LBBW-Chefvolkswirt

Arbeitsmarkt trotzt Konjunkturflaute stabil

22.07.2019
Der deutsche Arbeitsmarkt wird nach Einschätzung des Chefvolkswirts Uwe Burkert von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) trotz einer anhaltenden Konjunkturflaute weiter stabil bleiben.

"Eine technische Rezession in Deutschland ist nicht auszuschließen", sagte der Ökonom den Nachrichtenagenturen dpa-AFX und dpa in Frankfurt. Dennoch dürften Unternehmen vor Entlassungen zurückschrecken und eher das Instrument der Kurzarbeit nutzen. Burkert begründete dies mit dem Fachkräftemangel, der zu einer immer größeren Belastung für deutsche Firmen werde.

Glaubt man der Prognose des LBBW-Chefvolkswirts, bleibt der Arbeitsmarkt stabil.
Glaubt man der Prognose des LBBW-Chefvolkswirts, bleibt der Arbeitsmarkt stabil.
Foto: Zudy - shutterstock.com

Im zweiten Quartal rechnet Burkert fest mit einem Schrumpfen der deutschen Wirtschaftsleistung. Auch das dritte Quartal dürfte schwach ausfallen. "Es ist durchaus möglich, dass wir zwei Quartale mit negativen Werten sehen", befürchtet der Experte. Ökonomen sprechen von einer sogenannten "technischen Rezession", wenn die Wirtschaftsleistung in zwei Quartalen in Folge schrumpft.

Besonders kritisch sieht Burkert die Lage in der deutschen Industrie. "Ich glaube nicht, dass die jüngsten Gewinnwarnungen aus der Industrie die letzten waren", sagte er. Derzeit sei in der deutschen Schlüsselbranche keine Besserung in Sicht. "Ich bin froh wenn wir einen Boden finden", sagte der Ökonom.

Baukonjunktur und robuster Einzelhandel helfen

Noch werde die Schwäche in der Industrie durch eine starke Baukonjunktur und einen robusten Einzelhandel kompensiert, sagte Burkert. Aber die Entwicklung könnte sich in den kommenden Monaten durchaus weiter verschärfen. "Auch der Konsum wird nicht auf Dauer so robust bleiben", warnte Burkert.

Eine längere Wirtschaftsflaute könnte außerdem die Kreditvergabe der Banken bremsen. "Wenn sich die Konjunktur weiter abschwächt, ist eine Kreditklemme zu befürchten", sagte Burkert. Er verwies auf die strengere Bankenregulierung nach der Finanzkrise, die eine höhere Eigenkapitalquote für die Geldhäuser vorschreibt. Burkert warnte: "Es gibt hier nur wenig Spielraum, wenn es ernst werden sollte."

Bisher hat die extrem lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Konjunktur im Währungsraum verlässlich gestützt. Jüngste Signale aus den Reihen der EZB deuten darauf hin, dass bei einer weiter anhaltenden Wirtschaftsflaute mit einer neuen Lockerung der Geldpolitik zu rechnen ist. Nach Einschätzung von Burkert werden die Währungshüter aber erst die weitere Entwicklung der Geldpolitik in den USA abwarten.

"Die EZB wird warten, bis die Fed liefert und dann schauen, wie sie ihre Maßnahmen ausgestaltet. In einem ersten Schritt rechne ich mit einer Verschärfung und Staffelung Zinsen auf Einlagen bei der EZB", sagte Burkert. Eine neue Auflage des Anleihekaufprogramms steht nach Einschätzung des Experten derzeit nicht auf der Agenda. "Erst wenn die US-Notenbank Fed die Zinsen absehbar in Richtung null Prozent senken solle, ist mit neuen Anleihekäufen durch die EZB zu rechnen."

Auch der bevorstehende Wechsel an der Spitze der EZB dürfte keine spürbare Änderung der Geldpolitik nach dem Ausscheiden von Notenbankpräsident Mario Draghi Ende Oktober zur Folge haben. "Die Nachfolgerin Christine Lagarde wird keine großen Experimente machen", zeigte sich Burkert überzeugt. Der Chefvolkswirt geht aber davon aus, dass Lagarde das Ziel hat, die Geldpolitik im Währungsraum "wieder in normales Fahrwasser zurückführen". (dpa/ad)

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