Projektmanagement


Matthias Schmieder, Fachhochschule Köln

"100000-mal gespart"

Heinrich Seeger arbeitet als IT-Fachjournalist und Medienberater in Hamburg. Er hat über 30 Jahre IT-journalistische Erfahrung, unter anderem als Gründungs-Chefredakteur des CIO Magazins. Er entwickelt und moderiert neben seiner journalistischen Arbeit Programme für Konferenzen und Kongresse in den Themenbereichen Enterprise IT und Mobile Development, darunter IT-Strategietage, Open Source Meets Business, droidcon und VDZ Tech Summit. Zudem gehört er als beratendes Mitglied dem IT Executive Club an, einer Community von IT-Entscheidern in der Metropolregion Hamburg.
Im Interview: Prof. Dr. Matthias Schmieder, Professor für Unternehmensführung im Fachbereich Produktionstechnik an der Fachhochschule Köln.

CIO.de: Was bringt Six Sigma?

Prof. Dr. Matthias Schmieder: Ein Projekt dauert üblicherweise sechs Monate und erbringt Einsparungen von rund 250000 Euro. Es zahlt sich aus: General Electric hat im ersten Jahr nach Einführung von Six Sigma das Dreifache des ROIROI investiert: Bereits im Jahr darauf war das Verhältnis umgekehrt. Jetzt liegt man stabil bei einem Return- Faktor von 5. Alles zu ROI auf CIO.de

Gibt es Statistiken über die Auswirkungen des Einsatzes von Six Sigma?

Nein, eine Marktsicht auf die Effekte existiert nicht. Die Sichtweise ist eher firmenbezogen, weil sich der Einsatz der Methode stark nach dem Schneeballsystem ausbreitet: Spezialisierte Manager wechseln das Unternehmen und bauen dort eine entsprechende Struktur auf.

Für welche Unternehmen ist diese aufwendige Philosophie geeignet?

Die Methode zeigt ihre Effekte am stärksten in der Massenproduktion beziehungsweise in der massenhaften Wiederholung von Prozessen. Wenn ein Prozess oder ein Produkt optimiert worden ist und danach 100000-mal abgefahren beziehungsweise gefertigt wird, ergibt sich mit der Skalierung ein 100000facher Spareffekt.

Lassen sich Erfahrungen aus einem Unternehmen oder einem Six-Sigma-Projekt auf andere übertragen?

Ja. Six-Sigma-Anwenderunternehmen wie Ford, Johnson&Johnson oder Textron führen genau zu diesem Zweck Datenbanken, in denen ProjekteProjekte gesammelt und systematisch ausgewertet werden. Das Ziel ist es, aus gemachten Erfahrungen operative Regeln für künftige Projekte abzuleiten. Alles zu Projekte auf CIO.de

Gibt es unter den Anwendern einen erkennbaren Branchenschwerpunkt?

Am weitesten verbreitet ist Six Sigma in der Autoindustrie. Der Grund: Die Automobilkonzerne verlangen häufig von ihren strategischen Zulieferern, dass sie auf diese Weise ihre Qualität steigern.

Wie sollte der Einsatz von Six Sigma am besten organisiert werden?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Zum einen kann man, parallel zur Organisation nach Fachbereichen, eine eigenständige Six-Sigma-Organisation aufbauen. Deren Leiter sitzt dann als Vice President oder auf einer vergleichbaren Position im Top-Management der Unternehmen. Die andere Form ist die Stabsorganisation mit Black Belts als Stabstellen, also mit kompetenten Multiplikatoren der Methode, die in den Fachabteilungen arbeiten und an deren Leiter berichten. Die Besonderheit: Die Verantwortung bleibt beim Prozessverantwortlichen im Hinblick auf die Ergebnisse der Projekte, dadurch werden Konflikte vermieden und die bestmögliche Umsetzung der Ergebnisse der Projekte sichergestellt. Der Six-Sigma-Vice- President ist für die fachliche Weiterentwicklung von Six Sigma sowie deren Einführung und Umsetzung im Gesamtunternehmen zuständig. Der Black Belt ist der Methodenfachmann im Projekt, das er leitet. Die erfolgreichsten Six-Sigma-Anwender stellen ihre Black Belts zu 100 Prozent für diese Aufgabe frei.

Wie weit ist der Einsatz der Methode in Deutschland verbreitet?

Noch recht schwach im Vergleich zu den USA, wo etwa 1200 Unternehmen Six Sigma einsetzen. Wir liegen hierzulande momentan bei etwa 200 Unternehmen, und das ist, auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Größe des Markts, eine geringere Durchdringung als in den USA. Ich führe das auf die in Deutschland typischerweise größere Skepsis gegenüber neuen Verfahren und Ideen zurück. Die Begeisterungsfähigkeit ist nicht so ausgeprägt; es gibt eine stärkere Neigung zum Hinterfragen.

Wie lautet Ihre Prognose?

Der kulturelle Wandel mit dem Ziel, alles messbar und handhabbar zu machen, wird auch hier stattfinden. In zwei Jahren werden wir in Deutschland denselben Durchdringungsgrad wie in den USA erreicht haben.

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