Rollen im Management

So sieht die Zukunft von CIO und CDO aus

Andreas Wartenberg ist seit rund 20 Jahren als Personalberater tätig und besetzt Management-Positionen in der Technologiebranche sowie in weiteren Branchen. Bevor Andreas Wartenberg 2008 als Geschäftsführer zur Hager Unternehmensberatung kam, hat er nationale und internationale Teams aufgebaut und geleitet.
Mit der digitalen Transformation verteilt sich die Macht in Unternehmen neu. Für die künftigen Rollen der Digital-Manager gibt es drei Szenarien.

Die digitale Transformation hat die Management-Strukturen in den IT-Abteilungen von Unternehmen erheblich verändert. War bis dahin der CIO allein für die Technologie und IT-StrategieIT-Strategie verantwortlich, so kam in vielen Firmen ein CDO hinzu, der die DigitalisierungDigitalisierung vorantreiben sollte. Mit dem Fortschreiten des Digitalisierungsprozesses stellt sich die Frage, wie die zukünftige Rollenverteilung von CIO und CDO im Unternehmen aussehen könnte: Wird die Bedeutung des CDO zunehmen oder wird er am Ende aus dem Unternehmen ausscheiden? Wird vielleicht die Stellung des CIO wieder gestärkt, oder bleibt die Dualität weiter bestehen? Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Alles zu Strategien auf CIO.de

Viele Unternehmen haben sich zusätzlich zum CIO einen CDO an Bord geholt.
Viele Unternehmen haben sich zusätzlich zum CIO einen CDO an Bord geholt.
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Klassische Rolle des CIO: IT-Verwalter und Technikexperte

Noch bis vor etwa 10 Jahren war die Führungsstruktur der IT-Abteilung mit dem Chief Information Officer (CIO) an der Spitze klar geregelt. Damals lag dessen Schwerpunkt vor allem auf der Automatisierung von Produktions-, Geschäfts- und Verwaltungsprozessen, um die bestehenden Abläufe in Firmen effizienter zu gestalten. Mit der digitalen Transformation kamen in der IT neue strategische Aufgaben hinzu, die maßgeblich für den künftigen Geschäftserfolg sind. Seitdem heben disruptive Technologien wie künstliche Intelligenz, Machine Learning und Big Data die Innovationsgeschwindigkeit auf ein neues Level. Sie haben das Potenzial, die bisherige Unternehmensstrategie und Geschäftsmodelle sowie die gesamte Organisation und Kultur grundlegend zu verändern.

Um diesen Prozess zu meistern, müssen die Betriebe die IT als ganzheitlichen und wesentlichen Bestandteil der Unternehmensstrategie sehen. Dabei kommt dem CIO mehr denn je eine Schlüsselrolle zu. Er muss sich immer stärker vom reinen IT-Spezialisten und -Verwalter hin zum Business-Enabler entwickeln, der den Erfolg der gesamten Firma vorantreibt. Doch in manchen Fällen funktioniert dieser Wandel hin zum Digital Leader und Strategen nicht oder die Geschäftsführung möchte dieses Thema anders positionieren.

Der CDO als digitaler Leader und Stratege

Deswegen haben zahlreiche Firmen zusätzlich einen Chief Digital Officer (CDO) an Bord geholt, der als Digital Leader frischen Wind in den Betrieb bringt, die Transformation des Unternehmens verantwortet und mit Nachdruck vorantreibt. Dessen Anforderungsprofil unterscheidet sich stark von dem des klassischen CIO. Der CDO muss über das technische Know-how in Zukunftsbereichen wie künstliche Intelligenz oder Big Data hinaus vor allem auch über Business-Kompetenzen verfügen und dazu in der Lage sein, eine übergreifende Digitalstrategie zu entwerfen und diese als Change Manager umzusetzen. Dazu sind auch klassische Leadership-Fähigkeiten wie Durchsetzungsfähigkeit, Empathie und Komplexitätsmanagement nötig.

Die Machtverteilung zwischen CIO und CDO ist jedoch höchst unterschiedlich geregelt. In manchen Firmen stehen beide gleichberechtigt nebeneinander, in anderen Fällen ist der eine dem anderen übergeordnet. Es gibt auch die Konstellation, in der beide an einen vorgesetzten Chief Technology Officer (CTO) berichten, der auf Vorstandsebene angesiedelt ist.

Eine von der CeBIT unterstützte Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin von 2017 zeigt, dass in Deutschland bisher vor allem große Industriekonzerne die Position des Chief Digital Officer besetzt haben. Während 40 Prozent der DAX-Konzerne einen CDO beschäftigen, sind es im MDAX lediglich zwei Unternehmen. Der Trend zum CDO dürfte sich noch weiter fortsetzen. So prognostizieren Marktforscher von Gartner, dass 2020 in vier von fünf großen Firmen ein CDO arbeiten wird, der seine Position zwischen IT, Betrieb, Personalabteilung und Finance etabliert hat.

Doch wie lange wird die Dualität von CIO und CDO bestehen bleiben? Diese Frage stellt sich spätestens dann, wenn der Transformationsprozess weiter fortgeschritten, die Organisation agiler geworden und das Innovationsmanagement weitgehend etabliert ist. Welche neue Rolle wird es für den CDO künftig im Unternehmen geben? Auf diese Fragen gibt es aus heutiger Sicht noch keine eindeutigen Antworten. Es zeichnen sich jedoch einige Zukunftsszenarien ab, mit denen sich CEOs, CIOs und CDOs beschäftigen sollten:

Szenario 1: CDO als Übergangsphänomen

Eine Option ist, dass der CDO nur ein Übergangsphänomen ist, dass er künftig an Macht verlieren und gegebenenfalls sogar aus dem Unternehmen ausscheiden wird. So geht laut HTW-Studie gut die Hälfte der Befragten davon aus, dass es sich beim CDO eher um eine temporäre Funktion handelt. Auch die Marktforscher von Forrester und Gartner halten diese Rolle künftig für obsolet.

Nachdem die digitale Transformation abgeschlossen ist, könnte der CDO wieder verschwinden.
Nachdem die digitale Transformation abgeschlossen ist, könnte der CDO wieder verschwinden.
Foto: Andrey_Popov - shutterstock.com

Gleichzeitig könnte dadurch die Position des CIO wieder aufgewertet werden. Denn sind alle digitalen Innovationen weit fortgeschritten und in den normalen Betriebszustand übergegangen, liegen diese Aufgaben wieder in dessen Zuständigkeit. Schließlich trägt der CIO letztendlich die Verantwortung für den gesamten IT-Betrieb, den er mit seinen Mitarbeitern sicherstellt. So könnte der CIO also wieder zum starken Technologie-Mann des Unternehmens werden, während der CDO an Bedeutung verliert.

Szenario 2: CDO gewinnt, CIO verliert

Doch die künftige Machtkonstellation kann auch in eine ganz andere Richtung gehen: Zulasten des CIO und zugunsten des CDO. Julian Kawohl, Professor für Strategisches Management an der HTW Berlin und Initiator der CDO-Studie, geht davon aus, dass die Rolle des CDO langfristig wichtig bleiben wird: „Unternehmen werden noch auf Jahre, eher Jahrzehnte damit beschäftigt sein, die digitale Transformation zu meistern. Neben der Digitalisierung von Prozessen und dem Aufbau von neuen Geschäftsmodellen ist gerade auch die interne Transformation von Organisation und Kultur eine Herkulesaufgabe, die noch lange andauern wird.“

Der CDO könnte in den Vorstand rücken und damit zum Vorgesetzten des CIO werden.
Der CDO könnte in den Vorstand rücken und damit zum Vorgesetzten des CIO werden.
Foto: alphaspirit - shutterstock.com

Eine ähnliche Meinung vertreten die Marktforscher von IDC, die weiterhin eine stark steigende Bedeutung des CDO voraussagen. Wenn digitale Innovationen auch in Zukunft so eine herausragende strategische Relevanz haben wie heute, dann kann es durchaus sinnvoll sein, den CDO auf Vorstandsebene zu etablieren und ihm auch alle anderen klassischen IT-Themen unterzuordnen.

Diese Aufwertung des CDO könnte einhergehen mit einer Schwächung der Position des Chief Information Officer. Schließlich dürften immer mehr ureigene Kernaufgaben des CIO – wie klassische Betriebsthemen – in den nächsten Jahren mehr und mehr in die Cloud und zu externen IT-Dienstleistern verlagert werden. So könnten sich die heute sehr mitarbeiterstarken IT-Abteilungen künftig sukzessive verkleinern und zu reinen Steuerungs- und Kontrolleinheiten entwickeln, die den IT-Betrieb nicht mehr selbst durchführen, sondern diesen in Auftrag geben und überwachen. Somit würde sich der Aufgabenbereich und die Mitarbeiterzahl des CIO deutlich verkleinern.

Szenario 3: Dualität von CIO und CDO bleibt bestehen

Ein weiteres mögliches Zukunfts-Szenario ist, dass die Dualität von CIO und CDO bestehen bleibt, beide gleichberechtigt nebeneinander agieren und eine gemeinsame Berichtslinie, zum Beispiel an einen CIDO oder CTO haben.

CDO und CIO könnten weiterhin nebeneinander existieren - Spannungen mit inbegriffen.
CDO und CIO könnten weiterhin nebeneinander existieren - Spannungen mit inbegriffen.
Foto: Ollyy - shutterstock.com

Bereits heute findet sich diese Struktur in einigen Firmen, mit folgender Aufgabenverteilung: Der CDO ist als digitaler Leader und Stratege für IT-Innovationen zuständig, während der CIO für die Umsetzung sorgt und die Run-Verantwortung des IT-Betriebs im Unternehmen trägt. Allerdings birgt diese Konstellation auch Risiken. Denn einerseits dürfte sich so mancher Entscheider in seiner Macht und Kompetenz beschnitten fühlen. Andererseits treten nicht selten an dieser Schnittstelle Probleme wie Ziel- und Ressourcenkonflikte auf.

Fazit und Ausblick

CEOs sind bereits heute gefordert, sich mit diesen Optionen auseinanderzusetzen und sich darüber Gedanken zu machen, welchen Weg sie künftig einschlagen werden. Und für CDOs und CIOs gilt es jetzt ganz besonders, sich richtig im Unternehmen zu positionieren. Sie sollten sich dafür sensibilisieren, welche Strategie in ihrem Betrieb favorisiert wird, um rechtzeitig die Weichen für ihre weitere KarriereKarriere stellen zu können: Entweder innerhalb der aktuellen Firma oder bei einem anderen, für den persönlichen Aufstieg vielversprechenderen Arbeitgeber. Denn eins ist sicher: Gute und erfahrene IT-Manager bleiben weiterhin Mangelware und werden auch künftig beste Karten auf dem Arbeitsmarkt haben. Alles zu Karriere auf CIO.de

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