Spritsteuer sinkt

Was am 1. Juni an der Tankstelle passiert

31.05.2022
Vor der Spritsteuer-Senkung schiebt so mancher das Tanken so weit es geht hinaus - doch ist das eine gute Idee? Was am Mittwoch zu erwarten ist und warum.
Tankstellen erwarten keinen Ansturm nach der Steuersenkung am 1. Juni 2022.
Tankstellen erwarten keinen Ansturm nach der Steuersenkung am 1. Juni 2022.
Foto: Framalicious - shutterstock.com

Ab dem 1. Juni 2022 sinken die Steuern auf Kraftstoffe kräftig. Doch so mancher Autofahrer könnte von den Spritpreisen enttäuscht werden. Was zu erwarten ist.

Die Steuerentlastung

Die Steuerbelastung auf Kraftstoffe sinkt ab Mittwoch, 1. Juni bis Ende August 2022 um 35,2 Cent pro Liter bei Superbenzin und um 16,7 Cent pro Liter bei Diesel. Beide Werte sind inklusive Mehrwertsteuer und aus europarechtlichen Gründen das auf diesem Wege maximal mögliche. Die Steuersenkung gilt für drei Monate und soll die Autofahrer angesichts der extrem hohen Spritpreise entlasten.

Die Entstehung des Preises an der Zapfsäule

Wie viel der Sprit an der Tankstelle kostet, bestimmen Tankstellenbetreiber und Mineralölkonzerne. Sie sind nicht zur Weitergabe der Steuersenkung verpflichtet.

Um Mitternacht

Niemand weiß genau, was in der Mitte der Nacht zum Mittwoch, den 1. Juni 2022 passiert. Eine flächendeckende vollständige Preissenkung ist allerdings unwahrscheinlich. Die Steuersenkung gilt nämlich für den Kauf des Sprits bei Raffinerie und Tanklagern. Selbst was am Dienstagabend geliefert wurde, beinhaltet also noch die normale - höhere - Steuer. Das stellt Tankstellen und Mineralölgesellschaften vor ein Dilemma, denn viele Kunden erwarten sofort sinkende Preise. Im Ergebnis könnte es zu einem verzögerten Sinken des Preises kommen. Auch das Finanzministerium hatte am Montag noch einmal darauf hingewiesen, dass Tanken möglicherweise erst nach und nach billiger werden wird.

Der Ansturm

Ein Teil der Autofahrer hat den Tank weitgehend leergefahren, um maximal von der Steuersenkung profitieren zu können. Ob das am Mittwoch zu einem Ansturm auf die Tankstellen oder nur zu erhöhter Nachfrage führen wird, ist kaum vorhersehbar. "Wir erwarten Anfang Juni eine höhere Nachfrage, aber keinen "Run" auf die Tankstellen", heißt es beispielsweise von AralAral. Bei ShellShell sieht man eine "erwartbar höhere Nachfrage". Top-500-Firmenprofil für BP Europa SE Top-500-Firmenprofil für Shell

Gegen einen "Run" spricht auch die Nachfrage nach Treibstoff in den vergangenen Tagen. Sowohl Aral als auch der Wirtschaftsverband Fuels und Energie (en2x) berichten von einer relativ normalen Entwicklung. Hätte ein Großteil der Autofahrer den Tank bis zur Reserve geleert, hätte sich das eigentlich in sinkender Nachfrage niederschlagen müssen.

Dagegen sagt der für die Tankstellen zuständige Vizepräsident des Verbands des Kraftfahrzeuggewerbes in Bayern, Günter Friedl: "Es ist zu erkennen, dass viele Autofahrer momentan weniger tanken." Das zeige, dass viele auf die Steuersenkung warteten, um wieder richtig voll zu tanken. Friedl erwartet daher Leerstände an Tankstellen: "Die Kapazitäten werden nicht ausreichen, dass zum 1. Juni genug preiswerter Sprit da ist."

Die Vorräte der Tankstellen

Dass Tankstellen erst ab Mittwoch steuervergünstigten Sprit kaufen können, macht es für sie unattraktiv ihre Lager vorab noch einmal zu füllen. Daher gibt es Befürchtungen, dass es zu Versorgungsengpässen kommen könnte. Auch Mineralölgesellschaften schließen dies nicht aus.

Dazu trägt bei, dass die Logistikkapazitäten für die Belieferung der Tankstellen bereits jetzt angespannt sind, wie es beispielsweise von Shell heißt. Allerdings versichert das Unternehmen: "Wir sind unsererseits bemüht, die Versorgung aller Tankstellen bestmöglich zu gewährleisten. Wir haben die Spediteure frühzeitig darauf hingewiesen, dass wir im Zuge der Steuersenkung die maximal verfügbare Fahrerzahl im Rahmen unserer Verträge anfordern werden." Bei Aral heißt es, man habe sich "vorbereitet und die Logistikketten sind robust aufgestellt".

Die Preise im Vorfeld der Steuersenkung

Seit einigen Wochen steigt der Preis für Superbenzin wieder. Zuletzt hat auch der Dieselpreis zugelegt. Der ADAC kritisiert beide als zu hoch. Allerdings steht Deutschland mit der Preisentwicklung im europäischen Vergleich nicht alleine da. In den meisten EU-Ländern hat sich Superbenzin der Sorte E5 in den letzten Wochen sogar etwas stärker verteuert als in Deutschland.

Die Preise nach der Steuersenkung

Super E10 kostete im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Sonntags 2,129 Euro pro Liter. Diesel schlug mit 2,026 Euro zu Buche. Bei einer vollständigen Weitergabe der Steuersenkung - und ohne weitere Preisschwankungen - ergäbe sich also ein Spritpreis von rund 1,86 Euro für Diesel und von rund 1,78 bei E10. Ob diese Werte erreicht werden, ist aus den genannten Gründen offen. Sowohl das Bundeskartellamt als auch der ADAC haben aber bereits angekündigt, die Entwicklung genau zu beobachten.

Die politische Einschätzung

Es gibt alles von Lob bis zur Fundamentalkritik: Finanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb beispielsweise am 30. Mai 2022 auf Twitter: "Wir lassen die Menschen nicht allein, die auf das Auto angewiesen sind." Greenpeace kritisierte dagegen: "Ausgerechnet die Partei, die Klimaschutz stets marktwirtschaftlich gestalten will, verfällt beim ersten Preissignal in Panik und greift mit dem milliardenschweren Tankrabatt in den Markt ein." (dpa/rs)

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