Fazit zur Hannover Messe 2016

Industrie 4.0 – schwindelig schön

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
An fast jedem Stand drehte es sich um die Vernetzung von Maschinen. Und viele Unternehmen erwarten auch eine bessere Vernetzung mit ihren Kunden, wie Kuka demonstrierte.
Ein Kuka-Roboterarm simuliert eine Achterbahnfahrt, bei der er je zwei Personen dreht, schubst und schleudert. Besser als die Realität.
Ein Kuka-Roboterarm simuliert eine Achterbahnfahrt, bei der er je zwei Personen dreht, schubst und schleudert. Besser als die Realität.
Foto: Kuka Aktiengesellschaft

Das Beste der Industriemesse stand dieses Jahr in Halle 17: Ein Kuka-Roboterarm simuliert eine Achterbahnfahrt, bei der er je zwei Probanden dreht, schubst und schleudert. Besser als die Realität. Schwindelig schön. Der Spaß lässt sich obendrein als fachlich motiviertes Experiment in Sachen Industrie 4.0Industrie 4.0 rechtfertigen. Doch dazu später. Alles zu Industrie 4.0 auf CIO.de

Es war erneut das dominante Thema auf der Hannover Messe 2016: Industrie 4.0 - oder auch das "Industrial Internet" - schüttelt die Fertigungsindustrie mindestens so wie der Kuka-Roboter seine Probanden. Fast an jedem Stand dreht es sich um die Vernetzung von Maschinen. Reine IT-Firmen wie MicrosoftMicrosoft und SAPSAP haben ihre Stände neben unreinen IT-Firmen wie SiemensSiemens, die nebenbei auch noch Maschinen zeigen. Weitere IT-Firmen wie Infosys oder Symantec lassen die Cebit gleich links liegen und konzentrieren sich ganz auf die Industriemesse. Top-500-Firmenprofil für Siemens Alles zu Microsoft auf CIO.de Alles zu SAP auf CIO.de

Siemens will kein Konkurrent sein

PwCPwChat dabei zusammen mit dem Global Industry Club von Ex-CA-Geschäftsführerin Gabi Rittinghaus erneut eine Brücke zwischen IT und Fertigung geschlagen. Bei der gemeinsamen Veranstaltung im Forum der NordLB sangKlausKlausHelmrich, Mitglied des Managing Board von Siemens, das hohe Lied auf Industrie 4.0.Helmrich freut sich besonders, dass seine Kunden nun auch alle ihre Maschinen-Daten in der "Mind Sphere", also in der Siemens Cloud, ablegen können: "… ohne dass wir zur Konkurrenz für unsere Kunden werden". Warum muss er das eigentlich extra erwähnen? Top-500-Firmenprofil für PwC Profil von Klaus Heinrich im CIO-Netzwerk

Standardisierung kommt voran

Richard Soley, Präsident des Industrial Internet Consortium (IIC), versprüht noch bessere Laune. Die Vereinigung will Standards etablieren und hat seit der letzten Messe ihre Mitgliederzahl fast verdoppelt. 250 Unternehmen tauschen mittlerweile ihre Erfahrungen aus. Der Amerikaner Soley betont wieder und wieder, dass die Mitglieder Bosch, Fujitsu und Huawei gar keine amerikanischen Unternehmen sind: "Das Industrial Internet ignoriert Landesgrenzen." Soleys größte Sorge scheint zu sein, dass das IIC wie eine US-dominierte Normierungsinstanz wirkt, bei der letztlich Cisco wieder die Standards festlegt - ähnlich wie beim Wlan geschehen.

Kuka kooperiert jetzt auch mit Salesforce

Till Reuter, Vorstand von KukaKuka, fasst Geschichte und Zukunft des Roboterproduzenten in vier Punkten zusammen: Top-500-Firmenprofil für Kuka

  • Anfang mit Industrierobotern

  • Sensitivity and Safety

  • Mobility

  • Intelligent Machines

Reuter nennt beim Ausblick auf den letzten Punkt auch seine strategischen Partner: Infosys, Huawei und Salesforce. Salesforce? Wieso Salesforce? Warum rennt Joachim SchreinerJoachim Schreiner schon wieder durch Hannover? Der deutsche Geschäftsführer des ursprünglich auf CRM fixierten Software-Anbieters hatte doch gerade erst vor vier Wochen seinen großen Auftritt, als er der Cebit ihren alten Ruf als Partyhochburg zurückgeben wollte. Nun ist er wieder da und zeigt, wie schnell sich neue Player auf einem Markt etablieren können, wenn sie erst einmal ein funktionierendes Entwickler-Umfeld geschaffen haben. Profil von Joachim Schreiner im CIO-Netzwerk

Vernetzung und Kundenbindung

Aber vielleicht liegt es auch daran, dass unter dem Buzzword Industrie 4.0 mittlerweile alles zusammengefasst wird, was irgendwie nach Vernetzung klingt, zum Beispiel die eingangs erwähnte Achterbahn-Simulation. Der Kuka-Roboter "Robocoaster" könnte auch unvernetzt auf einer Dorfkirmes stehen und die Dinge tun, die er sowieso seit 20 Jahren tut: Schubsen, schütteln, schleudern.

Was das orangefarbene Monster tatsächlich zum Showcase für Industrie 4.0 macht, ist seine Vernetzung: Einige Vergnügungsparks leisten sich tatsächlich das Gerät und bieten ihren Besuchern an, sich zuhause eine Achterbahnroute auszudenken, die der Roboter dann nachfährt. Klingt nach Spielerei. Ist aber tatsächlich ein schönes Beispiel für Kundenbindung - eines der ganz wesentlichen Motive, mit dem Unternehmen ihre Investitionen in Industrie 4.0 rechtfertigen.

Firmen erwarten bessere Kundenbeziehungen

Reinhard Geissbauer, Berater bei PwC mit dem ebenfalls schwindelig schönen Titel "Head of EMEA Industry 4.0 Digital Operations Team" kann das anhand seiner Studie "Industry 4.0 - Building the digital enterprise" belegen. 2000 Verantwortliche aus 26 Ländern haben seine Kollegen dazu befragt. Fast 500 Milliarden Dollar Umsatzgewinne pro Jahr schlummern demzufolge im Thema Industry 4.0. Wichtiger noch als diese Zahl scheint ein weiteres Ergebnis der Studie: 72 Prozent der Befragten erwarten eine bessere Kundenbeziehung. Wer einmal mit Kuka Achterbahn gefahren ist, kann das bestätigen.

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