Ende des CIO prognostizieren, blicken die befragten CIOs entspannt in die Zukunft. Sie sehen sich und ihren Bereich als tragende Kraft der Digitalisierung. Und sie gehen von einer evolutionären Weiterentwicklung ihres Jobs in den nächsten drei Jahren aus. Fünf Entwicklungen werden in Zukunft die Arbeit des CIOs dominieren:

(1) Der CIO wird zum Berater des Geschäfts

70 Prozent der CIOs gehen davon aus, dass in drei Jahren die Bedeutung der Informatik immer noch steigen wird und sie davon profitieren. Ein Ende der Digitalisierung ist aus Sicht der CIOs nicht in Sicht. Als wichtigste Aufgaben sehen die CIOs in drei Jahren Innovation, Strategie/Digitalisierung, Ökosysteme, Kultur und Sicherheit. Spannend für uns war, dass "Aufräumen", also das Konsolidieren der Anwendungslandschaft, das Steigern der Effizienz und das Senken der Kosten es nicht auf die ersten fünf Plätzen geschafft hat. Unsere Interpretation dieser Antworten: Der CIO beherrscht seine traditionellen Aufgaben und wird zum etablierten Mitspieler in strategischen Fragen, wenn es um Digitalisierung des Unternehmens geht.

(2) Die Fachbereiche bauen vermehrt Informatikkompetenzen auf

Digitalisierung ist technologiegetrieben. Bei erfolgreichen Unternehmen muss die Innovation vom IT-Bereich und vom Fachbereich kommen. So wie der IT-Bereich Fachkompetenz aufbaut, werden auch die Fachbereiche ihr Verständnis für Informatik ausbauen. 50 Prozent der befragten CIOs bestätigen dies. Sie sind der Meinung, dass bis in drei Jahren vor allem im Fachbereich Kompetenz in Informatik weiter aufgebaut werden wird.

(3) Agilität, Kompetenz und Teamorientierung sind Eckpfeiler der Kultur

Kultur ist ein dominierendes Thema, wenn man mit CIOs über ihre Herausforderungen spricht. Die Meinung der CIOs ist klar: Teamorientierung und Agilität stehen im Mittelpunkt. 99 Prozent der Befragten haben geantwortet, dass in drei Jahren die Kultur in den IT-Bereichen teamorientierter sein wird. In vielen Unternehmen hat die Reise begonnen, das genaue Ziel kennt aber noch keiner. Ein Kulturwandel nur im IT Bereich genügt nicht. Das ganze Unternehmen muss sich wandeln. Und da sehen die meisten CIOs die grösste Herausforderung.

(4) Der CIO ist und bleibt Mehrkämpfer

Im Zeitalter der Digitalisierung müssen Softwareprojekte weiterhin in der geforderten Qualität, termin- und kostengerecht umgesetzt werden. Ein stabiler, sicherer, performanter und regulationskonformer Betrieb muss gewährleistet sein. In Zukunft wird der IT-Bereich weniger selbst machen. Infrastrukturbetrieb, Device Management, Rechenzentrumsbetrieb, Netzbetrieb etc. werden zur Commodity und wandern in die Cloud.

Auf die Frage nach der Wertschöpfungstiefe in der Informatik antworteten 43 Prozent der Befragten, dass diese in Zukunft abnehmen werde und 24 Prozent, dass sie stabil bleibe. Auch die Frage nach der grundsätzlichen Softwarestrategie bestätigt die Aussagen zur Reduktion der Wertschöpfungstiefe. 51 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass in drei Jahren die Nutzung von Services aus der Cloud als grundsätzliche Softwarestrategie dominiert.

Die Antworten zeigen, dass der CIO auch in Zukunft «Mehrkämpfer» sein wird. Die «klassischen» Aufgaben wie Infrastrukturbetrieb werden zwar an Bedeutung verlieren, aber auch in Zukunft zu den Kernaufgaben des IT-Bereichs gehören. Steigen wird der Stellenwert der Beratung des Geschäfts, wenn es um den Einsatz von Informatik und neuster Technologien geht, um die Innovationskraft im Unternehmen zu steigern.

(5) Das Budget für Informatik wird stark und für den IT-Bereich moderat steigen.

73 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Gesamtausgaben für Informatik in ihrem Unternehmen in drei Jahren steigen werden. Wenn es um die Entwicklung der Ausgaben für den IT-Bereich geht, glauben 44 Prozent der Befragten an Wachstum in den nächsten drei Jahren. Die Entwicklung der in den Unternehmen angestellten Informatiker wird differenzierter gesehen.

Insgesamt 66 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass in drei Jahren die Anzahl der Mitarbeitenden im Unternehmen, die sich mit Informatik beschäftigen, wachsen wird. 62 Prozent erwarten, dass im gleichen Zeitraum die Anzahl der Mitarbeitenden des IT-Bereichs stabil bleibt oder sinken wird. Die CIOs rechnen mit einem schnelleren Wachstum der Ausgaben für IT. Gleiches gilt für den Aufbau von IT-Mitarbeitern in den Fach- und Supportbereichen, nicht aber für Angestellte in der IT Organisation.

Fazit: Der CIO geht zuversichtlich in die Zukunft

Die Befragung und der anschliessende Workshop mit den CIOs zeigte, dass sich die Aufgaben des CIOs mit der Digitalisierung ändern werden. Traditionelle Aufgaben wie Infrastrukturbetrieb, Applikationswartung etc. werden zu Commodities. Andere traditionelle Aufgaben wie Projektabwicklung, sicherer und performanter Betrieb und Methodenführung muss der CIO weiterhin sicher beherrschen. Der Einsatz neuer Technologien, Cloud-Management, Cyber Security, agiles Vorgehen, Beratung der Fachbereiche und die Rolle des Transformations-Leaders werden für den CIO immer wichtiger.

Wenn der CIO seine Rolle im Unternehmen beibehalten oder ausbauen will, muss er sich vermehrt diesen Aufgaben widmen. Ruht er sich auf den traditionellen Aufgaben aus, besteht die Gefahr, dass ein CDO, Softwarevorstände, der Forschungs- und Entwicklungschef oder Informatiker in den Fachbereichen den Lead übernehmen, und der CIO zum IT Betriebsleiter oder sogar zum Leiter Legacy wird. Die befragten CIOs wollen Treiber der Veränderung sein und sehen sich als Gewinner der Digitalisierung. Konkurrenz durch den Chief Digital Officer sehen sie kaum.

Nicht alle Gesprächspartner sind mit den Ergebnissen unserer Befragung glücklich. Berater, Wissenschaftler und einzelne Praktiker versuchen immer wieder, Gegenargumente zu finden. Auch wir haben eine revolutionäre und nicht evolutionäre Entwicklung des Jobs des CIOs, mehr Veränderung und mehr Zukunftsangst, erwartet. Aber die Antworten sind so wie sie sind.

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