INTERNET-KNOTEN FRANKFURT/MAIN

Im Katastrophenfall schutzlos

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Die Anschläge auf World Trade Center und Pentagon haben das Internet nicht lahm gelegt. Eine Attacke auf den wichtigsten europäischen Knotenpunkt in Frankfurt/Main würde den Datenverkehr jedoch dramatisch verlangsamen.

DER INTERNET-DATENVERKEHR IN Europa verteiltsich auf 18 Knoten. Über die größte dieser Drehscheiben,den 1995 gegründeten "Deutschen Commercial InternetExchange" (De-Cix), werden praktisch alle innerdeutschund rund ein Drittel der innereuropäisch transportiertenDaten geleitet. De-Cix wird vom Electronic-Commerce-Forum (ECO) betrieben, dem Verband der deutschen Internet-Wirtschaft. Der Netzknoten ist redundant ausgelegt,erklärt Arnold Nipper, Technischer Direktor desDe-Cix. Das heißt: Die Verbindung zur Hauptader des Internetswird durch zwei voneinander unabhängige Schaltstellen(Switches) in je eigenen Gebäuden gesichert.

Die dadurch suggerierte Sicherheit könnte jedoch trügerischsein. Die Entfernung zwischen den Gebäuden beträgtlaut Nipper nur hundert Meter; zudem liegen sieunter einer Flugschneise des Rhein-Main-Flughafens."Wenn da was runterkommt, sind beide Verbindungenunterbrochen", fürchtet er. Deshalb rät Nipper den an De-Cix angeschlossenen Internet-Service-Providern (ISPs),weitere Austauschpunkte in Deutschland aufzubauen.

Risikostreuung erst ab 2002

Bei einer Katastrophe in Frankfurt wären nämlich großeTeile von Europa -- wie vor 1995 -- wieder nur über die USAmit dem Internet verbunden. Selbst der innerkontinentaleDatenverkehr würde einen transatlantischen Umwegmachen. Nach Nippers Einschätzung stünden dann zwarmehr Netzkapazitäten zur Verfügung als vor sechs Jahren.Das tägliche Datenvolumen hat sich jedoch durch Bilder,Töne und Videos vervielfacht, so dass gerade kommerzielleWebsites sehr stark von einem Knotenausfall beeinträchtigtwären. Die Verantwortlichen sind sich desProblems bewusst, versichert Nipper. "Gegenwärtig evaluierenwir einen zweiten Standort im Westen Frankfurts."Zwecks Risikostreuung soll der -- ab Anfang 2002 --bei einem anderen Dienstleister eingerichtet werden.

Unabhängig vom Internet-Zugang müssen Unternehmenfür die Sicherheit ihrer Daten selbst sorgen -- eineungeliebte, weil teure Arbeit, deren Resultate normalerweiseunsichtbar bleiben. Das ist jetzt anders: "Wir Bankerjammern oft über hohe Auflagen", räumte Commerzbank-Aufsichtsrat Martin Kohlhausen am Tag nach denUS-Attentaten gegenüber dem ZDF ein. "Ich bin jetzt aberfroh, dass wir so gut abgesichert sind." Die Bank sichertihre Daten, wie in der Finanzbranche üblich, in mehreren,räumlich getrennten Rechenzentren.

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