Künstliche Intelligenz

Dürfen Maschinen töten?

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Der Ex-CMO der T-Systems hat die Zeit zwischen zwei Jobs vorbildlich genutzt: Ende vergangenen Jahres kam "Die KI-Entscheidung" von Sven Krüger auf den Markt.
Auf mehr als 600 Seiten zeigt Adesso-CMO Sven Krüger, wo künstliche Intelligenz unsere Welt mitgestaltet - und stellt eine spannende Frage.
Auf mehr als 600 Seiten zeigt Adesso-CMO Sven Krüger, wo künstliche Intelligenz unsere Welt mitgestaltet - und stellt eine spannende Frage.
Foto: Julia Saslawski

Auf mehr als 600 Seiten zeigt der jetzige Adesso-CMO, wo künstliche Intelligenzkünstliche Intelligenz unsere Welt mitgestaltet - und wo wir vielleicht noch einmal darüber nachdenken sollten, welche Entscheidungen wir an Maschinen abgeben. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de

Es ist eine echte Fleißarbeit, die Krüger da abgeliefert hat: 70 Seiten Bestandsanalyse, 150 Seiten Begriffs-Schärfung, nebenbei 80 Seiten zur "Superintelligenz", 50 Seiten zu Chatbots und dann mit mehr als 200 Seiten das Mega-Kapitel: "KI und Verantwortung". Der Springer-Verlag darf zurecht in Anspruch nehmen, mit Krügers Buch eines der umfassendsten Werke zu KI herausgebracht zu haben. Nur: Wo genau liegt jetzt die KI-Entscheidung?

Krüger fragt, ob wir mit KI in die richtige oder die falsche Richtung laufen. Das ist erstmal eine richtige Frage, denn - surprise, surprise - Sprach-, Bild- und Mustererkennung sowie deren Auswertungen durch Maschinen nützen nicht zwingend allen Menschen. So lautet denn auch Krügers Fazit: Es kommt eben darauf an, was wir aus KI machen. Kann was Tolles bei rauskommen, muss aber nicht. Es könnten mehr, beziehungsweise spannendere Arbeitsplätze durch KI entstehen, muss aber nicht.

Wer meint, mit der KI-Entscheidung auch eine Antwort auf die von Krüger aufgeworfene allgemeine Frage eingekauft zu haben, wird enttäuscht. Auf Seite 573 sagt er dies auch ganz ehrlich: "Ich weiß ebensowenig wie Sie, wie es weitergeht." Ob wir nun mit KI glücklich werden oder nicht, lässt sich so genauso wenig beantworten, wie die Frage nach dem Sinn des Lebens. Wie wir schon aus "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams wissen: Am Ende lautet die Antwort "42". Wer eine intergalaktische Frage stellt, kriegt keine sinnstiftende Antwort.

Der Bot zieht schneller als jeder menschliche Revolver-Held

Der Wert von Krügers KI-Entscheidung liegt darin, dass er alle Einsatzgebiete sowie die Diskussionen dazu aufrollt. Nichts ist gottgegeben in der artifiziellen Intelligenz. Noch können wir über alles reden. Sollten wir auch. Denn nicht überall und für immer leben Menschen in freiheitlichen und demokratischen Systemen. Und nicht immer herrscht Frieden, wie im Kapitel über autonome Waffensysteme klar wird. Der Bot kann schneller ziehen als jeder menschliche Revolverheld. Und er wird dies auch tun - solange wir ihm keine Grenzen setzen.

Krüger stellt die gewagte These auf, dass Krieg durch KI an Brutalität verliert, weil nicht mehr testosterongesteuerte Typen über Leben und Tod entscheiden, sondern Maschinen, die immerhin nach nachvollziehbaren Kriterien töten: Erfüllt ein feindlicher Mensch oder eine feindliche Maschine die Kriterien A, B und C, schießt der Bot ohne Rücksprache mit einem menschlichen Maschinenführer. Heckenschützen, die aus einer Laune heraus andere Menschen töten, sind in der Tat noch schlimmer, findet Krüger.

Wer anderer Meinung ist, kann dies mit dem Autoren diskutieren. Auf der Website: www.ki-entscheidung.de stellt Sven Krüger sein eigenes Buch sukzessive vor und fordert die Leser auf, sich aktiv an der Diskussion über KI-Ethik zu beteiligen.

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