Work Life Balance

Der tägliche Balance-Akt

Loslassen ist nicht die Stärke von CIOs. Viele sind 80 Stunden pro Woche für den Job unterwegs, manche auch am Wochenende. Work Life Balance? Warum denn, der Job macht doch Spaß.
Thomas Engel, Ex-CIO, stieg zwei Jahre aus: "Es war einfach mal eine kreative Erholungspause nötig."
Thomas Engel, Ex-CIO, stieg zwei Jahre aus: "Es war einfach mal eine kreative Erholungspause nötig."

Thomas Engel machte sich nichts vor: "Wenn du was Neues anfangen willst", sagte sich der damalige CIO beim Schweizer Logistikkonzern Kühne + Nagel vor zwei Jahren, "dann musst du das jetzt tun." Nach 20 Jahren im Management-Dienst für die Metro, Ploenzke, AMC und zuletzt elf Jahre "Tag und Nacht" für Kühne + Nagel im IT-Top-Management war "einfach mal eine kreative Erholungspause nötig". Ein Hörsturz erleichterte dem damals 52-Jährigen die Entscheidung ein wenig, Körper und Geist eine Verschnaufpause zu gönnen - das Gleichgewicht wiederherzustellen.

Kürzertreten als Trend

Seine Entscheidung kürzerzutreten liegt im Trend, meint Michael Kastner, Organisationspsychologe und Arbeitsmediziner von der Uni Dortmund. Unter den fünf von Kastner gefundenen Gründen für Unternehmer, sich mit dem Thema Work Life Balance auseinanderzusetzen, passt Engel ausgezeichnet zum Thema Downshifting (Grund 1), also sich dem täglichen Druck zu entziehen und eine Nische zu suchen, etwa als Folge psychomentaler Beeinträchtigungen (Grund 2; Kastner: "Die Leute werden rappelig"). Großes Problem ist, dass die Menschen mit der zunehmenden Komplexität, die die Globalisierung mit sich bringt, nicht Schritt halten können (Grund 3). Bei einer Halbwertszeit in der IT von 17 Monaten sei es für einen CIO auch mal angesagt, die alte stabile Lösung beizubehalten und nicht gleich wieder von vorne anzufangen. Wenn dann noch die Kompetentesten ins Ausland gehen (Grund 4) und aufgrund des demografischen Faktors zu wenig Nachwuchs heranwächst (Grund 5), ist für Kastner klar, dass Unternehmer handeln müssen. Aus rein existenziellen, also wirtschaftlichen Gründen.

Nach einer aktuellen Untersuchung der Europäischen Beobachtungsstelle für berufsbedingte Risiken im spanischen Bilbao gehen 60 Prozent der versäumten Arbeitstage auf StressStress zurück, der mehr als jeden fünften (22 Prozent) betrifft. Das Institut beziffert den so verursachten jährlichen wirtschaftlichen Schaden in Europa auf über 20 Milliarden Euro. Unsichere Arbeitsverhältnisse, hoher Termindruck, unflexible und lange Arbeitszeiten und nicht zuletzt die immer weniger zu bewältigende Flut an Informationen auf elektronischem Wege machen Mitarbeitern in den Unternehmen zu schaffen. Alles zu Stress auf CIO.de

Dass auch Manager über zunehmende Arbeitsbelastung und Verantwortung klagen, zeigt eine Umfrage der Management-Beratung Kienbaum. 83 Prozent der 142 Mitte vorigen Jahres befragten Manager bejahten die Frage, ob Arbeitsbelastung und Verantwortung zugenommen hätten. Jedoch empfand nur eine Minderheit dies als störend, 19 Prozent gaben an, die hohe Arbeitsbelastung anstrengend zu finden. 44 Prozent hingegen fanden sie ganz "normal" und 37 Prozent gar "herausfordernd". Befragt man zudem nur jene, die mit mehr als 200.000 Euro besonders gut verdienen, sinkt der Anteil derer, die ihre Arbeit als "anstrengend" empfinden, auf neun Prozent, bei den schlechter verdienenden Managern steigt der Anteil auf 22 Prozent.

Zur Startseite