Von der Zielsetzung bis zur Mitarbeiterrekrutierung

Digitalisierung muss radikal sein

27.10.2014
Ima Buxton arbeitet als freie Redakteurin in München. Sie schreibt schwerpunktmäßig zu Strategie- und Trendthemen.
Wer die Digitalisierung seines Unternehmens nur halbherzig betreibt, riskiert Wettbewerbsnachteile. Warum eine gewisse Radikalität bei der digitalen Transformation unerlässlich ist, erläutern Daniel Keller, CIO bei Axel Springer, Daimler-CIO Michael Gorriz und der CIO des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Hans-Joachim Popp im Video-Interview.

Radikal, tiefgreifend oder grundlegend – Vokabeln wie diese sind häufig anzutreffen, wenn es um die digitale Transformation in Unternehmen geht. Erst jüngst legte das Beratungsunternehmen McKinsey ein Analysepapier vor, in dem es erfolgreiche digitale Unternehmen auf ihre Verhaltensweisen untersuchte. Das Ergebnis: Alle betrachteten Firmen gehen mit einer gewissen Radikalität bei derDigitalisierungDigitalisierung ihrer Geschäftsprozesse vor: Das reicht von der Zielsetzung ("Unvernünftige Ziele lassen die Organisation erkennen, dass 'digital' ein wertschöpfendes Geschäft ist und nicht nur ein Kanal, der bestimmte Aktivitäten verlangt") bis hin zur Mitarbeiter-Rekrutierung ("Samen für eine neue digitale Kultur säen"). Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Interne Software-Entwicklungskompetenz aufbauen

Im Gespräch mit CIO.de bestätigen CIOs von Großunternehmen das von McKinsey gezeichnete Bild. So fordertDaniel KellerDaniel Keller, CIO beim Medienriesen Axel SpringerAxel Springer, vor allem von der eigenen IT nicht weniger als einen Wandel, der an den Wurzeln rührt: „Wir müssen uns radikal verändern“, postuliert der Manager gegenüber CIO.de. Da die Wertschöpfung immer mehr durch Software domininiert werde, so Keller, sei es notwendig intern eine Software-Entwicklungskompetenz aufzubauen, die es ermögliche, digitale Produkte sehr schnell auf den Markt zu bringen und dann iterativ weiter zu entwickeln. Top-500-Firmenprofil für Axel Springer Profil von Daniel Keller im CIO-Netzwerk

"Es stellt sich die Frage der Personalisierung"

Beim AutomobilherstellerDaimlerDaimler führte das Transformationsprogramm "Digital Life" zu einem entscheidenden Umdenken: Statt Forschung und Entwicklung am Produkt Auto auszurichten, rückt nun der Fahrer in den Mittelpunkt. "Es sitzt ja nicht immer derselbe Fahrer im Auto, es stellt sich also die Frage der Personalisierung", erläutert Daimler-CIO Michael Gorriz den Veränderungsprozess in seinem Unternehmen. "Als wir auf diesen Punkt gekommen sind, haben wir festgestellt, dass wir in der Ansprache des Kunden tiefgreifende Änderungen vornehmen müssen". Top-500-Firmenprofil für Daimler

"Die Simulation ist erst durch die Technisierung sehr stark gewachsen"

"Und im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DZLR) revolutionierte der standardmäßige Einsatz einer neuen wisschenschaftlichen Methode den Produktionsprozess: Ob Flugzeug, Raumfahrzeug oder Hochgeschwindigkeitszug – alle Entwicklungen in dem Forschungs- und Entwicklungsunternehmen werden zunächst simuliert. „Die Simulation ist erst durch die Technisierung sehr stark gewachsen“, beschreibt DZLR-CIOHans-Joachim PoppHans-Joachim Popp die Auswirkungen der digitalen Transformation auf seine Organisation. „Zwar wird es auch künftig noch Labors und echte Tests geben, aber der Anteil der IT-gestützten Forschung wächst unaufhörlich weiter. Profil von Hans-Joachim Popp im CIO-Netzwerk

Prozesse ernsthaft auf digitale Anforderungen einstellen

“Die Ausführungen der CIOs machen deutlich: Die Digitalisierung kann sich nie nur auf Einzelziele beziehen, sondern muss alle Geschäftsprozese eines Unternehmens im Blick haben – mit aller erforderlichen Radikalität. Oder um es mit den Worten der Analysten von McKinsey zu sagen: „Damit Unternehmen im boomenden E-Commerce-Geschäft erfolgreich sein können, müssen sie aufhören, die digitale Transformation halbherzig zu betreiben. (… Sie sind statt dessen gefordert), ihre Strukturen, Prozesse, Systeme und die Belohnungssysteme ernsthaft auf die digitalen Anforderungen einzustellen.

Kommentar: Eine klare radikale Linie ist unumgänglich
von René BüstRené Büst, Senior Analyst Crisp Research Profil von René Büst im CIO-Netzwerk

Wer Radikal sein will muss mutig sein! In Zeiten, in denen sich CIOs mehr denn je Kritik ausgesetzt sehen und jeder Schritt von Kollegen, Mitarbeitern und gar den Medien beobachtet wird und Fehltritte gar herbeigesehnt werden, ist es kein leichtes Unterfangen innovativ zu sein. Jahrelang wurde die Sau „IT ist der Business-Enabler“ durchs Dorf getrieben. Mit der digitalen Transformation ist dieser eingestaubte, wenn doch wahre Begriff endgültig zur Realität geworden. Und diejenigen, die genervt sämtliche Schlagzeilen ignoriert haben stehen nun vor einem riesigen Berg mit dem Namen „Digitales Unternehmen“, der langsam abgetragen werden muss.

Ob vorbereitet oder nicht, eine klare radikale Linie ist für die digitale Zukunft unumgänglich. Das bedeutet disruptiv zu sich selbst sein und die alten Zöpfe abzuschneiden. Sonst wird man selbst zum Opfer. Denn die alten, eingefahrenen Strukturen funktionieren in einem digitalen Unternehmen nicht mehr. Moderne Unternehmen sind heute Technologieunternehmen, unabhängig von der Branche, unterstützt durch IT. Mit einer klar formulierten DevOps-Strategie bilden CIOs eine Grundlage für das digitale Unternehmen. Ihre internen Kunden (zum Beispiel Entwickler) ermöglichen sie damit einen unkomplizierten, aber vor allem schnelleren Zugriff auf IT-Ressourcen wie dynamische Infrastrukturen, Plattformen und weitere Cloud-Services und erhöhen damit die Gesamtproduktivität. Auf Basis dieser „Digital Infrastructure Fabric“ lassen sich neuartige digitale und hybride Produkte (z.B. Internet of Things) sowie Services und Prototypen effizienter herstellen.

Michael Gorriz, CIO Daimler AG, im Interview

„Wir haben festgestellt, dass wir in der Ansprache des Kunden tiefgreifende Änderungen vornehmen müssen“

Hans-Joachim Popp, CIO Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, im Interview

„Der Anteil der IT-gestützten Forschung wächst unaufhörlich weiter“

Zur Startseite